22. Februar 2011

Tierisch Bock im Kofferraum

Tag 35
Montag, 07.02.2011

Heute galt es also zu klaeren, inwiefern wir unser Auto in Gambia lassen und alsgleich zum Laenderspiel nach Senegal reisen koennen. Bevor es hierfuer allerdings zum Zollbuero in Banjul ging, wurde noch fix eine weitere und auch bei der Gambianischen Polizei anerkannte Autoversicherung abgeschlossen (ein Monat zu 560 Dalasi, zur Erinnerung: 1 Euro = 37 Dalasi). Die Papiere sollten als Bittsteller dann schon in Ordnung sein. Am Zollbuero half einmal mehr Vitamin B weiter, kannte Kara wiederum den Bruder des Oberzollmockels und so gab es statt der ueblichen 10 Tage gleich eine Verlaengerung des Passavante auf ein weiteres Monat. Eine Ausreise und der Verbleib des Autos sollte kein Problem darstellen, einfach eine Kopie des Passavante mitnehmen und den Sachverhalt an der Grenze erklaeren. Sollte es trotzdem noch Probleme dort geben, koennte man mit einem Telefonat beim Oberzollmockel eindruck schinden und die Sache duerfte geklaert sein. Soweit so erfreulich, man durfte auf den naechsten Tag also gespannt sein. Zuvor wurden noch die finanziellen Grundmittel aufgestock, weswegen zuerst 15.000 Dalasi gezogen wurden, um sie nebenan in der Bank in 400 Euro zu tauschen, um in den anderen Laendern eine bessere Ausgangslage zu haben bezueglich des Geldwechselns. Soweit allerdings garnicht so einfach, kann der Maxi halt schlichtweg nichts, egal ob er ne Kravatte an hat und in einer vollklimatisierten Bankzentrale sitzt oder nicht. Aus einem einfachen Geldtauschen wurde eine ueber zweistuendige Odysee wo einmal mehr die linke Hand nicht wusste, was die rechte tut. Irgendwann nach dem siebten Stempel auf der zwoelften Formularkopie fuehlte sich die gelangweilte Mutti am Schalter dann aber doch noch faehig, acht 50-Euro-Scheine ueber den Thresen zu schieben.


Zeitgleich war Kara mit seinem Juengsten Sohnemann beim Onkel Doktor, der Malariaverdacht bestaedigte sich aber nicht, so dass wir beide etwas zu feiern hatten. Nach dem kuehlen Bierchen in der Kneipe unterhalb der Deutschen Botschaft ging es wieder nach Birkama, wo die letzten Vorbereitungen zur morgigen Abreise getroffen wurden. Die lieben sieben Sachen packen war da weniger das Problem, als wie die noch ausstehende Kopie des Passavantes. So mussten erst noch ueber drei Stunden Stromausfall abgewartet werden, bevor der Kopierer im Internetcafe seiner Bestimmung nachgehen konnte. Kurz nach Mitternacht dann endlich Bettruhe, wenn auch nur fuer fuenf Stunden


Tag 36
Dienstag, 08.02.2011

Wer hierzulande reisen moechte, der muss Fruehaufsteher sein. Die besten Chancen auf Transport sind zwischen sechs und sieben Uhr, wenn die Markleute in die benachbarten Doerfer fahren und die Geschaeftsleute in die Hauptstadt. Ausserdem stand bis Dakar ja eine gewaltige Strecke auf dem Programm, wenngleich nicht unbedingt die Kilometerzahl sondern vielmehr die Streckenverhaeltnisse diese so gewaltig machen. So sassen wir kurz vor sechs im Gelli Gelli, dem oeffentlichen Transportmittel Gambias. Das Gelli Gelli sind irgendwelche alten Kleinbusse, die mit Handverschraubter Bestuhlung so viele Personen wie irgendmoeglich von A nach B bringen, waehrend derren Gepaeck teils mit beeindruckenden Bondagekenntnissen auf das Dach des Gefaehrts geschnuert wird. Fuer ein bisschen Trinkgeld fuer unser Faherer uns dann auch gleich noch bis zum Faehrterminal, so dass die komplette Strecke mit 70 Dal. fuer uns beide zu Buche schlug. |Nach einer Stunde warten ging die erste Faehre ueber den Gambiariver dann um 8.20. Die Mitfahrt fuer Personen ohne eigenes Fahrzeug ist mit 10 Dalasi ein wahres Schnaeppchen. Auf der alten Faehre, die in besseren Tagen mal ihren Dienst in den Niederlanden tat, fand man auch gleich ein weiteres Gelli Gelli, was uns schliesslich vom Faehranleger in Barra bis zur Grenze bei Karang brachte (100 Dal. fuer uns beide). Um 10 Uhr war die Grenze erreicht, um 10.10h stand man bereits hinter dem senegalesischen Posten. Das war ja einfach! Dass wir mit Fahrzeug nach Gambia eingereist ohne aber wieder ausgereist waren, bemerkte entweder keiner oder es war ihnen egal.


Da wir alsbald weiter wollten, verzichteten wir auf den 3km Marsch bis zum Busbahnhof in Karrang und nahmen fuer 1000 CFA (1 Euro = 650 CFA) zwei Motorraeder dorthin. Die Zeitersparniss haette man sich aber sparren koennen, dauerte es hier noch einmal volle vier Stunden, bis die Kiste nach Dakar endlich voll war und es losgehen konnte. Kurz nach zwei also auf der Strecke und diese hatte es in sich. Die Anzahl der Loecher im Strassenbelag sind zahlenmaessig nur wenig mehr als die Loecher im Boden unseres Gefaehrts. Da auch der Auspuff ueber nicht viel weniger undichte Stellen aufwies, hatten wir eine Gewisse Abgasbelaestigung im Innenraum, die nur mit vollstaendig geoeffneten Fenstern ueberhaupt zu ueberleben war. Durch die offenen Fenster war man auf Grund der Sandpisten und der Luftverwirbelung einem gnadenlosen Sandsturm ausgesetzt. Das ganze eingequetscht auf einer Bank mit drei Personen, auf der eigentlich selbst zwei Erwachsene schon Probleme haben, ordentlich sitzen zu koennen und einer Ausentemperatur von ueber 30 Grad ist das ganze auf Dauer dann Anstrengender als mancher Ausdauersport. Nach zahllosen Stopps an Polizeicheckpoints und saemltlichen auf dem Weg liegenden Milchkannen kam man dann komplett mit Russ, Staub und Sand ueberzogen um 23h in Dakar an. Am noerdlich gelegenen Vorort bei Patte d'Oie liess man sich rauswerfen um auf Grund der fortgeschrittenen Nacht der Sicherheit halber ein Taxi fuer 1500 CFA zum Espace Thially zu nehmen.

Uebernachten in Dakar ist leider nichts fuer den kleinen Geldbeutel, selbst fuer unser Budget schon hochpreisige Absteigen in der Innenstadt sind teil grauenvolle Absteigen, so dass wir uns fuer eine Uebernachtung im Randbezirk der Stadt entschieden. Im ausgesuchten Hotel gibt es dass sehr saubere Doppelzimmer mit Plumsklo und Dusche (das erste mal seit Wochen Warmwasser!) auf dem Gang fuer 17.200 CFA. Gerade der Innenhof um den die Zimmer gelegen sind weis zu ueberzeugen. Hier gibt es auch Hausmannskost, leider waren in der Kueche zur spaeter Stunde die Herdplatten schon kalt, so dass es notgedrungen noch mal rausging. Die Bedeutung von "Fast Food" in Afrika wurde dann beim Fastfoodladen um die Ecke aufgezeigt, dauerte es eine geschlagene dreiviertel Stunde, bis die bestellten Pizzen vor uns standen. Daufer fehlten auf meiner Schinken-Champignon-Oliven-Pizza dann aber auch nur der Schinken, die Champignons und die Oliven. Oh Afrika...


