1. Februar 2011

7415 km fuer einen Laenderpunkt

Auf Grund der katastrophalen Internetverbindung hier ist es derzeit leider nicht moeglich, irgendwelche Bilder hochzuladen. Aus selbigen Grund habe ich gerade absolut keine Nerven mehr, den Text noch einmal durchzulesen, sodass mehr verbliebene Fehler als gewohnt zu finden sein werden. Ich hoffe, dass der Bericht trotz dessen noch halbwegs fluessig zu lesen ist. Ob und wann Bilder nachgereicht werden koennen, bleibt abzuwarten.
Wem es zu viel Text zu lesen ist, dem sei das Unterhaltungsmedium Fernsehen ans Herz gelegt. Allen anderen viel Spass beim Lesen von Woche 3.

Tag 14
Montag, 17.01.2011

Auch die Nacht am Campingplatz in Imsouane war durchaus wieder ein paar Grad zu kalt fuer angenehmes Schlummern, so dass sich nach endgueltigem erwachen um 8.30 Uhr erst einmal auf dem Autodach bequem gemacht und in der aufgehenden Sonne Waerme getankt wurde. Vom Camping aus hat man wirklich einen wunderbaren Blick auf die Bucht und in unserem Fall auf einem VW-T3-Buss direkt vor uns. Dessen besitzer, ein gemuetlicher Typ mitte 40, ueberwintert jedes Jahr in Marokko und kannte so ziemlich jede Strassenkreuzung auf der uns bevorstehenden Route. Also bestens mit Informationen versorgt ging es wieder auf die Strecke. Als ersten Stopp hatte man sich im voraus Taghazoute ausgesucht, was als wahrliches Wellenparadies in der Surferszene bekannt ist. Da die Jungs hier aber eher damit beschaeftigt waren, ihre braun gebrannten Bodys durch die Gegend zu tragen, als auf den Wellen zu reiten, ging es auch alsbald wieder weiter. Schon ein wenig komisch, wie die ganzen langhaarigen Surfertypen in enger Badeshort und nacktem Oberkoerper durch die Strassen eines Doerfchens latschen, in die einheimischen Muttis ganz nach den hiesigen gepflogenheiten komplett verschleiert durch die Gegend laufen. Diese Art Antianpassung und Ruecksichtslosigkeit von Touristen aus westlichen Laendern sollte sich der ein oder andere vielleicht einmal vor Augen halten, bevor ehr ein Buch darueber schreibt, wie unangepasst und wenig eingegliedert es doch ist, wenn eine dieser Muttis in Schland in der U-Bahn sitzt. Aber dafuer muesste man seinen Arsch ja mal vom Stuhl, respektive Thron, erheben und statt First Class Lufthansa auf die Mallediven im Urlaub authentische Erfahrungen anderwo sammeln. Da ist es dann wohl doch angenehmer, sich dem hochgestochenem Deutsch der Gebildeten und Gelehrten zu Bedienen und ueber fuenfhundert Seiten Statistiken zu erklaeren, die eigentlich keiner braucht, wenn er mit offenen Augen durchs Leben geht. Da der gute Tilo aber wohl eh nie meinen Bericht lesen wird, lassen wir das und kehren zurueck auf die Strasse.

Diese fuehrte uns weiter nach Agadir, auf dessen Umgebungsstrasse "Ait Melloul" liegt, seines Zeichens bekannt als DAS Ersatzteillager Suedmarokkos. Unser treuer "Chef" hatte ein kleines Problem in Form eines Risses in der Verteilerkapsel fuer das Kuehlwasser. Scheint ne Schwachstelle zu sein, hatte man das Ding ja erst in Deutschland austauschen lassen. Fuer 230 Dirham (zur Erinnerung 1 Euro = 10.8 Dirham) bekam man ein Neuteil inklusive Einbau und weiter gings. 120 km fuehrt die Nationalstrasse, die spaeter zur Transsaharatrasse wird, ein Stueck weit im Landesinneren bis Tiznit. Fuer uns ging es hier ab auf eine kleine Seitenstrasse zurueck an die Kueste nach Aglu Plage, um dem dortigen Kuestenstrassenabschnitt 70km in den Sueden bis Sidi Ifni zu folgen. 17.30h war dieses gemuetliche Kuestenstaedtchen und damit unser heutiges Etappenziel noch vor Anbruch der Daemmerung erreicht. Gleich zwei Campingplaetze stehen hier zur Auswahl, waehrend der am Stadteingang ganz klar den Zuschlag erhielt. Schoener Stellplatz unweit vom Strand, saubere Duschen und WCs und auch noch Verhandlungsmoeglichkeit, so dass man bei 40 Dirham fuer die Nacht durchaus zufrieden war. In die Stadt selber sind es dann auch nur zehn Minuten und der Fussmarsch lohnt sich. Sidi Ifni ist nicht nur absolut relaxt und Touris wie wir werden absolut in Ruhe gelassen (nicht einen HMF(=Hello my friend)-Typen getroffen), sondern auch noch super preiswert. Auf dem Platz vorm Fischmarkt gab es so frisch zwei gefangene Doraden fuer 25 Dirham fuer Annika, waehrend ich bei der grossen Fisch- und Meeresfruechteplatte fuer 35 Dirham nicht nein sagen koennte. Wem der gute alte Knigge aber ans Herz gewachsen ist, fuer den ist die Gegend hier wohl eher nichts, liegt das Essbesteck nicht etwa neben dem Teller sonder haengt vielmehr in Zehnfacher ausfuehrung an den eigenen Haenden. Noch mal fix ins Internet (nahezu einheitliche Preise in Marokko: 6 Dirham die Stunde), zwei schicke Sonnenbrillen fuer 60 Dirham abgestaubt, war mangels Alternativen gegen 23 Uhr auch schon Bettruhe angesagt.

Tag 15
Dienstag, 18.01.2011

Nach den ganzen Tagen auf Strecke und Campingplaetzen sollte heute mal ein Tag ohne Kilometervernichtung vergehen. Da Sidi Ifni ein relaxtes Plaetzchen zum Verweilen scheint und wir auch ein paar Organisatorische Dinge, allen voran ausgiebig Internet zwecks weiterer Planung und Berichterstattung, zu verrichten hatten, sollte der Campingplatz hier eine zweite Nacht beehrt werden. Und da es an solcherleit Tage ja nicht allzuviel zu berichten gibt, fassen wir uns kurz.

Die Naechte hier sind weiterhin recht kuehl, tagsueber klettert das Termometer dann aber auch schon mal auf 28 Grad. Der Strand ist recht nett, auf Grund der hohen Wellen aber wohl eher zum Surfen als zum Baden geeignet. Das Autodach ist ein perfekter Ort zum picknicken, auch wenn man dabei argwoehnisch von den franzoesischen Touris aus ihren Luxus-Wohnmobilen beaeugt wird. Ein viertel Haehnchen in Currymarinade mit Pommes und Salat kostet 20 Dirham. Ein Bier dagegen kann man in Sidi Ifni nicht kaufen. So, dass duerfte alles wissenswerte gewesen sein. Und nein, wir sind keine Kulturbanausen, vielmehr gibt es in diesem Staedchen, mal abgesehen vom Fischmarkt vielleicht, schlichtweg keine Sehenswuerdigkeit. Gute Nacht!

