25. Juli 2006

Und der Ball rollt wieder...

MEXICO CITY (Mexiko)
Nach ein paar Tagen Pause also mal wieder ein paar Informationen. Bin mittlerweile in der Hauptstadt Mexikos und damit in der groessten Stadt der Welt angekommen. Offiziell wohnen hier 22 Millionen Einwohner, geschaetzt werden aber mit den ganzen nicht gelisteten Menschen hier bis zu insgesamt 30 Millionen. Das ist in etwa 60 mal soviel, wie in Nuernberg wohnen. Oder anders: Ueber ein Drittel der gesamten Deutschen Bevoelkerung in nur einer Stadt. Dank dem guten U-Bahnsystem hier kommt man aber ganz gut zurecht. Fussball gabs nun endlich auch, aber alles mal der Reihe nach!
Nach drei Tagen in Palenque ging es mit dem Bus weiter nach San Cristobal. Hierfuer fand man beim Anbieter AEXA die billigste Moeglickeit. Fuer 75 pesos (ca 5,50 Euro) war man dabei, der grosse Busanbieter ADO wollte hingegen 166 pesos. Das ist in Mexico eh so eine Sache. Um die guenstigste Moeglichkeit herauszufinden bleibt einem nichts anderes uebrig als alle vorhandenen Busanbieter einzelln abzuklappern. Waehrend man die grossen aber auch die teuersten Anbieter wie ADO und UNO immer an den Busbahnhoefen findet, fahren die kleinen Unternehmen meist in irgendwelcher Seitenstrassen ab, die es dann erst einmal zu finden gilt. Einen Informationsdienst ueber meherer, geschweige denn alle Unternehmen mit deren Abfahrtszeiten und Preisen gibt es leider nicht. Also heisst es immer laufen, laufen, laufen.
San Cristobal de Las Casas ist eine im Zentralgebierge gelegene 120.000-Einwohnerstadt und liegt wie eine grosse Lichtung in den Urwaeldern der Berge von Chiapas (so nennt sich die dortige Region). Die Stadt hieß ursprünglich nur San Cristóbal; die Ergänzung de las Casas wurde später angefügt, um an Batrolomé de Las Casas zu erinnern, einen spanischen Dominikanermönch, der als Bischof von Chiapas in der Kolonialzeit für die Rechte der indianischen Bevölkerung eintrat. Die Stadt selbst liegt auf 2100m ueber NN und ist damit deutlich kuehler als die bisher bereisten Regionen. Die Tagesdurchschnittstemperatur pendelte sich die Tage so auf 18-20 Grad ein, wobei es Nachts allerdings Gott sei Dank nicht wirklich kuehler wird. Dafuer gab es Regen am laufendem Band. Die drei Tage in San Cristobal war es keine zehn Minuten am Stueck trocken. Dementsprechend wenig unternahm ich dann auch dort. Die Stadt wurde expeziert und allen voran die oertlichen Restaurants und Bars, eine Exkursion in die umliegenden Waldregionen oder zu einem der beiden grossen Fluesse in der Gegend fiel im warsten Sinne des Wortes ins Wasser. So war ich auch nicht wirklich boese, dieses Region des Trauerwetters zu verlassen und mich auf den langen Weg in die Hauptstadt zu begeben. Und hier beginnt dann auch der erste Spielbericht:

Sonntag, 23. Juli 2006 - 12:00
Deportivo Toluca FC - Club de Fútbol Pachuca 1:0 (1:0)
Champion de Championés - Hinspiel
Estadio Nemesio Diez / Toluca (MEX) 10.000 Z. (100)
Eigentlich wollte ich ja schon am Freitag von San Cristobal de Las Casas gen Ciudad de Mexico aufbrechen, doch waere hier die guenstigste Moeglichkeit bei 740 pesos (ca. 55 Euro) gelegen. Die guenstigen Busunternehmen, die man entlang des Highway 199 (auch als Panamerika-Strasse bekannt) am Stadtrand von San Cristobal findet, fuhren alle erst am Samstag wieder in die Hauptstadt. Dafuer fand man beim Busunternehmen "Maya" ein unschlagbares Angebot fuer 350 pesos (ca 25 Euro) fuer die 16stuendige Busreise. Losgehen sollte es am Samtag dann um 14 Uhr, folglich waere man am Sonntag um sechs Uhr morgens in Mexico City von wo aus es noch einmal 65km bis Toluca sind, dem Ort meines ersten Fussballspiels dieser Tour. Bei einkalkulierten 60 Minuten fuer Mexico City nach Toluca und einer weiteren Stunde fuer das finden der gebuchten Herberge und des Abfahrtsortes nach Toluca bleiben einem summasumorum noch 4 Stunden Reserve. Ob das klappt? Man haette es nie herausbekommen, wenn man es nicht ausprobiert haette. Und so wurde der Geldbeutel geschohnt und die Nerven strapaziert und sich letztendlich fuer die Billigvariante entschieden.
Samstag Nachmittag um 14 Uhr stand ich also am Busabfahrtsplatz (stinknormaler Kiesparkplatz) und staunte nicht schlecht ueber das zur Verfuegung gestellte Fahrzeug. Ein DINA-Bus Baujahr 1969!!! Naja, wenigstens keine Erkaeltung durch Klimaanlage. Um 15 Uhr gings dann endlich los (und die erste von viert Sunden war dahin). Im wie gewoehnlkich ueberfuellten Bus hatte ich wenigstens einen Sitzplatz und so lief alles wie am Schnuerchen - zumindest die ersten 8 Stunden. Aufgeweckt wurde man von einem derben Knall gefolgt von einem dahinschlingernden Bus und unheilvollen dumpfen Geraeuschen von unterhalb des Busses. Der Busfahrer behielt aber die Kontrolle ueber sein Fahrzeug (die Frage ist, wer von beiden wohl aelter war) und schliesslich blieben wir am Strassenrand liegen. Was war passiert? Der Fahrer musste wohl eines der grossen Schlagloecher ubersehen und vollstoff reingerasselt sein. Dem nun nach rechts abhangenden Bus und des in den Radkasten eingedrueckten rechten Vorderreifen zufolge musste sich dabei wohl die Achse verbogen haben, auch wenn dem Reifen selbst nicht passiert war.
Da standen wir also Irgendwo in der Mexikanischen Pampa mitten in der Nacht und kamen keinen Meter mehr vorwaerts und rueckwaerts. Und waehrend ich da so die naechsten Stunden mit all den wenig beunruhigten mexikanischen Mitfahrern auf der Leitplanke sass, begann auch die letzte Hoffnung, das Spiel zwischen Toluca und Pachuca noch zu erreichen, zu schwinden. Die erste halbe Stunde passierte garnichts, dann endlich hielt ein anderer Bus und brachte unsere Besatzung in den Besitz von Wagenheber und ein paar simplen Werkzeugen (nichts von alledem hatte man selbst mit an Bord). Die zwei Busfahrer machten sich sogleich auch direkt zu schaffen und verbrachten die naechsten vollen drei Stunden unter dem Bus liegend und schraubeten und haemmerten wie die Weltmeister. Der Sinn dessen blieb mir aber schleierhaft. Wie sollte man bitte mit fuenf verschiedenen Standartwerkzeugen und ohne jedliche Ersatzteile im Licht einer winzigen Taschenlampe einen