Tag 37
Mittwoch, 09.02.2011

In der Nacht entschied sich dann das Rennen "Wer bekommt auf der Reise als erstes ordentlich Duennschiss" und waehrend ich mich bis 10h am naechsten morgen halbwegs ordentlich ausschlafen konnte, war Annika den groessten Teil der Reise damit beschaeftigt, die Oberschenkelmuskulatur zu trainieren. Immerhin schlugen die Imodiumtabletten relativ gut an, so dass wir ohne Probleme gegen zwoelf Uhr aus dem Hotel auschecken konnten. Beziehungsweise besser gesagt mussten, da die Auberge fuer die kommende nacht ausgebucht vermeldete und wir uns eine neue Herberge suchen mussten. Um so aergerlicher, da die bisherige Unterkunft in Laufweite zum Nationalstadion lag, es in der naeheren Umgebung aber leider keine Alternativen gab. Noch aergerlicher war dann nur noch mein Fauxpass am Geldautomaten, wo ich mich um eine Null verdrueckte und mir mein Missgeschick erst auffiel, als ein ganzes Buendel geld aus dem Automaten hing. Statt 40.000 CFA hatte ich gleich 400.000 CFA abgehoben, ueber 600 Euro also. Plus der 400 Euro Notfallkapital im Gepaeck war man jetzt ueber 1000 Euro schwer. Nicht wirklich der Betrag an Geld, den ich sonst auf Touren durch Laender wie diese gerne mit mir fuehre. Rueckgaengig kann mans aber leider nicht machen, also fix noch ne Zeitung gekauft, wo die heutige Ansetzung um 17 Uhr bestaetigt wurde.

Mit dem Taxi lies man sich dann fuer 2.000 CFA in den am noerdlichen Strand der Dakar-Landeszunge bringen, wo die "Auberge Les Lilas", gefuehrt von einem alten Franzosen, den Zuschlag erhielt. Fuer die 20.000 CFA gab es ein halbwegs ordentliches Doppelzimmer mit eigenem Bad und, zur Freude Annikas, ein europaeisches Sitzklo. Wasser lief derzeit aber leider nicht, so dass man sich aus der bereitgestellten Regentonne bedienen musste. Bei einem kleinen Spaziergang wirkte die Ghettogegend hier auch nicht wirklich einladen, so dass nach einer wirklich leckeren Platte Fleischspiesse mit Salat und Pommes fuer zwei (3.000 CFA) auch schon Richtung Haupttagespunkt aufgebrochen wurde.


Mittwoch, 9. Februar 2011 - 17.00h

Senegal - Guinea   3:0 (1:0)
Freundschaftsspiel   -   20.000 Zs. (300)
Stade Leopold Sedar Senghor, Dakar (SEN), LP 68

Zwei Stunden vor Spielbeginn war noch nicht allzu viel los. Eintrittskarten gab es fuer 3.000 CFA fuer die Ueberdachte Haupttribuene und 1.000 CFA fuer alle anderen Plaetze. Wir goennten uns zwei Schattige Plaetze und nach einem kleinen Wartebierchen vom Schnappsladen nebenan ging es eine Stunde vor Kickoff rein ins grosse Rund. Das Nationalstadion Senegals ist eines dieser Stadion, bei denen viele angenervt sind, weil sie so weit vom Spielfeld wegsitzen, waehrend ich mit der Zunge schnalze und mich meines Lebens freue. Ich stehe ja auf diese alten, weitlaeufigen Betonschuesseln, auch wenn diese damit auch meist Leichtathletikstadien sind. Klar ist die Entfernung zum Spielfeld ein Minuspunkt, doch so eine geschlossene, hohe Betonschuessel und dann auch noch wie hier ohne weiteren Schnoerkel wie Plastiksitzschalen in siebzehn verschienen Farben und der gleichen hat einfach einen gewissen Flair finde ich. So gab es Sitzschalen in den Landesfarben auch nur auf der ueberdachten Haupttribuene. Bis zum Spielbeginn hatten sich etwa 20.000 Zuschauer eingefunden, die sich in stille Beobachter und drei Stimmungsblocks aufteilten. Die Stimmung hier dann so, wie man es von Bildern und Filmaufnahmen von Afrikanischen Laenderspielen her kennt. Bunt angemalte Menschen, viele von Kopf bis Fuss in den Landesfarben bekleidet und grosse, meist lieblos gestalltete Landesflaggen an den Zaunen. Der akkustische Support natuerlich nicht mit europaeischen Massstaeben zu vergleichen. Hier gibt es keine Schlachtrufe und auch geschlossene Gesaenge sind eher die Ausnahme, vielmehr wird getrommelt und geklatscht bis die Flossen brennen. Zig verschiedene Groessen an Bongodrommeln und Rasseln lassen eher an eine Sambaveranstalltung erinnern, als an Fussball. Das Spiel selbst wirft fuer mich dann ein bisher ungeloestes Raetsel auf. So ging Guinea, vertreten mit etwa 300 Fans, die grob im Stadion verteilt waren (nur etwa 50 Leutchen aus Guinea hatten sich mit ein paar Fahnen zum gelegendlichen Support in einer der Kurven versammelt), unter jubel der Landsleute in Minute acht in Fuehrung. Ueberraschend aber dennoch verdient nach einem guten und flotten Start der Gaeste. Es gab Anstoss fuer Senegal und auch sonst alles lief wie bei und nach einem gueltigen Tor ab. Dementsprechend erstaunt war man dann, als am naechsten Tag von einem 3:0 Erfolg von Senegals Loewen berichtet wurde. Auch nachtraegliche Internetrecherche und das offizielle Ergebniss der FIFA ergab kein anderes Endergebniss, die Erklaerung, was mit dem Guineator in der achten Spielminute passiert ist, blieben alle Seiten leider schuldig. Wuerde mich ja echt brennend interessieren. Die drei senegalesischen Tore fielen aber tatsaechlich und waren durchaus nett anzusehen. Gerade das 2:1 durch einen Fallrueckzieher und das 3:1 nach einer Folge von vier Kopfbaellpaessen hatten was fuer sich. Allgemein war das Nievau verhaeltnissmaessig hoch, auch wenn es wohl ein ticken zu wenig technisches Spielvermoegen ist fuer eine WM-Endrunde. Bis 2014 ist ja aber noch ein bisschen Zeit.


Da es schon wieder zu daemmern begann, schnappten wir uns ein Taxi fuer 3.000 CFA zurueck zum Hotel, wo aufgrund der nachts als No-go-Area gaeltenden Gegend im Hotel geblieben wurde. Immerhin gab es hier kaltes Gazellbraeu zu erschwinglichen Preisen. Als man da so rumsass und sich schon ueber die ungewoehnliche rote Beleuchtung im Ausschankraum wunderte, daemmerte uns so allmaehlich, wo wir eigentlich gelandet waren und was das grosse Verstaendnissproblem bei Check in zu bedeuten hatte. So wurden wir bei Anreise gefragt, ob wir das Zimmer denn fuer heute oder fuer die Nacht haben wollten. Ich schob es auf meine nicht vorhandenen Franzoesischkenntnisse, dass ich aus der Frage nicht wirklich schlau wurde. Spaetestens als man beobachtete, wie bei der Schluesseluebergabe an ein eintreffendes Paaerchen auch ein Kondom ueber den Rezeptionstresen wanderte, war klar: Wir waren hier wohl in einem Stundenhotel abgestiegen. Das hat hierzugegend allerdings nichts weiter mit prostitution zu tun, sondern ist fuer viele Leute die einzige Moeglichkeit zu trauter Zweisamkeit, leben die meisten Grossfamilien hier ja auf kleinsten Raum alle zusammen. Da bleibt die Privatsphaere natuerlich schnell auf der Strecke und es wird eben auf diese Art ausgeholfen. Andere Laender, andere Sitten...