Tag 16
Mittwoch, 19.01.2011

Um 8.30h war dann Abfahrt, nicht ohne vorher noch einmal die Wasservorraete auf 35 Liter aufzustocken, sollte es heute doch endlich so richitg in die Lebensfeindlichen Gebiete der groessten Trockewueste der Welt gehen. Dafuer muss man ab hier erst einmal wieder 60km Landeinwaerts nach Guelmim. Die Kuestenstrasse am traumhaften Strand von Plage Blance entlang, soll derzeit wohl gebaut werden, bisher ist das allerdings nur unmarkierte Piste am Strand entlang. Nichts fuer unseren Mercy also. Von Guelmim aus geht es dann ab auf die beruehmtberuechtigte Transsaharastasse, die Seit ein paar Jahren bis auf die Ausnahme des 5km breiten Niemanslandes zwischen Marokko und Mauretanien, komplett geteert ist. In Guelmim trifft sich also alles, was einmal im Leben auf dieser Strasse durch die Wueste will. Bester Wirth fuer den Hello-my-friend-Virus (kurz: HMF-Virus). Auf der Suche nach dem oertlichen Supermarkt zum Zwecke der Aufstocken der Lebensmittel im Falle eines worst case irgendwo in der Wueste, durfte man also vorbei an allerhand Selbsternannter Freunde und das "How are you?", "From where you are?" und "I am Turistguid, I help you, my friend" klingelte nur so in den Ohren. Waehrend Annika sich im Wagen einschloss, um diesen durch die ihre blosse Anwesenheit gegen Langfinger und Lungerer zu verteidigen, erledigte ich im Schnelldurchgang alle Besorgungen und nichts wie raus aus dem Chaos. Nicht ohne noch auf den Sonderpreis ("special price only for you my friend") fuer ein Kilo gruenen Tee angelabert zu werden. Ja sehe ich denn so aus, als koennte ich nen Kilo Tee gebrauchen?

Kaum die Stadt hintersich gelassen, folgt mit 220 km langer, absoluter Leere das krasse Gegenstueck zum HMF-Mekka Guelmim. Wer jetzt Bilder von Sandduenen im Kopf hat, dem sei gesagt, dass der Anteil der Sandwueste in der Sahara bei lediglich 20 Prozent liegt (was immerhin noch die Groesse von 5 mal Deutschland ist). Der Rest ist groesstenteils Steppe und Stein- & Geroellwueste. So auch das genannte Stueck, bis sich aus dem unendlich erscheinenden Horizont zwei grosse, weisse Kamele aus Stein erheben. Diese gut fuenf Meter hohen Skulpturen stellen das Statttor von Tantan da, der Stadt mit dem wohl bekanntesten Stoppschild der Welt. Man muss nicht lange suchen im Internet und nicht viele Berichte ueber Reisen durch die Sahara lesen. Das genannte Stopschild steht mitten in einem Kreisverkehr (also nicht bei dessen Einfahrt, sondern im Kreis selbst) und dient wohl einzig der dahinter wartenden Polizei zur Aufbesserung des Gehalts. Also brav den Wagen zum Stehen gebracht, einmal nett zu den Beamten ruebergewunken und weiter konnte es gehen ohne ueber eine Minimierung der eigenen Devisen beklagen zu muessen.

Kaum aus der Stadt raus, geht es dahinter wieder so weiter wie vorher. Auf den folgenden 260 km Nichts werden aus Streucher Grasbueschel und irgendwann werden diese von immer groesser werdenden Wanderduehnen verschluckt. Diese Wanderduehnen sind der groesste Feind der Transsaharastrecke, werden diese vom Wind stetig wieder abgetragen und formieren sich wo anders neu und da Naturgewalten selten auf Strassenfuehrungen achten, wird die Strasse dann schon einmal von einer solchen verschluckt. Mit Bulldozern, die hier dann fungieren wie bei uns zu Hause der Schneeraeumer bei Schneewehen, wird unermuedlich am Erhalt der Fahrbarkeit gearbeitet. Doch das Glueck war auf unserer Seite. Ein Sandsturm, wie er in dieser Jahreszeit durchaus ueblich ist, blieb uns ersparrt. So blieb uns auch der atemberaubende Ausblick auf die mitten im Wuestensand liegende Meereszunge "Foum Agoutir" hinter der Wuestensiedlung Sidi Akhfennir nicht vermehrt. Im seichten Gewaesser darf man dort dann freilebende Flamingos bestaunen, die im uebrigen genauso wie ihre Artgenossen im Hagenbecks Tierpark auf einem Bein durch die Gegend stehen und mit Nichtstun glaenzen.

Wer uebrigens denkt, in der Wuese sei er vollkommend alleine und einsam, der irrt. Immer wieder faehrt man an Wohnwagensiedlungen vorbei, deren Nummernschilder zu 90% eine Herkunft aus Frankreich verraten. Der Franzmann ansich faehrt halt nur da hin in den Urlaub, wo er seinen Kaudrawelsch sprechen kann. Jedem das seine...

50 km noerdlich von Tarfaya, der letzten Stadt vor der innoffiziellen Grenze zum Gebiet der Westsahara, erreicht die Transsahara wieder die Kueste und einsame Straende laden zum verweilen ein. Teils wirklich grossartige Bilder die man dort sehen kann. Fuer den wahren Eindruck muss man einfach einmal vor Ort gewesen sein. Keine Beschreibung und kein Foto kann diese unendliche Weite und das unwirklich erscheinende Zusammenspiel von Wasser und Wueste vermitteln. Das Tagesziel Tarfaya war dann um 16 Uhr erreicht und nach kurzer Orientierung erhielt das Hotel "Casamar" nahe der Einfahrt zum Hafengelaende den Zuschlag. Nach vier Naechten im Auto durfte es heute mal wieder eine weiche Matraze sein und bei 110 Dirham fuer ein sauberes Doppelzimmer mit Warmwasserdusche und Sitzklo auf dem Gang kann man ja nicht meckern. Wie wir spaeter rausfanden, gibt es hier wohl schon Uebernachtungsmoelgichkeiten ab 60 Dirham, 5 Euro die Nacht pro Person sind aber wohl auch zu verkraften.