solchen Schaden reperieren? Doch irgendwann kamen die Jungs unter dem Bus hervorgekrabbelt, liesen eben diesen wieder vom Wagenheber herunter und teilten der warteten Busbesatzung nur ein trockenes "Vamos" mit. "Weiter gehts"??? Das kann doch nicht sein. Und tatsaechlich. Als alle im Bus sassen, ging es tatsaechlich so weiter, als waere nie was gewesen. Wie um alles in der Welt es den zwei Busfahrern moeglich war, den Bus wieder fahrtuechtig zu machen, wird mir fuer immer verborgen bleiben - meinen tiefsten Dank hatten sie auf jeden Fall sicher.
In diesem Wechselbad der Gefuehle keimte nun wieder erneute Hoffnung, doch war jetzt jedliche Reserve dahin und wir schliesslich laengst noch nicht da. Doch ein paar Stunden und drei weitere unfreiwillige aber kurze Stopps spaeter (nur bei einem habe ich die Ursache direkt mitbekommen - wir hatten bei voller Fahrt eine der Klappen hinten am Bus verloren, die erst wieder eingesammelt werden musste) war unser 37Jahre altes Vehikel tatsaechlich irgendwo in Mexico Stadt. Irgendwo wohl gemerkt, an keinem der vier grossen Busterminals und auch sonst konnte mir keiner so recht sagen, wo genau wir uns wohl befinden. In irgendeiner Seitenstrasse halt. Naja, zeit blieb sowieso nicht, also rein ins naechste Taxi (es gibt in Mexico City mehrere Arten von Taxis. Die billigste Moeglichkeit geben die gruenweissen VW-Kaefer-Taxis her, von denen es in der ganzen Stadt 40.000 Stueck gibt - ein Traum fuer jeden Kaeferfan. Danach kommen die gruensilbernen Taxis anderer Automarken, dann die rotweissen und als teuerste die gelbweissen, die meistens nur zum Flughafentransfer genutzt werden). Klar, das ich mich mit meinen 17kg schweren, staendigen Begleiter in einen Kaefer zwaengte. Es war schon nach neun Uhr, also war klar, das jetzt erstmal Taxifahren angesagt war. Also erst zum Terminal Nord um die Lage des gebuchten Billighostels zu checken, dann mit dem naechsten Taxi zu eben diesen, schnell das Gepaeck abgeladen und wiederum mit einem Taxi zum Terminal Poiente, von welchem aus die Busse nach Toluca fahren. Jedesmal musste man harte Verhandlungen fuehren um nicht ueber den Tisch gezogen zu werden. Zwar verfuegen die Taxen ueber Taxometer, diese sind aber eben auch nur irgendwelche LED-Anzeigen und kein Mensch kann nachvollziehen, wie da was angezeigt wird, also sind Fixpreise ein klares muss, die Verhandlungen aber nervig. Vom Stadtzentrum zum Busterminal P. verlangte man anfangs unverschaemte 150 und einigte sich letztenendes auf 60 pesos - haette den Preis sicher noch druecken koennen aber die Zeit rann mir durch die Finger. Vom Terminal aus ging es dann um 10:25 Uhr fuer 34 pesos auf die einstuendige Reise ins Gebierge. (Abfahrt zwischen 5h und 23h alle 5 Minuten!). Um 11:20 durfte man an irgendeiner Kreuzung in Toluca vorzeitig den Bus verlassen (laut Busfahrer die naeherste moeglichkeit zum Stadion) und war gleich wieder auf ein Taxi angewiesen (zu Fuss etwa 45 Minuten bei gutem Tempo). Fuer 25 pesos fuers Taxi und Eintrittspreisen zwischen 60 und 200 pesos war man dann exakt 15 Minuten vor Anfpfiff im Stadion. Das muss man bei einer insgesamt 22 Stuendigen Reise erst mal so genau hinbekommen. Um 12 Uhr war dann peunktlich Anpfiff und die Steine fielen nur so von meinem Herz.