Tag 38
Donnerstag, 10.02.2011

Schlaf war bitter noetig nach den letzten Naechten, so dass beschlossen wurde, die Rueckfahrt nach Gambia auf zwei Etappen aufzuteilen. So wurde bis neun Uhr gepennt und in aller Ruhe das im Preis inbegriffene Fruehstueck genossen, bevor es gegen halb elf wieder auf die Piste ging. Am Garre Reigonale "Colloban" fuhren dann leider nicht wie vom Hotelopi versprochen die Sept-place (= Siebensitzer, meist alte Renauts oder Peugeots der 500er Serie) in Richtung Sueden, so wurde man dann doch unpraktischer Weise auf dem weiter Stadteinwaerts gelegenen Garre pompier verwiesen. Nach ueber einer Stunde Kampf im Taxi durch die 2,8-Millionen-Einwohner-Metropole war man dann am Gare, wo sich alsbald ein Bus Richtung Kaolak fand. Also Wartemodus an und hoffen, dass die Kiste bald voll wird. Dementsprechend ueberrascht war man, als es schon nach einer Stunde mit einem halb leeren Bus losging. Den Grund fand man dann eine halbe Stunde spaeter in einem verstaubten Vorort Dakars, wo unter groessten Umstaenden versucht wurde, aus drei Bussen zwei zu machen. Irgendwann war dann das Gepaeck auch auf den richtigen Bus umgeladen und gewohnt unbequem konnte es weiter gehen.Trotz allem war der Bus aber in weitaus besserem Zustand als auf der Hinfahrt, beanspruchte aber dafuer extrem das Nervenkostuem mit einer chinesischen Foltermethode. So lief der Radio die ganze Fahrt ueber auf voller Lautstaerke, obwohl so gut wie nie ein Sender rein kam. Sprich knacken und rauschen auf 120 Dezibel und wenn doch mal eine Funkverbindung da war, dann gab es monotones Gelabere aus uebersteuerten Lautsprechern. Der Maxi ansich scheint dafuer aber kein Gefuehl zu haben, jedenfalls wurde auf der sechsstuendigen Fahrt weder was an dem umstand geaendert noch schien sich irgendjemand sonst darueber aufzuregen. Fuer die 2.000 CFA pro Kopf + 500 CFA pro Gepaeckstueck kam man dann mit brummenden Schaeder um halb sieben im Etappenziel Kaolak an, wo zur Entschaedigung wenigstens gleich eine Auberge fuer 12.500 CFA fuer das Doppelzimmer gefunden wurde. Direkt gegenueber eiskaltes Gazelle und extrem schmackhafte Kueche. So laesst es sich leben.

Tag 39
Freitag, 11.02.2011


Da schmeckte das kuehle nass am Vorabend dann wohl doch eine Spur zu gut, sodass der Koerper etwas gequaelt werden musste, als um neun Uhr der Wecker zu neuen Taten rief. Da es in Kaolak nicht nur staubig und auf Grund des anscheinend ueberall in der Stadt stattfindenden Marktes unuebersichtlich ist, sondern es auch gleich noch drei verschiedene Gare gibt, wurde sich ein "Schlepper" geschnappt, der einen fuer 200 CFA zum richtigen Abfahrtsort begleitete. Hier fuer 1.800 CFA p.P + 500 CFA Gepaeck zwei Plaetze im 19-Sitzer bis zum Grenzkaff Karang klargemacht. Ein drittes mal Huppelpiste allez, liess man sich schon am Gare in Karang rauswerfen, anstatt bis zum Grenzposten mitzufahren, um noch was zwischen die Zaehne zu bekommen. War aber wohl nicht ganz die Essenszeit, so musste sich mit Bohnenpaste auf Baquette begnuegt werden. Immerhin selten so guenstig gegessen (2 Baquettes fuer 300CFA). Statt Moto oder Eselskutsche ging es via Verdauungsspaziergang zum drei Kilometer entfernten Grenzuebergang der einmal mehr total stressfrei abgefertigt werden konnte. Im Gegensatz zum frankophonen Senegal war Gambia ja einst mal unter der britischen Krone und spricht englisch. Weitaus angenehmer weil einfacher also die restliche Reise, die uns via 7-Sitzer bis zum Faehrhafen in Barra (50 Dal. p.P. / 1 Euro = 37 Dal.) und mit der 15h-Faehre (10 Dal. p.P.) wieder bis nach Banjul brachte. Im Gegensatz zur Millionenmetropole Dakar wirkt die Gambianische Hauptstadt fast schon laendlich an. Gerade einmal 60.000 Einwohner finden hier Platz. So wurde die ueppig vertretene HMF- und Taximeute am Terminal links liegen gelassen und die Stadt in einem halbstuendigen Fussmarsch durchquert. Die Auskunft der Faehrarbeiter stimmte dann auch mit den Informationen aus der Wochenendzeitung ueberein, das Championsleaguespiel des Hafenarbeitervereins und derzeit amtierenden Meister Ports Authority sollte also am darauffolgenden Tag ueber die Buehne gehen. Endlich laeuft mal was.

In der Naehe des Triumphbogens am suedlichen Ende der Stadt wurde sich noch mal der Ranzen vollgeschlagen, bevor hier nach einiger Wartezeit ein Gelli Gelli mit noch freien Plaetzen nach Serekunda (5 Dal.) gefunden war. Es empfiehlt sich, in Banjul ein Gelli Gelli vom Strassenrand aus anzuhalten, gilt der Busbahnhof hier als Hochburg fuer Taschendiebe und Rucksackaufschlitzer. In Serekunda findet man bei Westfield dann Gelli Gellis nach Birkama (10 Dal.), das zu Einbruch der Daemmerung wieder erreicht war. Bei ein paar Bierchen mit Kara und Freunden wurde die weitere Vorgehensweise beratschlagt, ergab sich in den Tagen unserer Abwesenheit nicht viel neues in Sachen Autoverkauf. 60.000 Dal. war das einzig ernstzunehmende Angebot. Da geht noch mehr, so leicht lassen wir uns da nicht entmutigen...

Tag 40
Samstag, 12.02.2011

Warum wusste natuerlich keiner, aber Strom sollte es heute vorerst den ganzen Tag nicht geben in Birkama. So wurde die Zeit zum noetigen Waeschewaschen genutzt und Mangels Alternativen schon drei Stunden vor eigentlichem Kickoff in Richtung heutigen Spielort Serekunda aufgebrochen. Dort ungefaehr sieben mal nach dem Weg zum "Serekunda East Mini Stadium" gefragt, um sich dann letzten Endes vor dem "Serekunda West Mini Stadium" wieder zu finden. Wie gut, dass wir Zeit hatten! Allgemein spricht die Verwirrtheit der Gambianer mal wieder baende, gibt es hier in Serekunda zwar zwei sogenannte Mini-Stadiums, dafuer aber kein grosses. Da wundert es dann kaum, dass sich das East-Stadium direkt am Platz von "Westfield" liegt - so auch sonst... Allgemein wars schade, dass der internationale Rahmen des Spiels nicht als Grund dazu ausreichte, ins Nationalstadion nach Bakau zu wechseln. Aber Hauptsache mal ordentlicher Laenderpunkt Gambia mit einem ordentlichen Spiel:

Samstag, 12. Febraur 2011 - 16.30h
Gambia Ports Authority - Jaraaf De Dakar   0:2 (0:1)
CAF-Championsleague, Vorrunde - 1.000 Zs. (30)
East-Mini-Stadium, Serrekunda (GAM)

Auch wenn die Himmelsrichtung verwirrend sein mag, traegt das Stadion seinen Namenszusatz "Mini" durchaus zu recht. Nebst einer kleinen, ueberdachten Tribuene mit Betonstufen auf einer Laengsseite, die heute mit Gartenstuehlen bestueckt wurde, ist der Ground komplett unbebaut. Fuer hiesige Verhaeltnisse reicht es dann aber wohl auch aus, kamen zum heutigen Championsleaguespiel trotz grandioser Eintrittspreise von 50 Dal. Haupttribuene Gartenstuhl, 30 Dal. Haupttribuene Stehbereich und nur 10 Dal. fuer alle anderen Plaetze rings um das Spielfeld nur ca. 1.000 Interessierte. Auf Grund des geringen Fassungsvermoegens sah es aber doch ganz gut voll aus. Und Spannung versprach die Partie allemal, hatte sich der Gambianische Vertreter durch ein ueberraschendes 1:1 im Hinspiel doch eine gute Ausgangslage herausgespielt. Was man dann Fussballtechnisch allerdings vorgesetzt bekam, war grauenhaftester Sorte. Allenvoran die Hausherren waren keinerlei Fussballerischen Technik maechtig, in den kompletten 90 Minuten schaffte es nicht ein Spieler, den Ball mal laenger als fuenf Sekunden zu halten, die Fehlpassquote dementsprechend. So reichte die ebenfalls unterirdische Leistung der Senegalesen aus, um in der 32. Minute mit dem 0:1 einen wichtigen Schritt in Richtung naechster Runde zu setzen. Die Gefahr, sich durch ein Tor der Hausherren auch noch einer Verlaengerung aussetzen lassen zu muessen, entging man dann aber vorzeitig durch das zweite und entscheidende Tor von Jaraaf acht Minuten vor Schluss. Die 30 Mitgereisten aus Dakar (inkl grosser Zaunfahne und ein paar kleinen Schwenkern, aber sonst leider ohne Supportbemuehungen) hatten also was zu feiern. Die zwei Heimblocks mit je 30 Mann schienen mit dem K.O.-Modus allerdings nicht weiter vertraut, fanden es diese mindestens genauso super. Versehe es wer es mag. Support der zwei erwaehnten Bereiche halt afrikanisch mit viel Trommel, Singsang und Geschunkel. Ob das Lied auf die Melodie des hirnverbloededen Waka-Waka-WM-Lieds von Madame Shakira, die im uebrigen vor der WM noch nie in ihrem Leben in Afrika war, von ihr abgekupfert wurde oder eher anders herum, wuerde mich dann aber doch interessieren.

Das Highlight des Spiels blieb dann doch ein Anruf aus den schwaebischen, wo ein 4:1 Erfolg gegen Stuttgart vermeldet werden konnte. Da das Auto, geparkt bei der Polizeistation hinter dem Stadion, auch noch ueber alle vier Reifen verfuegte, war man also gluecklich seines Lebens und kehrte noch auf halber Strecke zurueck nach Birkama ein, um den Europapokalweg des Glubbs bei Huehnchen und nem kuehlen Blonden zu feiern. In Birkama gab es zwar wieder Strom, leider aber nicht bei uns zu Hause. Grund hier: In Gambia laeuft der Strom nach dem Prepaid-System, sprich man geht zum oertlichen Stromanbieter und laesst sich soundsoviel KW aufladen, wie man eben gerade bezahlen moechte. Ist diese Strommaenge dann aufgebraucht, muss man halt wieder hin oder aber bei Kerzenschein romantische Abende verbringen. Da der Stromladen am Samstagabend natuerlich schon geschlossen hatte, entschieden wir uns fuer das alternative Programm...

Tag 41
Sonntag, 13.02.2011

Die Weiterreise ohne Auto in Richtung Guinea war fuer naechste Woche beschlossene Sache und so sollte sich heute im wuerdigen Ramen von Karas Familie verabschiedet und vor allem fuer die Gastfreundschaft gedankt werden. Und was macht man da so, Mitte Februar? Richtig! Ein Grillfest am Strand sollte her. Hierfuer also morgens raus zum Bauern um die Ecke, wo sich ein Schaaf ausgeguckt wurde. Der Bock kam in den Kofferraum, der Schlachter auf die Rueckbank und zu Hause war es dann soweit. Die Herstellungsmethode meines Hauptnahrungsmittels, naemlich Fleisch, sollte heute mal unter die Lupe genommen werden. Der Tradition halber darf der Spender fuer das edle Vieh den Schnitt durch die Kehle vollziehen, auf Grund nicht vorhandener Erfahrung in der Artgerechten Toetung von Lebewesen ueberliess ich dass dann allerdings den Hausherren. Die ganze Nummer natuerlich blutig wie ein Splattermovie und zeitgleich nichts fuer schwache Europaeerherzen, ist das hier das normalste der Welt. Da huepfen die Kinder ringsum und sind begeistert, dass endlich mal wieder n bisschen was los ist. Wuerde man ein 8jaehriges Maedchen aus Deutschland an den Platz stellen, wuerden wahrscheinlich Psychologen Jahre brauchen, um das entstandene Trauma aufzuarbeiten. Andere Laender, andere Sitten. Auf einem Karton gebettet im Innenhof machte sich nun der Schlachter daran, den Bock auseinanderzunehmen. Beeindruckend, dass zum Haeuten des Tieres ein Schnitt in den Hinterlauf gemacht wird und dieses dann von dort aus aufgeblassen wird wie ein Luftbalon. Wie gesagt, nichts fuer schwache Nerven. Und bevor noch der Blog geperrt wird wegen nicht jugendfreier Texte, belasse ich es mal hierbei und ersparre mir Details. Eine ausgiebe Fotodokumentation kann auf Nachfrage aber gerne nachgereicht werden, wenn wir wieder zurueck sind.

Fuer die komplette Zerteilung brauchte der Kollege Schlachter dann gerade einmal eine Stunde. Fuer Tier und Arbeit waren 3.750 Dal, also ungefaehr 100 Euro zu bezahlen. Die restlichen Zutaten fuer ein gelungenes Grillfest in Afrika lies Kara springen, und so waren gut zwei Dutzend Frauen den ganzen Tag damit beschaeftigt, Schaaf, Fische, Reis, Gemuese, Salat und Krabben zu koestliche Speisen zu verwandeln. Gegen 17h war dann soweit alles gerichtet und die Grossfamilie zusammengetrommelt, um wieder in die Pflicht genommen zu werden. In nur zwei Fahrten schaffte ich es mit dem Chef, saemtliches Essen, Geschirr, den Grill, 9 Kinder, 4 Frauen und uns beide an den Strand zu schaffen. Mit vier weiteren Autos wurde aehnliches gemeistert, sodass sich am Ende weit ueber 50 Leute tummelten um bei mittlerweile Eingebrochener Dunkelheit zu grillen, essen und tanzen. Ein gelungener Abend mit einer Familie, die uns schon als Teil ihrer zu akzeptieren scheint. Ich denke, die Party war ein guter Weg, Danke zu sagen und die Investition von 100 Euro auch kaum der Rede wert, wenn man ueberlegt, wie viel man in den letzten zwei Wochen an Uebernachtungs- und Verpflegungskosten gesparrt hatten.