Im oertlichen Internetcafe war die Leitung zwar nicht stabil genung fuer den Livestream von Radio F, via Kicker-Ticker konnte dennoch der 2:0-Erfolg des Ruhmreichen in Offenbach verfolgt werden. Wieder zurueck am Hotel traf man auf Habib, seines Zeichens einziger Reporter in der Wuestenstadt und Sohn des Polizeichefs - wie praktisch! Dieser wollte dann ausnahmsweise mal nichts verkaufen, sondern zeigte aus reiner Gastfreundlichkeit den Gehemtipp fuer ein spaetes Abendessen. zwei Portionen a zwei Doraden, Salat, zwei Cola und weil es so lecker war noch eine Portion Sardinen zum Nachtisch fuer 58 Dirham. Da darf dann wohl mal von einem echten Schnapper gesprochen werden. Der Einladung zum Tee in der Bar nebenan wurden solange Folge geleiset, bis man auf Grund von Herzrassens (echt n hartes Gebraeu was die Jungs hier aufsetzen, da haelt kein Espresso mit!) abbrach. Trotz allem fiel es nicht sonderlich schwer, sich bereits um 22 Uhr in der Horrizontal wiederzufinden.

Tag 17
Donnerstag, 20.01.2011

Frueh genug war man so wieder auf den Beinen und einer Abfahrt um acht Uhr stand nichts im Wege. Nunja, mal abgesehen vom Nachtwaechter, der fuer das Parken vorm Hotel urploetzlich zehn Dirham vorderte. Zum einen hasse ich es, wenn Geldvorderungen erst im nachhinein gestellt werden, ohne vorher darueber zu informieren, zum anderen ist frueh morgens auch der strategisch unguenstigste Moment, mir auf die Nerven zu gehen. Wieder auf der Transsahara erreichte man alsbald das Terretorium der Westsahara, fruehere Spanische Kolonie und mittlerweile unter der Besetzung der Marokkaner. Die Bewegung der Polisario, die fuer ein unabhaengiges und von den Saharauis selbst regiertes Land einstehen, sind mittlerweile ueber die Grenzen hinaus nach Mali gedraengt worden, wo ein ueber zweitausend Kilometer langer, vermienter Wall, geschuetzt von Millitaeranlagen in jeweiliger Sichtweite zueinander, diese von der Rueckkehr nach Westsahara abhaelt. Ein perfekter Naehrboden fuer Extremisten wie Al Qaida, die hier in Form der Al Qaida im Maghreb auesserst aktiv ist. In der Westsahara selbst haben diese aber kaum Spielraum, ist das Gebiet wie oben beschrieben ja nahezu abgeschirmt und Polizeicheckpoints an jeder Milchkanne obligatorisch. Wer hier in Westsahara das Sagen hat, zeigte Marokko der Welt kurz vor Weihnachten letzten Jahres, als ein Zeltlager von 20.000 Aktivisten vor den Toren der innofiziellen Hauptstadt Laayoune vom marokkanischen Millitaer dem Erdboden gleich gemacht wurde. Einen Monat spaeter ist wieder das ganz normale Leben eingekehrt in Laayoune und die restliche Westsahara lebst sowieso friedlich vor sich hin, gibt ja schliesslich kaum nennenswerte weitere Staedte in der Oedniss der Wueste. Die zahllosen Polizeicheckpoints moegen auf dem ersten Blick ja nervig erscheinen, waren aber ausnahmslos freundlich und unkompliziert und dienen letzten Endes ja auch der Reisesicherheit. Nichts desto trotz schreibt das Auswaertigen Amt in seiner Reisewarnung ueber die Westsahara so, als waere das gebiet ein von zahlreichen Warlords anarchistisches Gebiet ohne jedliche Ueberlebenschance. Ist da jemanden eventuell die diplomatische Hilfe aus dem fernen Rabat zu aufwendig?

Wir begegneten ein offensichtlich friedliches Land mit freundlichen Menschen wie Polizisten, wenn gleich die Tatsache, dass jeder Dritte in Laayoune in Millitaeruniform herumlaeuft, sicherlich irritierend erscheint. Die Besichtigung des Stadions von Jeunesse Sportiv d'El Massira, dem einzigen Verein aus Westsahara und damit dem suedlichst gelegenen Stadions der Marokkanischen Liga, stand nichts im Wege. 150km weiter suedlich quer durch die Wueste erreichten wir Bojdour und damit der wohl geilsten Polizeikontrolle meines Lebens. Auf meinen bisherigen Reisen bin ich unzaehlige Male kontrolliert worden, mit einem plus aus der Sache rausgegangen war ich bisher noch nicht. Dem Oberpolizeimeister am Kontrollhaeuschen scheint wohl langweilig zu sein, so dass er fuer ordentlich Entertaiment sorgt, waehrend sein Gehilfe alle Daten in ein dickes Buch eintraegt, das ja sowieso nie wieder jemand lesen wird. Nebst vier Glaeschen Tee gab es fuer Annika einen Ring, wenn auch Marke Kaugummiautomat, und fuer mich nen Apfel fuer die gute Weiterreise. Wie geil ist das denn bitteschoen?

Die weiteren 300 Wuestenkilometer bis Dakhla, der letzten Stadt vor der Grenze nach Mauretanien, sind gesaeumt von weiteren Polizeicheckpoints, meist reichte ein Blick in den Passport, zwei mal wurden auch die Fahrzeugpapiere kontroliert, einmal war ein laengerer Stop fuer ein weiteres dickes Buch noetig. Um 16.30 Uhr war dann das Etappenziel erreicht. Dakhla liegt auf einer Landzunge und somit umgeben von den unendlichen Weiten des Meeres auf der einen Seite und den nicht kleiner erscheinenden Weiten der Wueste. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese einsam gelegene Siedlung aus ein paar Beduinenzelte besteht. Ist man erst einmal in der Stadt, vergisst man schnell, dass man eigentlich mitten in der Wueste ist. Die Springbrunnen an den Kreisverkehren sind natuerlich ein dekadenter Ausdruck der Stadt, wie hier der Wueste getrotzt wird. Bis 2008 war Dakhla noch der grosse Anlaufpunkt aller Afrikareisender, war bis dahin die Weiterfahrt bis Nouadhibou in Mauretanien nur in einem Millitaerkonvoi moeglich, der hier zusammengestellt wurde. Diese Notwendigkeit ist mit der verbesserten Sicherheitslage im Grenzgebiet allerdings nicht laenger vorhanden, sodass man theoretisch weder Dakhla noch Nouadhibou anfahren muss. Die Alternative Uebernachtungsmoeglichkeit irgendwo in der Pampa erschien uns dann aber doch nicht als so sicher, so dass hier nach einer Uebernachtungsmoeglichkeit gesucht wurde. Das "Stadtzentrum" ist gesaeumt von guenstigen Unterkuenften, die noch aus den Zeiten vor 2008 herruehren, mittlerweile aber weniger bis kaum mehr genutzt werden und dementsprechend heruntergekommen sind. Der Lonely Planet Tipp "Auberge Sahara" ist der allerletzte Rotz. Letzten Endes schlugen wir unsere Zelte im ein paar Kilometer vor den Stadttoren gelegenen Campingplatz auf, der hier von einem schwer Bekifften Typen in unnachahmlichen Hippie-Style gefuehrt wird. Da der Magen knurrte, ging es dann doch noch einmal zurueck in die "City", wo das 10-Dirham-Sandwich aufgrund verwendeter Innereien als Fuellung nicht ueberzeugen konnte. Eine Strasse wieter wurde man fuer sechs Dirham pro Spiess Kamelfleisch aber gluecklich. Schmeckt echt nicht schlecht, das Tier!