Im Estadio Nemesio Diez befanden sich dann allerdings nur entaeuschende 10.000 Zuschauer, was wohl an Anstosszeit wie liveuebertragung lag. Das Spiel ansich war ja nicht das schlechteste. Fuer diejenigen, die nicht mit dem Clausura/Apertura-Spielsystem vertraut sind: In einem Jahr werden zwei Saison ausgespielt die Apertura (1. Runde) und Clausura (2. Runde) genannt werden. Nach der Apertura starten alle Vereine wieder bei Null, es gibt allerdings keine Auf und Absteiger. Diese stehen dann erst nach ende der Clausura fest, wenn beide Endtabellen zusammengezesetzt werden. Sollte der Meister der Apertura ein anderer sein als in der Clausura, so wird am ende der beiden Runden in Hin- und Rueckspiel noch der Champion de Championes ausgespielt, sozusagen also dann der wirkliche Meister des Jahres. Exakt um ein solches Spiel handelte es sich bei dem heutigen. So gewann Toluca die Apertura, waehrend Pachuca die Clausura fuer sich entscheiden konnte. Dementsprechend hatte ich eigentlich mit einer groesseren Zuschauerresonanz gerechnet.
Auf der Heimseite geben zwei verschiedene Stimmungsbloecke mit jeweils etwa 200 Mann den Ton an. Waehrend sich die jungere Generation der Supporter im unterrang der Hintertortribuene in eine Ecke druecken, verteilen sich die anderen im Oberrang selbiger Tribuene. Aus Pachuca waren immerhin etwa 100 Mitgereiste anwesend, wobei sich davon etwa die Haelfte auch am Support beteiligte. Nach dem 1:0 fuer die Hausherren in der 17. Minute verstummten diese aber zusehens, waehrend die Rojas eine von nun an bis zum Schluss andauernde Oberkoerperfreiaktion lieferten. Immerwieder gab es ein wenig Nebel und die ein oder andere Bengale dort, wie auch zum Intro schon.
GI: Toluca liegt auf 2660m ueber NN und ist damit die Hoechstgelegenste Stadt Mexicos. Also ist auch das Stadion das hoechstgelegenste im Lande und auch das hoechste von mir je besuchte Stadion. Wenn das zum Jubilaeum zum 300. Ground nichts ist... Das reine Fussballstadion verfuegt ueber vier zusammenhaengende Tribuenen, wobei beide Langsseiten und eine Hintertortribuene ueberdacht und mit ueberwiegend roten Sitzschalen ausgestattet ist. Die andere Hintertortribuene und Heimat der Heimfans ist nicht ueberdacht und verfuegt nur ueber Betonstufen, ist aber ebenfalls in Ober und Unterrang unterteilt. Ueber Flutlicht verfuegt das 30.000er-Stadion allerdings nicht, was Abendspiele unmoeglich macht.
Wesentlich gemuetlicher konnte die Rueckfahrt nach MexicoCity angetreten werden - uebergluecklich, es doch noch geschafft zu haben, wenn auch der restliche Reiseverlauf gerne ruhiger ablaufen darf.

3 Comments:

Anonymous Anonym said...

Gratuliere zum 1. Spiel der Tour! Ganz normale Strapazen halt... ;-)
Hoffe du bist die Straße am Stadion etwas weiter gegangen und bringst ein Foto vom genialen "Estadio Universitario Alberto Chivo Córdova" mit. Grüße aus HH

25/7/06 14:18  
Anonymous Anonym said...

Congratulation zum Kontinentalpunkt!
Da der Neid mit mir durchgeht, muss ich Dich leider darauf hinweisen, dass mein höchster Ground und der höchste der Welt im 4000m hochgelegenen Potosi/Bolivien ist. So, und darst weiterreisen...
Ciao freidoch

PS: Chickazbilder nicht vernachlässigen!!!

26/7/06 13:20  
Anonymous Anonym said...

vielleicht kann dich folgende nachricht wieder dazu bewegen ins kreditstadion zu nürnberg zu gehen

tucher ist out-kulmbacher kommt nun in den becher

26/7/06 13:41  

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