Da zu spaeter Stunde keiner mehr lust hatte, zwei mal fahren zu muessen, wurde nun saemtliches Material und alle Personen auf die Waegen verteilt, so dass der Chef mit 12 Passagieren zu kaempfen hatte. Dank dementsprechenden Tiefgangs musste zwar einmal der Auspuff wieder eingesammelt und angeschraubt werden, sonst kam man aber ganz gut nach Birkama. Jedenfalls besser als Kara, der alsbald anrief und eine Panne vermeldete, hatte sich das Getriebe eines hoffnungslos ueberbeladenen Nissans verabschiedet. So gab es Abschleppdienst aus deutschen Lande, bevor alle gluecklich und zufrieden in die Betten fallen konnten.

In der naechsten Woche soll es dann also weiter gehen in Richtung Sueden und damit ab von der ueblichen Route der sogenannten Overlanders, die in der Regel Westafrika via Gambia - Senegal - Mali - Burkina druchqueren. Statt dessen steht mit Guinea ein Land auf dem Plan, dass so gut wie keine Touristische Infrastruktur besitzt und dementsprechend ein ganz anderes Kaliber ist, als die bisher bereisten westafrikanischen Staaten Senegal und Gambia. Alleine die Anreise spricht fuer sich, geht es nun weg von geteerten Strassen und ausgebauten Pisten und mitten hinein in den Afrikanischen Busch. In einer Drei-Tages-Reise soll entlang des Gambia-Rivers bis ans oestliche Ende Gambias bei Basse Santa Su gereist werden, bevor die oestliche Casamance (die suedlich Gambias gelegene Region des Senegals) durchquert und bei Koundara in die Republik Guinea eingereist werden. Von hier ist es eine weiterer Tag Reise durch den Busch, bis mit Labe wieder ein Ort mit zumindest teilweise Vorhandener Infrastruktur wie Hotels (und natuerlich zwei Erstligisten) erreicht wird. Wie der Ritt durch den Busch dann so wird, darf abgewartet werden. Bequemes Reisen wird aber sicherlich anders aussehen. In diesem Sinne, bis zum naechsten Mal...

14. Februar 2011

Zen und die hohe Kunst des Wartens

Tage 28 - 34
Montag, 31.01. - Sonntag, 06.02.2011

Woche 5 in der "Tour de Africa" - Reihe wird nicht wie gewohnt auf die Geschehnisse (schreibt man das wirklich mit h in der Mitte?) der einzelnen Tage eingehen, sondern einen allgemeinen Bericht ueber die Woche geben. Das hat zweierlei Gruende. Zum einen stand mehr der Autoverkauf in Gambia als die Reise selbst im Mittelpunkt, so dass die gesamte Woche bei meinem Freund Kara in Birkama verbracht wurde. Zum anderen ist es mit der Kuerzung der Geschichte auf das Wesentliche ein kleiner Versuch, den Lauf der Zeit wieder ein wenig aufzuholen und Berichtetechnisch am Ball zu bleiben, statt Wochen hinterher zu schreiben. Dass ich hinterher haenge liegt aber mehr an den gegebenen Umstaenden hierzugegend als wie an Faulheit oder dergleichen. So ist das funktionierende Stromnetz in Gambia aehnlich dem Zufall ueberlassen wie die der Internetverbindungen des Landes. Es ist gar nicht so einfach, den Zeitpunkt abzupassen, an dem beide genannte Punkte zur selben Zeit gleichzeitig funktionieren. Die effektiv nutzbare Zeit zum Berichteschreiben ist derzeit also stark dezimiert, also wollen wir keine Zeit verschwenden und widmen uns der Hauptaufgabe, der moeglichst gewinnbringenden (bzw besser gesagt reisekostendeckenden) Veraeusserung unseres Chefs.

Wer in Afrika ein Auto verkaufen moechte, der muss sich erst einmal an die Afrikanische Kultur gewoehnen und das ist bei Leibe nicht so einfach getan wie gesagt. Nach der vergangenen Woche glaube ich nun verstanden zu haben, dass Zeit nicht etwa wie erwartet eine untergeordnete Rolle spielt. Nein, sie spielt absolut keine Rolle. Der Stellenwert der Zeit ist beim Afrikaner einfach ein ganz anderer als der eines Europaeers (sorry, hier gibt es keine ae's, oe's und ue's, was hier besonders scheisse aussieht, ich weis...). In unserer Heimat waechst man damit auf, dass Zeit gleich Geld bedeutet. Beim Afrikaner hingegen bringt die Zeit das Geld, sprich, wer am meisten Geduld hat, gewinnt. Das sieht man an jeder Ecke. Da stehen Jungs am Strassenrand, halten Karten fuer das Aufladen des Handyguthabens in die Luft und warten. Und wer lange genug wartet, bei dem kommt auch irgendwann ein Kunde vorbei. Schlussfolgerung des Maxis: Warten erzeugt Geld. Allgemein ist jede Lebenslage in Afrika mit Warten verbunden, um Beispiele anzufuehren, wuesste ich nicht, wo ich ansetzen sollte. Grob gerechnet duerfte man in sechs Monaten Leben in Afrika ungefaehr soviel auf irgendetwas gewaret haben, dass es der Wartezeit eines ganzen Europaeischen Lebens entspricht. Da wie beschrieben Zeit aber nicht Geld und damit keine Rolle spielt, ja nahezu nicht existent ist, so ist das warten fuer den Afrikaner aber auch kein weiterer Umstand. Den Beweis hierfuer kann man ueberall finden, wo Afrikaner gerade warten. Wenn es eben vier Stunden dauert, bis der letzte Passagier im Bus gefunden ist, damit die Reise losgehen kann, dann wird stupide gewartet. Und wenn die Faehre zwischen Barra und Banjul mal wieder defekt ist, dann wird halt eben so lange gewartet, bis sie wieder geht. Und das kann dann auch schon mal drei, vier Tage bedeuten. Dass jemand meckert, irgendwer unruhig mit dem Beinen wippt, aufsteht und  hin und herlaeuft, den Chef sucht um sich zu Beschweren... Fehlanzeige. Der Afrikaner ansich scheint ueber einen gewissen Standby-Modus zu verfuegen, das seine komplette Aktivitaet auf ein ueberlebensnotweniges Minumum reduzieren laesst. So kann er die wartende Zeit komplett ausschliessen und die Lebenszeit faengt erst dann wieder an zu laufen, wenn das Warten ein Ende hat. Das mag uebertrieben klingen und ist kaum vorstellbar, ist aber genau so Tatsache. Diesen Umstand kennen zu lernen und ihn zu verstehen ist die eine Sache. Ihn zu akzeptieren oder gar zu leben fuer einen Europaeer aber naehzu unmoeglich. Und genau dieser Punkt bringt einen am Rande des Verstands und ist in den Geschaeftsverhandlungen das grosse Plus auf seiten der Einheimischen, sprich des pottentiellen Kaeufers. Dieser hat alle Zeit der Welt und ist zudem noch schlichtweg gewohnt, scheinbar ewig Zeit zu haben und warten zu koennen.