Im Internetcafe wurden noch fix ein paar CS-Anfragen fuer Nouakchott verschickt und zurueck ging es auf unser neues Kleinod, wo die Ursache von ein paar total vollgesoffenen Franzmaennern gesucht und gefunden wurde. Der Kollege Campingplatzbesitzer hatte einen beachtlichen Vorrat Bier fuer den Schwarzmarkt gebunkert. Morgen sollte es ja nach Mauretanien gehen, wo Alkohol in jeglicher Form komplett verboten ist, sei es Verkauf, Besitz oder Konsum. Grund genug, fuer ein letztes Bierchen 40 Dirham zu opfern und dafuer eine 0.5l-Dose Graefenwalder Starkbier zu bekommen, die nebst 22 Grad Temperatur auch 7,9 Umdrehungen zu bieten hatte. Da langt dann auch eine Dose...

Tag 18
Freitag, 21.01.2011

Laut nicht bestaetigter Informationen, sollte der marokkansiche Grenzposten zwischen 12 und 15 Uhr geschlossen sein, also war frueher Aufbruch angesagt. 6.30 Uhr klingelte also der Wecker und als es eine Stunde spaeter los gehen sollte, war weit und breit noch kein Angestellter des Campingplatzes zu sehen. Gezahlt hatte man bisher weder die 70 vereinbarten Dirham fuer die Uebernachtung, noch die 40 Dirham fuer das letzte Dosenbier fuer die naechste Zeit. Ganz ohne Abhauen wollte dann selbst ich Sparrfuchs nicht, waren die Kameraden hier ja ganz nett, da aber keiner zum Verhandeln da war, verhandelte ich mit mir selbst den Preis, steckte drei Zwanziger an die Tuer und ab dafuer. 350km geradeaus durch absolute Monotonie sind es bis zum mitten im Nirgendwo gelegenem Grenzposten. Vorher noch einmal von der Steuerfreiheit in Westsahara profietiert und alle Kapazitaeten vollgetankt. Bei 0,63 Euro fuer den Liter Super ja auch durchaus sinnvoll. Zu empfehlen ist ein Tanken in der Tankstelle 50km vor der Grenze. Zwar gibt es direkt am Grenzposten noch einmal eine Tankstelle, dass Tankstellen aber durchaus mal auf dem trockenen liegen, ist hier zu Gegend aber nicht selten.

Die Grenze war um kurz vor Zwoelf erreicht, wurde aber auch waehrend der Mittagsstunden nicht geschlossen. Die letzten Dirham in Zigaretten und Suesskram getauscht, konnte der Tanz beginnen. Vorhang auf fuer die Ausreise Marokko, Einreise Mauretanien. Die knapp fuenfstuendige Grenzprozedur in kurzer Zusammenfassung: Am ersten Schlagbaum reingewunken, war bei Kontrolle zwei (Ausreisestempel am Fenster holen) auch schon wieder Schluss, da ein roter Zettel fehlte, der bei Kontrolle eins erhaeltlich ist. Also zurueck gedackelt, haetten die Kammeraden hier gerne Geld oder Geschenke gesehen fuer die Aushaendigung des Zettels. Bei naechsten mal vielleicht, Freunde, wenn ich das Ding gleich bekomme und mir den Weg sparre. Mit Zettel dann Stempel an Kontrolle 2, weiter zu Nummer 3 ins Zollbuero zwecks Austragung des Autos aus Computer und Pass. Gruener Zettel von Einreise fuer die, der Weise mit Stempel von denen fuer mich. Stopp Nummer 3 und Nummer 4 guckte, ob man bis dahin alles richtig gemacht hatte, Nummer 5 traegt dann den ganzen Rotz handschriftlich in ein Buch und da der Schreiberling dabei gleichzeitig mit Zigarette rauchen und Tee trinken beschaeftigt ist, darf der noch auf Winter eignestellte Koerper einen bitteren Kampf mit der unerbitterlich vom Himmel brennenden Mittagssonne der Sahara fuehren. Kontrolle Nummer 6 schaut dann auch nochmal, ob alles passt und man wird entlassen in das ca. 5km breite Niemansland und da es niemanden gehoert, fuehlt sich auch niemand dafuer zustaendig. Soll heissen, hier gibt es keine Strassen, keine Markierungen dafuer ueberall Mienen. Leider sieht man von hier aus auch nicht den Grenzposten Mauretaniens, so dass man sich den Weg anhand der Reifenspurren zu suchen. Schliesslich kann man davon ausgehen, dass ueberall dort keine Miene ist, wo schon mal ein Wagen druebergerollt war. Die Theorie war dann mal wieder einfacher als die Praxis, fuehrten Wagenspuren in die verschiedensten Richtungen und gabelten sich staendig. Das war eindeutig eine zu heisse Nummer, also wurde ein wenig rumgestanden, bis ein LKW an einem vorbeidonnerte. Diesem also hinterher, der muss es ja wissen wie der Hase laueft. Wusste er auch und so kam man in der Schlange zum naechsten Grenzposten in einem Stueck an.

Im Niemandsland schon mal Geld gewechselt zu 1 Euro = 360 UM, besserer Kurs als in den Wechselstuben, die nur 330 UM geben. Dafuer muss man sein Geld gut verstecken, da die Einfuehrung von UM nach Mauretanien verboten ist. Alles fertig also fuer den zweiten Akt. Nachdem man ungefaehr siebzehn mal angewiesen wurde. den Wagen um jeweils 10 - 30 cm zu versetzen, wurde endlich einlass gewaehrt und die Einreiseprozedur durfte beginnen. Schon witzig wenn man bedenkt, wie in Deutschen Aemtern alles genaustens beschrieben, mit Pfeilen und Nummern versehen und dann fuer alle analphabethen auch noch alles unterschiedlich farblich markiert ist, waehrend man hier eine beliebeige Anhauefung von Huettchen und Haeuschen vorfindet und man erst erraten oder erfragen muss, was hinter der Tuer liegt und ob man da auch noch hinmuss. Da stellt sich ernsthaft mal die Frage, welche Volksgruppe doefer ist. Kurz vorm Jahreswechsel auf der KFZ-Zulassungsstelle sass neben mir eine Familie Marke drei Kinder, Hund, Baum, Eigenheim und Papa war am schimpfen wie ein Rohrspatz, weil er erst nach einer halen Stunde merkte, dass er mit der Wartenummer fuer den rote Bereich im Warteraum fuer den gelben Bereich sass. Da waren dann natuerlich alle anderen Schuld, was ja auch verstaendlich ist, wer gibt denn schon gerne zu, dass er selbst fuer die richtige Zuordnung von Farben zu bloed ist. Zu mindest in organisatorischen Dingen scheint der Afrikaner hier die Oberhand zu haben, laueft trotz fehlender Ausschilderung alles ganz relaxt ab. Und so wirds gemacht (in Klammern die "Kosten", die in den meisten Faellen von Geldvorderungen auf kleine Geschenke umgewandelt werden konnten.): Tuer 1 ist gleich n Volltreffer, gibt es hier das Formular fuer den Einreisestempel nach Eintragung in ein Buch (2 Kugelschreiber), wieder draussen machte sich auch schon jemand vom Zoll ans Autodurchsuchen (Fuer Beschleunigung des Vorgangs: eine halbe Packung Magnesiumtabletten); Haus 2 Tuer 1 war falsch, da man keinen LKW dabei hatte, auf Tuer 2 verwiesen wo zu Tuer 3 begleitet wurde um das Auto einzutragenl; zurueck zu Tuer zwei zwecks Ausfuellen einer Ehrenerklaerung, dass man nicht vor hat, das Auto zu verkaufen (offizielle Gebuehr mit Quittung: 10 Euro + innofiziell ohne Quittung: 1 Kugelschreiber); Haus 3 Tuer eins = Klo, Tuer 2 = Einreisestempel mit dem Formular von Haus 1 Tuer 1 (umsonst), dann Kontrolle am Schlagbaum bevor Haus 4 Tuer 2 der Ort ist, wo es die KFZ-Versicherung gibt, die zwar mit ziemlicher Sicherheit nie irgendetwas bezahlen wuerde, aber schlichtweg von noeten ist, um das Auto in Mauretanien bewegen zu duerfen (3.000UM fuer 10 Tage). Das wars dann auch schon. Kann sich noch irgendjemand an Asterix erobert Rom erinnern, die Szene, wo die zwei beruehmtesten Gallier der Welt einen Antrag auf ein Antragsformular besorgen muessen - live ist das mindestens genauso geil - hehe...

Da die fuenfstuendige Grenzueberquerung aus etwa viereinhalb Stunden Warten bestand, geht es nahezu familier zu, ja, da lernt man allerhand Leute kennen. So auch Siggi, der einen auf die Hamburger Kennzeichen ansprach und wenig spaeter temporaerer Mitfahrer bei uns sein sollte. Siggi beschaeftigt sich sei nunmehr 20 Jahren mit Reisen quer durch Afrika und hatte daher ein unschaetzbares Wissen zu bieten. Und da dieser derzeit als Anhalter unterwegs mit ein paar Luxemburger ist, diese ihm aber zu schnell durch die Gegend heizen, konnte der Deal "Profitieren von seiner Erfahrung im Austausch zu Mitfahrgelegenheit" klar gemacht werden.

Auf Grund der Aktivitaeten von Al Qaida im Maghreb hier in Mauretanien warnt das Auswaertige Amt derzeit vor "nicht unbedingt notwendigen Reisen" dorthin. Darf man das so verstehen, dass unbedingt notwendige Reisen also sicherer sind? Wie auch immer, auch am AA wird nur mit Wasser gekocht. Nachtfahrten sollte man dann aber wohl doch besser vermeiden, man muss es ja nicht darauf ankommen lassen. Also ging es zwecks Nachtlager nur noch bis auf einer weiteren Halbinsel gelegenen Nouadhibou. Das einzige was es hier zu sehen gibt ist dann wohl der Eisenerzzug, der nach 24 Stuendiger Fahrt einmal pro Tag aus dem Landesinneren kommt, um das abgebaute Erz zum Hafen zu bringen. Dieser Zug wird von gleich drei Loks gezogen und ist mit einer Laenge von bis zu vier Kilometern (!) der laengste Zug der Welt. Manchmal braucht es eben auch ein bisschen Glueck, so wurde eben dieser Zug auf der Strecke nach Nouadhibou ueberholt, um wenig spaeter einen Stopp an den Bahngleisen zu machen. Schon beeindruckend, wenn der ganze Boden am beben ist, wenn dieses Ungetuem an einem vorbeizuckelt. Wer uebrigens mal vorhat, ins Landesinnere von Mali zu reisen, der kann das hier auf einem der Gueterwagoons sozusagen als blinder Passagier und ganz um sonst.

In Nouadhibou gibt es einen kleinen Campingplatz, der gut gesichert mitten in der Stadt Platz fuer ungefaehr fuenf Autos bietet. Fuer 2000 UM pro Person kann hier somit sicher genaechtigt werden. Der restliche Abend wurde mit gemeinsamen Kartenstudium verbracht und allerhand interessante Informationen von Siggi aufgesogen, bevor es gegen halb elf fuer uns zwei ins Auto und fuer unseren Passagier ins Zelt ging, schliesslich sollte es morgen wieder frueh rausgehen.

Tag 19
Samstag, 22.01.2011

Wer durch Mauretanien faehrt, der sollte einen uepigen Vorrat an Fiches (spricht man "Fische") dabei haben. Das sind im Internet besorgbare Vordrucke, auf denen man saemtliche relevante Daten aus Pass und Fahrzeugpapiere eintraegt. Diese gibt man dann einfach an den unzaehligen Polizei-Checkpoints entlang der Strecke ab, was ungemein Zeit ersparrt. Um das ganze noch ein wenig zu beschleunigen, ist es nicht verkehrt, ein kleines "Geschenk" dabei zu haben um das Wohlwollen der Beamten zu geniesen. So wurde nach Abfahrt um 6.30h auch gleich mal an der naechsten Baeckerei halt gemacht und zwei Dutzend Baquetts gekauft, die von den Polizisten an den Checkpoints mitten im Nirgendwo gerne entgegen genommen werden. Auch wenn die staendigen Stopps nervig erscheinen, so dienen sie letzten Endes doch der Sicherheit der Reisenden. So kann anhand der Eintragungen an den Checkpoints im Falle eines Falles (sprich z.B. einer Entfuehrung) ziemlich schnell ein Bewegungsprofil erstellt und somit herausgefunden werden, an welchem Punkt sich die Spur verliert. Trotz der gegenwaertigen Gefahren sollte man nicht ausser acht lassen, das saemtliche Entfuerhungen in dieser Gegenden aus Fehlern von ein paar Unverbesserlichen resultierten, die sich zu sehr in Sicherheit waehnten. Als Beispiel der Entfuerhung zweier Franzosen im vergangenen Jahr: Diese waren als "Missionare" fuer die katholische Kirche unterwegs, was in einem streng Muslimischen Land ja schon mal eine Sache fuer sich ist. Wenn man dann seinen Camper auch noch irgendwo im Nirgendwo zwischen den zwei einzigen Staedten Nouadhibou und Nouakchott aufstellt, draussen den Satelittenschuesse aufstellt um sich bei eingeschmugeltem Bier und Wein halb besoffen die Sportschau reinzuziehen, dann braucht man sich meiner Meinung nach nicht gross wundern, wenn was passiert. Soweit man die 465 km zwischen den zwei Staedten allerdings nur als Transit, tagsueber und ohne lange Stopps durchfaehrt, ist man aber absolut sicher. Selbst wenn Al Qaida so gute Augen hat, um die Insassen eines mit 120km/h vorbeidonnernden Gefaehrts als potentiell interessante Entfuehrungsopfer einstufen zu koennen, so schnell koennen auch die sich nicht orgnisieren umd einen zum stoppen zu bringen, noch dazu irgendwo ausserhalb der Sichtweite von Polizisten und Checkpoints die ja allgegenwertig entlang der Strasse aufpassen und versuchen, den fuer das Land durchaus wichtigen Transit-Tourismus zu sichern.