So mussten wir uns schlussendlich eingestehen, dass alle anfaengliche Euphorie, dass der Autoverkauf relativ gut von der Hand gehen wuerde, reiner Rauch und Schall war. Wie schon in der Vorwoche wurde auch in dieser Woche allerhand Werbung gemacht und saemtliche Autohaendler abgeklappert, um unseren "Chef" zum Kauf anzubieten. Das Interesse war immer da, allerhand fragen wurden ueber den Wagen gestellt und auch der angedachte Preis wurde stets fuer gut befunden. Doch nie wurden die Geldscheine gezueckt und genau da liegt der Knackpunkt. Statt dessen wurden Handynummern ausgetauscht und Treffen vereinbart. Doch nicht ein einziger Anruf folgte, nicht ein einziges Treffen kam zu Stande. Doch was sollten die teils ueber eine Stunde dauernden Gespraeche mit angeblich interessierten Kaeufern, die sich dann, aus den Augen aus dem Sinn, nie wieder meldeten und offensichtlich nie auch nur Ansatzweise ein wirkliches Kaufinteresse hatten. Genau hier treffen die zwei Kulturen die eingangs versucht wurden zu beschreiben wieder aufeinander. Fuer den Afrikaner war es ein netter Zeitvertreib, fuer den Europaeer reine Zeitverschwendung. Kurz davor, dass Handtuch zu schmeissen und den Wagen, hauptsache irgendwie auch zu einem viel guenstigeren Preis zu verhoekern, als man eigendlich vorgehabt hatte, verstand man allerdings das ebenfalls eingangs erklaerte Verstaendnissdefizit von Zeit und Geld. Man erinnere sich: Fuer uns ist Zeit gleich Geld, fuer den Afrikaner bringt Warten und Geduld das Geld. Genau hier sollte es sich beweisen. Der Afrikaner sieht den Weissen, sieht die Zeit ist Geld Mentalitaet. Er weis, dass der Europaeer ueber keine Geduld verfuegt und alsbald den Preis nach unten korrigieren wird, hauptsache, er kann weiter, wohin auch immer. Weiter = der anstehende Rueckflug nach Hause, Weiter = die letzten Tage in Ruhe Urlaub machen und den Autoverkauf hinter sich gebracht zu haben, Weiter = wie in unserem Falle, seine Reise weiter fortsetzen zu koennen. Wer in Afrika erfolgreich Handel betreiben moechte, der muss denken und leben wie ein Afrikaner, ihm muss Zeit mindestens genauso egal sein. Nur so kann man mit dem Handelspartner auf eine gemeinsame Basis, einen gemeinsamen Nenner kommen und nur so laeuft der Handel fuer beide Parteien zum gewuenschten Erfolg. Um diese Erkenntniss war man nach dieser Woche reicher.

Doch wie sollte man wieter verfahren, wie kann man dem unseren Drang des Weiterreisens, dem nach naheliegenden Laenderpunkten und Fussballspielen nachgehen und gleichzeitig den Handel zum gewuenschten Erfolg bringen? Ein Alternativplan musste her... Eine Weiterreise nach Guinea und weiter suedlich Richtung Sierra Leone und Liberia mit dem Wagen fiel raus, da die Pistenverhaeltnisse vom suedlichoestlichen Senegal wie auch von der Casamance aus ueber die Grenze nach Labe in Guinea selbst mit 4Rad-Anrieb nur schwerlich zu meistern sind. Dass das "Buschtaxi" fuer die nicht mal ganz 300km von Vellingara, Senegal nach Labe einen Nachtstopp an der Grenze einlegen muss, da die Strecke an einem Tag nicht bewaeltigt werden kann, spricht fuer sich. Die einzig mit dem Chef befahrbare Strecke waere eine direkte Weiterreise ueber den noerdlichen Senegalteil nach Mali. Von dort ist es wiederum moeglich, direkt nach Guinea zu gelangen, allerdings auch nur wieder 4WD. Wollen wir also weiter nach Guinea, muessten wir spaetestens hier unser Auto weg bekommen, was in Mali weiter kein Problem sein soll. Die Nachfrage nach Gebrauchtwagen dort ist aufgrund des fehlenden Meerzugangs weitaus groesser als in Gambia und die Preise daher auch um einiges besser. Leider muss man bei der Einreise mit dem eigenen KFZ eine Ehrenerklaerung unterschreiben, dass man seinen Wagen nicht verkauft. Da diese Ehrenerklaerung allerdings auch nur ein Zettelchen ist und der Wagen auch nicht in den Pass eingetragen wird, ist das fuer die meisten Autoschieber kein Grund, den Wagen nicht trotzdem in Mali zu verkaufen. Auf Grund des Eintrages der Ausreise mit einem Fahrzeug aus dem Senegal ist allerdings relativ einfach zurueckzuverfolgen, dass man seinen PKW dann wohl in Mali verkauft hat, wenn man bei der Ausreise ohne Gefaehrt auftaucht. Mit einem Zolldokument und ein bisschen Trinkgeld laut Erfahrungberichte im Internet zwar wohl weiter kein Problem, trotzdem liegt der Autoverkauf in Mali weiterhin in einer rechtlichen Grauzone. Wir entschieden uns, dass das ein zu heisses Eisen sein wuerde fuer uns "Angfaenger". Weiter auch kein Problem, ist im Nachbarland Malis, in Burkina Faso, der Fahrzeugverkauf genauso problemlos, allerdings absolut legal. Wuerden wir allerdings nach Guinea wollen, muessten wir nach dem Fahrzeugverkauf dort den ganzen Weg via Mali wieder zuruecktingeln und so auch fuer den Rueckweg insgesamt drei Visen mehr benoetigen. Nebst der verlorenen Zeit also ein finanzieller Mehraufwand nicht nur in Form der Transportkosten. Schliesslich kamen wir zu der Idee, das Fahrzeug in Gambia zu lassen und nach Guinea, Sierra Leone und Liberia weiterzureisen, waehrend Kara in Gambia vor Ort weiter versuchen wuerde, den Wagen zu einem akzeptablen Preis zu verkaufen. Auf Grund der derzeit aeusserst angespannten politischen Lage in der Elfenbeinkueste ist die Weiterreise sowieso nur ueber den Norden, sprich Mali und Burkina Faso moeglich. So wuerden zwei Moeglichkeiten bestehen: Sollte der Mercedes mittlerweile einen neuen Besitzer gefunden haben, wuerde man zurueck in Guinea in den dortigen Nordosten reisen und bei Siguiri direkt nach Mali einreisen. Im Falle, der Wagen ist weiterhin nicht zu verkaufen, waere der Umweg zurueck nach Gambia und die Weiterreise von dort mit dem Auto wenigstens noch vertretbar. Doch kein Plan ohne Probleme. Die Ausreise aus Gambia ohne den Wagen ist ja eigentlich erst dann moeglich, wenn man eine ordentliche Verzollung des Wagens durch den Kaeufer nachweisen kann. In wie fern es moeglich ist, den Wagen weiterhin im Besitz zu haben und nur temporaer in Gambia zu lassen um eine Reise ausserhalb Gambias mit den oeffentlichen Verkehrsmitteln zu unternehmen, gab es noch abzuklaeren. Hierfuer steht fuer den Beginn der naechsten Woche ein Besuch beim Zollhauptquartier in Banjul an, wo wir auf Grund des auslaufenden Passavantes zwecks weiterer Verlaengerung sowieso hin muessen. Wenn es das OK von genannter Behoerde gibt, dann soll das am kommenden Mittwoch stattfindenden Laenderspiel Senegals gegen Guinea in Dakar sozusagen als Testfahrt dienen, bevor es zurueck nach Gambia geht, wo am Wochenende eine Begegnung in der afrikanischen Champions League ansteht.