Da der Mercedes hielt, was er verspricht, war nichts von dem Zeitpuffer noetig, den man sich zu zusaetzlichen Sicherheit aufgebaut hatte und zur besten Mittagszeit war man in der 1 Millionen Einwohnerstarken Hauptstadt Mauretaniens angekommen. Am noerdlichen Ende der Stadt fand man mit der Auberge Sahara (irgendwie heisst jeder zweite Schuppen auf der Reise so, faellt mir gerade auf) einen sicheren Stellplatz fuer den Chef und eine dem Zweck erfuellende Schlafgelegenheit im 2-Mann-Beduinenzelt auf dem Dach der Herberge fuer zusammen 3.600 UM. Wer es ein wenig konfortabler haben moechte, kann sich fuer 8.000 UM hier auch ein Doppelzimmer rauslassen. Wenn man ohne eigenem Fahrzeug hier ist und etwas mehr im Zentrum wohnen moechte, fuer den sei noch die Auberge Pinar erwaehnt. Pro Person werden hier im Gruppenschlafzelt 2.000 UM berechnet.

Alles gerichtet also, um die Tagesaufgabe anzugehen, die da den ersten Laenderpunkt auf der Reise versprach. Fuer Ligafussball in einem Land, das auf der FIFA-Weltrangliste Platz 176 einnimmt, interessiert sich freilich so gut wie keiner. Der erste Weg fuehrte ins Stade Olimpique, dem Nationalstadion des Landes. Die Hoffnung, hier wuerde heute gekickt werden, wurde vom Sicherheitsmockel am Stadion aber jaeh zu nichte gemacht, verwies dieser lediglich auf das Championsleaguespiel am 29.1.. Also versuchten wir uns in der Auberge schlau zu machen, mit weniger Erfolg, gab es lediglich eine Wegbeschreibung zu einem Platz, wo Zitat: "Leute Fussball spielen.". Nun ja, nicht die beste Information, aber vielleicht weis man dort mehr. Eine knappe Stunde Fussmarsch durch die unerbittliche Wuestensonne spaeter, schickte man uns dort wieder zurueck zum Stade Olimpique, wo heute entweder um drei, vier oder fuenf Uhr gespielt werden soll. Argh, was ein Land. Diesmal nen knappen Euro fuer den Taxilaenderpunkt investiert, sah mit unserem erneuten Eintreffen am Stadion ploetzlich doch alles nach einem baldigen Fussballspiel aus und siehe da, um 15 Uhr war dann Anpfiff in Mauretaniens neuer Semiprofessionellen Liga:

Samstag, 22. Januar 2011 - 15.00h
FC Police - FC Nouadhibou 0:1 (0:0)
1. Liga Mauretanien - 250 Zs.
Stade Olympique, Nouakchott (XXX), LP 66

Am 24.12.2010 startete man im Mauretanien mit einer neuen Fussballliga, die ab sofort vorsieht, semiprofessionell gefuehrt zu werden. Das bedeutet, dass jede Teilnehmende Mannschaft mindestens neun Spieler mit festen Gehalt verpflichtet. Immerhin neun Mannschaften fanden sich, die diese Auflage erfuellen konnten. Zwei Mannschaften kommen aus Doerfern im Landesinneren, zwei Mannschaften aus der im Norden gelegenen Stadt Nouadhibou und fuenf aus der Hauptstadt selbst. Diese tragen allesamt ihre Spiele im einzigen Fussballstadion der Stadt, im Nationalstadion "Stade Olympique" aus. Nicht nur auf Grund der dadurch hohen Belastung, sondern wohl vor allem auf Grund der Wuestenbedinungen spielt man hier auf Kunstrasen. Mich wuerden ja mal die Platzbedinungen interessieren, bevor die FIFA vor ein paar Jahren den Kunstrasen als offiziell akzeptierten Belag fuer FIFA-Spiele genehmigte. Das von den Chinesen (wer sonst) erbaute Leichtathletikstadion verfuegt ueber eine ueberdachte und eine unueberdachte Tribuene auf den beiden Laengsseiten, die Kurven sind nicht weiter ausgebaut, mal von der wuchtigen Anzeigentafel abgesehen, die zu unserer Ueberraschung heute sogar in Betrieb war. Nach Sitzschalen sucht man hier vergebens, fuer den Allerwertesten sind hier lediglich die mit Nummern markierten Betonstufen vorgesehen. Fuer Abendspiele stehen vier Flutchlichtmasten zur Verfuegung.
Das Spiel selbst war ueberraschend ansehnlich, wenn auch leider die Tore fehlten. Erst in der Nachspielzeit gelang den Gaesten das entscheidende Tor, was mit Szenenapplaus im ganzen Stadion bedacht wurde. Sonst war nicht viel los im Olympiastadion (fuer welche Olympiade auch immer vorgesehen...), 250 Besucher verloren sich auf den Raengen, fuer Stimmung sorgte lediglich ein perfektes Double von Eddy Murphy, wenns nicht gar er selbst war...

Fuer die Weiterreise Stand ja noch das Problem Senegal im Weg, welches in der Einleitung dieser Geschichte ja bereits erklaert wurde. Eine Einreise ist ohne ein Carnet Passage, ein so genanntes Zolldokument ueber das wir aus mehereren Gruenden (Kosten von ueber 300 Euro, Kaution von 1500 Euro und Probleme beim Verkauf des Wagens) nicht verfuegen, nicht mehr moeglich, so der Tenor aller Reisenden in den einschlaegigen Internetforen. Einzige eventuelle Moeglichkeit an der Problematik vorbei zu kommen, ist ein Zollkonvoi, der einen bis zur naechsten Grenze begleitet, als Transit so zu sagen. Die Kosten fuer einen solchen variieren stark, die besten Preise, die man von Reisenden im Internet lass, lagen bei 150 Euro, reichten bei einigen Berichten aber bis zu unglaublichen 580 Euro. Um beim Aufkreuzen an der Mauretanisch-Senegalesichen Grenze die Ausgangschancen zu optimieren, hatten wir uns darauf eingerichtet, eine Weile in Nouakchott zu bleiben und auf eine Wuestenralley oder aehnliches zu warten, die im Verbund meherer Fahrzeuge unterwegs sind. So koennte man sich eventuell einen solchen Zollkonvoi und somit die Kosten fuer diesen Teilen. Ob und in wie weit das denn moeglich ist, stand aber in den Sternen. Immerhin stand das Glueck auf unserer Seite, als wir eine ganze Horde Englaender mit heruntergekommenen Karren in unsere Auberge einbogen sahen, gerade als wir vom Stadion kamen. Wellcome to Nouakchott, liebe "Ralley Plymouth - Banjul" - Teilnehmer. Das klang vielversprechend! Also mal mit einem der Jungs gesprochen, wurde man alsgleich auf einen Steve verwiesen, der unweit von hier in einem Hotel naechtigt und der Chef der ganzen Nummer war. Dort also alsgleich aufgekreuzt hatte dieser auch absolut garnichts einzuwenden, bei der Anfrage, ob man sich fuer diesen Streckenabschnitt mit an den Konvoi anhaengen konnte. Abfahrt morgen 07.30h. Das war unsere chance. Wir werden puenktlich sein!


Tag 20
Sonntag, 23.01.2011

Und wieder hiess es frueh aufstehen. Um 6.30h hohlte uns der Wecker aus dem Bett um wenig spaeter festzustellen, dass man sich haette Zeit lassen koennen. Bis der ganze Convoi zusammengestellt war und auch der letzte Tommy seinen Tankdeckel gefunden und vollgetankt hatte, war es mittlerweile 9.30h. 250km ging es auf guter Teerstrasse weiter durch die Wueste, die hier nun merklich an Intensitaet nachliess und die Vegetation allmaehlich zurueckkehrte. An einer nicht weiter markierten oder ausgeschilderten Kreuzung ging es dann auf die Piste Richtung Diama, die man ohne den Guide, den sich die Tommys vor uns genommen hatten, mit Sicherheit nicht als die unsere Strasse erkannt haetten. Allgemein gibt es zwei Moeglichkeiten von Mauretanien in den Senegal einzureisen. Die Hauptstrasse fuehrt einen bis Rosso, wo der Senegalfluss und damit die Grenze per Faehre ueberquert wird. Dieser Grenzuebergang ist unter den Afrikafahrern gefuerchtet und als einer der wohl schlimmsten Grenzuebergaenge der Welt bekannt. Die Abfertigung nimmt einen vollen Tag und ein mehrfaches an Nerven in Anspruch, als ein Mensch besitzt. Ueberall Gewussel und Geschrei, jeder will irgendetwas, jeder gibt sich als sonstwer aus, grapscht nach deinen Papieren um sie nur mit Geld wieder zurueckzubekommen und so weiter und so fort. Die Horrorgeschichten ueber Rosso, die man im Internet findet, sind ein Abend fuellendes Programm. Die Alternative heisst "der Damm von Diama", und was da nach einem praechtigen Titel fuer einen Roman klingt, ist hier der Staudamm nahe der Flussmuendung des Senegals in den Atlantik. Hier geht es ein ganzes Stueck gesitteter zu, wenngleich das nicht heisst, der Grenzuebergang waere als einfach zu betiteln.

Um zum Damm zu kommen, sind erst einmal 110km Piste zu meistern, die allerdings erst vor einiger Zeit neu geschoben wurde und so bis auf zwei tiefere Sandloechern keinen der Fahrzeuge Probleme bereitete. Das meistern von tiefen, Loechern, die so gross sind, dass ein ganzes Auto hineinpasst, die mit weichem Wuestensand voll sind, erfordert das Abschalten der Normalmenschlichen Verhaltensweise. So verlangt es Geist und Koerper, sich der schwierigen Stelle langsam zu naehern, wer allerdings da langsam reinfaehrt, der hat verloren. Anstelle dessen heisst es Anlauf nehmen, mit vollem Karracho reinbrasseln und unter Inanspruchnahme saemtlicher Stabilitaet der Stossdaempfer und der ganzen Karosserie dort nur kurz und dadurch nicht tief einzusacken und auf der anderen Seite wieder rauszuspringen. Wenn mans erst mal drauf hat und man sein Vertrauen in sein Auto um ein vielfaches gesteigert hat, macht es aber auch einfach nur einen riesen Spass!

Diesen Spass sollte man sich auch goennen, ist an der nun folgenden Grenze wenig lustiges dabei. Schon ein paar Kilometer vor der Grenze heisst es Stop, weil eine Polizeisperre Wegezoll verlangt. Gerechtfertigt wird das mit einem ausgeblichenem Schild mit irgend einer Nationalpark-Aufschrift. Gerechtfertigt wird das von den Bullen als Eintritt und da die Bestechlichen Arschloecher natuerlich nicht ganz so doof sind, haben diese kapiert, dass der Durchschnittsreisende irgendetwas fuer sein Geld haben will. Sich nen Quittungsblock kaufen ohne dass da irgend ein Vordruck von wegen Nationalpark oder Republik Mauretanien draufsteht, reichte bei den Tommys vor mir aus, um denen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und waehrend diese teilweise 30 Euro pro Person zahlten ohne gross nachzufragen ging uns allmaehlich das Licht auf, dass wir es hier nicht gross mit Reisenden mit Erfahrung zu tun haben, sondern viel mehr mit irgendwelchen Deppen, die halt mal so eine gut behuetete Ralley machen um zu Hause von der "Bezwingung Afrikas" fasseln zu koennen. Wenn man das einmal in seinem Leben macht, dann sitzt das Geld natuerlich locker, anders als bei unsereins, der fuer solchen Spass weder das noetige Geld noch die Lust hat, sich verarschen zu lassen. Da das Mister "Ich schreib dir ne Quittung fuer nichts" auch irgendwann kapieren musste, weil wir uns schlichtweg weigerten zu zahlen, ging der alsbald mit seiner Vorderung zu erst auf 10 Euro pro Person, letzten Endes dann sogar auf 5 Euro fuer das ganze Auto. Das rief jetzt natuerlich die Tommys vor uns auf den Plan, die das Spitz gekriegt hatten. Klarer Fall von selber Schuld. Das nun entstandene Durcheinander ging dann auf unsere Kosten, hatten die Bullen ihr Monatsgehalt ja schon mit den bereits abgezogenen Tommys verdoppelt und keinen grossen Bock auf das entstehende Gelabber, also durfte es weiter gehen, ohne dass wir ueberhaupt irgendetwas zahlten.