Nebst der Bemuehungen um den Autoverkauf und das Ausarbeiten von Alternativplaenen galt es auch noch ein paar andere, organisatorische Dinge zu klaeren. So wurde auch mal bei der Botschaft Sierra Leones vorbeigeschaut. Hier wollte man fuer das ein Monat gueltige Single-Entry-Visum gesalzene 100 US-Dollar pro Person. Laut der Angaben des Lonely Planet variieren die Gebuehren allerdings nicht nur nach Herkunft des Antragstellers, sondern auch nach Ort der Antragsstellung. So wurde das Antragsformular schon mal eingesackt, der Antrag selbst aber auf die Botschaft in Conakry, Guinea verschoben, in der Hoffnung, hier guenstig weg zu kommen. In wie fern das auf grossen Plakatwaenden angepriesene "Null Tolleranz der Korruption"-Prinzip durchgesetzt wird, durfte man auch gleich noch antesten, als man doofer Weise mit Handy am Ohr hinterm Steuer erwischt wurde. Leider nebst Anschnallpflicht das zweite neue Gesetz, was rigoros verfolgt wird. Du darfst zwar mit neun weiteren Leuten in einem normalen PKW volltrunkend und ohne Licht durch die Nacht heizen, fix mal ans Telefon gehen wenn man im Grossstadtstau steh darf man allerdings leider nicht. Die horrende Strafgebuehr von 25.000 Dalasi konnte nach ewigem Blabla und dem Zustecken von 300 Dalasi allerdings abgewendet werden. Eine andere Polizeikontrolle dagegen hatte irgendetwas gegen meine KFZ-Versicherung auszusetzen. Die in Senegal ausgestellte Versicherungspolice mag zwar Gambia mit abdecken, ist in Gambia selbst aber nicht von der Gendamerie anerkannt. Grund des ganzen: Irgend ein Gambianischer Minister war mit seiner in Gambia ausgestellten Versicherung im Senegal unterwegs und wurde dort zur Kasse gebeten, weil die auch den Senegal abdeckende Versicherungspolice lediglich auf englischer, nicht auch auf franzoesischer Sprache ausgestellt war. Das wird jetzt dem Deutschen heimgezahlt, der mit seiner im Senegal ausgestellten Versicherung in Gambia unterwegs ist. Da kann ich natuerlich ungemein viel dafuer. Nach einer guten Stunde rumdiskutieren durfte man allerdings ohne Strafe wieder von dannen ziehen, versprach dafuer, eine weitere Versicherung hier in Gambia ausstellen zu lassen.

All diese Punkte waren durchaus mit Anstrengung verbunden, stieg das Quecksilber jeden Tag weit ueber die 30 Grad Marke. Hinzu kam teilweise auch der aufziehende Hamatan, ein von der Sahara kommender Wind der in etwa die Temperatur eines Haushaltsfoens hat und haufenweise feinsten Saharasand mitbringt, der dann alles sandstrahlt, was draussen rumsteht. Juckt nicht nur in den Augen sondern knirscht hin und wieder auch zwischen den Zaehnen. So wurde die restliche Freizeit groesstenteils damit verbracht, sich an den 20 Autominuten von Birkama entfernten Strand zu retten. Durchaus ein ganzes Stueck suedlich des Touristreifens Senegambia gelegen, hat man hier den Sandstrand und den Pazifik quasi fuer sich alleine. Selten mehr als ein Dutzend andere Touris zur selben Zeit dortgewesen und die "Rainbow Bar" mag vielleicht ein bisschen schwuchtelig klingen, ist im Endeffekt aber nur eine kleine Strandbar, wo zur Happy Hour zwischen fuenf und sechs das eiskalte 0.33er JulBrew fuer 20 Dalasi gereicht wurde. So laesst es sich leben.

Samstag stand dann eigentlich endlich wieder Fussball auf dem Programm. Vor Saisonstart werden in den verschienen Regionen Gambias kleine Turniere abgehalten, vergleichbar mit den Deutschen Regionalpokalen als Qualifikationsrunde zum DFB-Pokal. Der Ansetzung der zwei Spiele in der Zeitung folgte man, staunte aber nicht schlecht, als man beim ersten "Ground" auf einem reinen Sandplatz stand, der noch nicht einmal ueber Torlinien, geschweige denn irgendeinem Ausbau verfuegte. Auch Ground 2 der daraufhin angesteuert wurde, war nicht besser. Eher im Gegenteil, gab es hier noch nicht mal mehr Tornetze. Strandfussball irgendwo im Afrikanischen Busch ist dann auch mir zu bloed und so wurde der Besuch eines offiziellen Spieles hierzulande eben auf des bereits erwaehnte Champions League Match kommende Woche verlegt. Statt dessen sollte am Samstag Abend mal die Partytauglichkeit Gambias angetestet werden und so zogen wir mit Kara in die Touristenecke "Senegambia". Allgemein haelt sich der Tourismus hier aber noch in Grenzen und das Publikum mischt sich zu einem fifty-fifty aus Einheimischen und Touristen. Das Preisniveau ist natuerlich gut doppelt so hoch wie im Landesinneren, bei 50 Dalasi fuer ein Bier in einer Disko ohne Eintrittsgebuehr darf man jetzt allerdings auch nicht so sehr meckern. Auffallend extrem ist hier der "Bumsterism". Wer bei Sextourismus automatisch an Kinder fickende dickbaeuchige Perverslinge in Thailand denkt, dem sei mal ein Blick hierhin empfohlen. "Bumster" nennt man die teils auffallend jungen und mit Sicherheit nicht immer Volljaehrigen Jungs, die sich hier von unfoermigen, sonnenbrandgezeichneten Westeuropaeerinnen ab Mitte 40 aufwaerts aushalten lassen und dafuer abends ordentlich die alten Quaktschen durchknetten muessen. Nicht dass ich damit die ekelerregenden Dinge rechtfertigen wollen wuerde, die man oft von viel zu jungen Prostituierten aus asiatischen Gebieten hoert, die sich als einzigen Ausweg aus ihrer Armut alten, stinkenden Saecken fuer ein Appel und ein Ei anbieten. Doch bin ich durchaus ueberrascht, wie viel man davon in Deutschen Medien berichtet, man gleichzeitig von eigentlich nicht viel besseren Verhaeltnissen nur in umgekehrter Geschlechterrolle von hierzugegend eigentlich nie etwas hoert oder liest. Trotz allem ist aber weis Gott nicht jeder der hier herumrennt so und so stand einer ausgelassenen und spassigen Partynacht in den Clubs und Bars Senegambias nichts im Wege.

Da ich eine kleine Vorschau auf die kommende Woche ja bereits in den obigen Absetzen mit eingebaut habe, bleibt abschliessend nicht mehr viel zu sagen. Einzig, dass zum naechsten Bericht wohl wieder nach gewohntem Tages-System verfahren wird und es auch wieder ein bisschen Fussballlastiger werden wird. In wie fern die Moeglichkeiten gegeben sind und der oben beschriebene Alternativplan druchgesetzt werden kann, ob sich vielleicht doch noch ein Autokaeufer gefunden hat oder ob der Wagen gar von Brandschatzenden Autonomen aus der Banjuler Schanze zum Wohle einer besseren Welt zum Opfer fiel - All das in Teil 6 der Lustigen Lach- und Sachgeschichten aus einem noch viel Lustigeren Lach- und Wartekontinent...

12. Februar 2011

Der Polizist im Damenmantel

Tag 21
Montag, 24.01.2011

Wir hatten es also bis nach Senegal geschafft und mit der erfolgreichen Einreise trotz unseres alten Wagens ein grosses Problem geloest. Ein weiteres geloestes Problem war allerdings auch, was man im Falle Mauretanien wohl absolute Prohibition nennt. So durfte die geschundene Kehle nach getaner Arbeit wieder mit dem kuehlen Blond belohnt werden. Dieses gab es in der Zebra-Bar in 0,66-Liter-Gebinden von der Brauerei Gazelle und wusste durchaus zu gefallen. Die Gazellen duerfen somit auch also Hauptgrund angefuehrt werden, warum man bei netten Gespraechen mit dem einzigen Tommy, der was auf dem Kasten hatte und ein paar anderen Reisenden in der schwuelwarmen Jungelnacht verbrachte, bis die Zwiebel vier Uhr morgens zeigte. Nichts desto trotz musste die Nachtruhe bereits um neun wieder beendet werden, war vom zweitages Passavante ja bereits Tag zwei angebrochen und wir damit besser beraten, das geheiligte Land Senegal umgehend wieder zu verlassen. Immerhin ein Teil unserer Inselfreunde hatte es begriffen, um was es bei den 48 Stunden Aufenthaltsgenemigung geht und machte sich ebenfalls daran, die Karren flott zu machen. Zur Nervenschonung liessen wir aber den Konvoi ziehen und machten uns, nun endlich wieder in trauter Zweisamkeit, alleine auf die Piste. Diese wusste auf den ersten 50km mit allerhand Wellblechvertiefungen, Schlagloechern bis Schlaggraeben und sonstigem Fahrspass zu ueberzeugen, so dass keine zwanzig Minuten nach Abfahrt der erste Zwangsstop von noeten war um den abgefallenen Auspuffendtopf wieder anzubringen, ganz fachmaennisch mit Kabelbinder. Mit der Materie hat man als langjaehriger Fussballfan ja durchaus Erfahrung.