Eigentlich muesste man meinen, aus der Aktion von eben wuerden unsere Convoikammeraden lernen, doch auch da hatten wir den vorhandenen Grips wieder masslos ueberschaetzt. So gingen die 3000 UM fuer die Ausfuhr beim Zoll ja noch in Ordnung und wurden auch ordentlich quittiert, die 3000 UM, die die Bullen im Buero neben an gerne gehabt haetten, waren dafuer vollkommender Quatsch. Warum ich fuer einen Ausreisestempel zahlen soll wenn sie mich doch so oder so irgendwann ausreisen lassen muessen, weil ja schliesslich mein Visum irgendwann auslaeuft, wurde mit der einfachen Worten "weil heute Sonntag ist" beantwortet. Der Fall war klar, also gesagt, dass man kein Interesse am Zahlen hatte und da man die Papiere erst einmal nicht zurueck bekam, machte ich es mir in deren Buero bequem, war ja Dank Klimaanlage auch ganz angenehm dort. Eigentlich haetten alle Tommys sich nur dazugesellen muessen und irgendwann waere es denn Bullen zu bloed geworden, sich ihre vier Quadratmeter mit zwanzig Touristen teilen zu muessen. Aber nein, jeder zahlte Lammfromm die geforderten Summe von nunmehr 10 Euro, teils komplett ohne Aufforderung, weil es sich schon in der Reihe vor der Tuer rumgespruchen hatte. Was fuer verschissene Vollidioten! Solche Affen machen diese ganze Scheiss Geldvorderei von solchen korupten Bullen ueberhaupt erst moeglich. Jedes mal wenn ein Zehner ueber den Tisch wanderte, grinste mich der Maxi in Uniform mit seinen schiefen Zaehnen an und freute sich ueber die erhaltene Bestaetigung. Da ich ja leider gezwungen war, den Konvoi nicht zu verlieren wegen der darauffolgenden Senegalproblematik, schob ich nach dem letzten Tommy auch wiederwillig einen Tausender ueber den Tisch, was dann auch ausreichte um meine Papiere wieder zu bekommen.

Von der Ausreise aus Mauretanien faehrt man ueber ein paar wacklige Holzbalken, die hier liebevoll Bruecke genannt werden. Fuer diese Atraktion wird selbstverstaendlich Geld verlangt. Am Schlagbaum dahinter zahlten die Tommys dann brav die geforderten 10 Euro "Brueckengebuehr" und ich war kurz davor vollends durchzudrehen anhand dieser unglaublichen Dummheit. Bei mir dauerte es exakt sieben Sekunden, um den Kollegen zu sagen, er bekaeme 1000 UM und er solle sich dafuer die "Quittung" schenken. Mit einem "Hey, you are african!" war die Schranke dann auch schon offen. Im Einreisebuero waren die Tommys derweile schon wieder dabei, die Geldscheine zu zuecken, was Siggi schnell zu unterbinden wusste und mit den Grenzern einen Deal ausmachte, dass lediglich Pro Auto 10 Euro faellig waeren anstatt der anfaenglichen Forderung, pro Auto und dann noch einmal pro Person. Von mir gab es lediglich 1500 UM in kleinen Scheinen und bevor der korrupte Arsch ueberhaupt fertiggezaehlt hatte, hatte ich mir auch schon die Papiere geschnappt. Beim Versicherungsmockel wurde nun noch fuer 30 Euro eine einmonatige Versicherung fuer die westafrikansichen Laender (nennt sich "Carte brune") geholt und dann die Dokumente zwecks Konvoi bei den Tommys abzugeben, man war ja leider auf die Doofkoepfe angewiesen. Anfaengliche Forderung der Beamten: 500 Euro, am ende bezahlter Preis: 500 Euro. Das nenn ich mal Verhandlungsgeschick! Glueckwunsch nach Great Britain. Geteilt durch die zehn Autos war man also mit 50 Euro dabei, was trotz allem natuerlich top war in Anbetracht aller Alternativen und aller Vorderungen von Einzelreisenden, von denen man im Vorfeld gelesen hatte. Da die Maxis dann natuerlich auch noch zu faul sind fuer nen Konvoi, gab es einfach fuer alle ein Passavante, das seit Oktober 2010 abgeschaffte Dokument, dass einen temporaeren Aufenthalt in Senegal mit dem eigenen KFZ bis dahin moeglich machte. Ganze 48 Stunden sollte man also Zeit haben bis zur Ausreise, da es auf dem Dokument aber natuerlich nur einen Datumsstempel vom Tag der Einreise gab und dieser Tag ja um 0 Uhr begonnen hatte, duerfte es ja jedem einlaeuchten, dass damit die Ausreise bis spaetestens dem darauffolgenden Tag 23.59h gemeint ist. Als man wenig spaeter in der Zebra-Bar, einem von Schweizern 30km suedlich von St. Louis gefuehrten Campingplatz, einige Englaender vor uns fuer zwei Naechte reservieren hoerte, fiel ich fast ganz vom Glauben ab. Wuerd ja gern mal wissen, wie viel die bei der Ausreise blechen durften...

Die durch die Umgehung der Rosso-Grenze erparrten Nerven hatte man somit Dank der gnadenlosen Dummheit der temporaeren Reisebegleiter aufgebraucht. Nichts desto trotz war es Dank dieser Gruppe fuer uns ueberhaupt moeglich ueber die Grenze zu kommen ohne ein Vermoegen zu zahlen. Da es nun ja keinen Zollkonvoi gab, konnten wir uns auch abseits des Ralley-Konvois bewegen, was fuer den kommenden Tag auch geplant war. Wir waren uns sicher, alleine besser klarzukommen. Auch Siggi stieg hier aus, wollte dieser nun endlich ein wenig Geschwindigkeit aus seiner Reise nehmen. Auch wir wollte das, doch bleib uns nichts anderes uebrig, als am darauffolgenden Tag gleich wieder ins Auto zu steigen und weiterzubrettern um innerhalb des Tages Senegal in Richtung Gambia zu verlassen. Der Laenderpunkt muss also erst einmal aufgeschoben werden, da vor einer Rueckkehr in den Senegal erst einmal das Auto in Gambia verkauft, verzollt und somit aus dem Pass geloescht werden. Das also unser Hauptprogrammpunkt in Gambia. Wie es dort vorwaerts geht und wie die Reise dann ohne Auto weitergehen soll, davon dann im Bericht zur vierten Woche.

5 Comments:

Anonymous Anonym said...

Hallo Ihr Beiden, ich habe mich köstlich amüsiert, ich weiß, wenn die Unkontrolliertheit an einem hochschwappt, ist es nicht immer so lustig. Die Geschichte mit den unangepassten Europäern, könnte ich um einige Episoden erweitern. Ich drücke Euch die Damen

2/2/11 18:01  
Blogger Unknown said...

Britten können halt nix ;-)

4/2/11 07:14  
Anonymous Anonym said...

Weiter so, ließt sich gut.

4/2/11 23:19  
Anonymous Anonym said...

Anneliese wie gehts

7/2/11 16:57  
Anonymous Gallendieter said...

Grüsse aus Hebsack City lasst euch von den "Maxis" nicht unterkriegen!

Gruss Gallendieter

9/2/11 00:37  

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