Kaum auf der Hauptverbindungsstrasse in Richtung Dakar waren die Strassenbedinungen auch wieder top und es ging relativ zuegig voran. Die auf einer Halbinsel (wie irgendwie fast jede grosse Stadt an Afrikas Westkueste, vgl. bisher Dakhla und Nouadhibou) gelegene Hauptstadt wurde aber garnicht angefahren, ging es bei Thies schon ins Landesinnere bis Diourbel. Das Highlight auf dieser verkehrstechnisch gut ausgelasteten Strecke war dann wohl ein mitten auf der Strasse umgekippter Bus. Wer jetzt denkt, Strasse blockiert = Totalsperre, der war noch nicht in Afrika. Vielmehr kaempft sich der Verkehr dann eben einfach quer durch den Busch an der blockierten Stelle vorbei. Duerfte aus der Vogelperspektive so ein bisschen aussehen wie ein blockierter Fluss, dessen fliessend Wasser sich dann eben einfach einen anderen Weg sucht. Von Diourbel aus geht es dann via Kaolak weiter bis zum Grenzuebergang bei Karang. Gerade der letzte Teil der mit einzelnen Teerflecken markierten Piste ist phasenweise in derart katastrophalem Zustand, dass selbst die ausgefahrenen Sandpisten entlang des Streckenverlaufs besser zu fahren sind.

Kaum in Sichtweite des im Dorf Karang selbst gelegenen Grenzpostens, haengt ein ganzes Rudel HMFs und Freunde an den Kotfluegeln, jeder will mal ans Fenster klopfen, jeder weis was und jeder hat was anzubieten. Nuesse, Bananen, Geldwechseln, selbsternannte Hilfssherrifs die deinen Pass wollen, betelnde Kinder... Alles was man an einer Grenze eben so auffahren kann. Da heisst es beim aussteigen cool bleiben, immer nett laecheln und winken... Wer gerade die letzten zwei Punkte in Perfektion und ohne jeglichen Selbstzweifel insziniert, der sorgt zwar kaum fuer mehr Ruhe, aber immerhin fuer unterhaltsamme Verwirrung bei den Bittstellern. Im krassen Gegenteil war dann die Ausreise aus dem Senegal, die derart problemlos und schnell von Statten ging, dass ich tatsaechlich noch mal auf den Ausreisestempel gucken musste, um mir selbst zu Versichern, gerade aus Senegal und nicht aus der Schweiz ausgereist zu sein. Zehn Euro waren fuer den Zoll zur Ausfuhr des Autos faellig, was auch in Ordnung ging, mehr wurde auch gar nicht gefordert.

Die Einreise nach Gambia ergab dann einen kleinen Disput zwischen mir und zweier recht heissbluetigen Beamten, da ich gerne irgendwo einen Nachweis gesehen haette, dass das Passavante (Die Genehmigung zum temporaeren Einfuhr eines Wagens nach Gambia) tatsaechlich und original 300 Dalasi kostet. Bei umgerechnet acht Euro (Kurs: 1 Euro = 370 Dalasi) duerfte das aber wohl in Ordnung gehen. Weniger in Ordnung ging die Vorderung vom Beamten im naechsten Haeuschen, der gerne 200 D. fuer den Einreisestempel gesehen haette. Die Frage des Stempelmaennchens, wer mir das gesagt haette, nachdem ich ihm den Standpunkt der Dinge erklaert hatte, bestaetigte mich sogleich. Also irgendwas von meinem fuenften Besuch im Land gefasselt und das mein Kumpel hier bei den Bullen ein grosses Tier ist und schon durfte man ohne Schmiere zur naechsten Station, die da "Drogenkontrolle" hiess. Zwei Stunden lang wurde jede Ecke in Auto und Gepaeck kontrolliert, bis man endlich weiter durfte. Mich wuerde ja mal die Trefferquote interessieren. Kann mir nicht so recht vorstellen, dass es ein lukratives Business ist, Drogen aus Deutschland auf dem Landweg ueber sechs Grenzen dahin zu schmuggeln, wo sie herkommen. Der wahre Grund ist dann vielleicht in einem ausgekluegeltem Wirschaftszweig der Grenzbeamten zu suchen. So war es fast schon dunkel, als unser eins als garantiert drogenfrei passieren durfte. Nicht nur, dass es relativ unbequem ist, durch ein unbekanntes Land in Afrika in Dunkelheit reisen zu muessen (O-Ton Auswaertiges Amt: Nachtfahrten sind unbedingt zu vermeiden), so ist auch noch die Huerde zwischen Barra und Banjul zu meistern, die da Gambia-River heisst. Die Ueberquerung dessen ist naemlich nur mit einer Faehre zu erreichen, die um 22 Uhr ihren Betrieb einstellt. So bot sich alsbald ein uniformierter Spezi der Drogenverhander an, uns nach Barra zu begleiten und uns an der langen Schlange vorm Faehrterminal vorbei in den Hafen und somit auf die letzte Faehre des Tages zu schleussen. Nach telefonischer Ruecksprache mit meinem auf der suedseite des Flusses auf unser wartenden Kumpel Kara war das wohl tatsaechlich die einzige Moeglichkeit, heute Nacht nicht irgendwo in einer Autoschlange am Faehrhafen zu versauern. Also widerwillig den Typen mitgenommen, der nebst helfen vorallem mit einer Sache in perfektion konnte: Nerven! Wenigsten fand man mit ihm auf anhieb die Verkaufsstelle fuer die Faehrtickets, die ganz nach afrikanischer Logik zehn Kilometer vom Hafen selbst weg liegt. Das man als Auslaender das Ticket nur in CFA bezahlen kann, obwohl man ja in einem Land ist in dem der Dalasi die Waehrung ist, duerfte als weiterer interessanter Weg gelten, Kohle zu machen. Gut, dass man davon im Vorfeld gelesen hatte und so noch die noetigen 4.800 CFA (zur Erinnerung: 1 Euro = 650 CFA) einstecken hatte. Am Hafen dann wieder ganz viel HMF und unser Helferlein mittendrin am Diskutieren. Letzten Endes musste man 400 D. Schmiere an die Hafenmitabreiter abdruecken und drin war man im Hafengelaende, vorbei an einer Kilometerlangen Autoschlange. Fuer die "Hilfe" bekam die Nervensaege in Uniform Annikas Winterjacke geschenkt, die ja eh zum ausrangieren gedacht war; insofern kein groesserer Verlust. Dass der Kollege bloed genug war um sich nicht doof dabei vorzukommen, sich bei gut 25 Grad in eine viel zu kleine Damenwinterjacke zu zwaengen, hatte mich kaum gewundert. Als er mich fragte welche Seite nun innen und welche aussen waere, war schon n Topzuschlag. Als ich ihm aber zeigte, wie rum es gehoert, ging eine Lautstarke Protestwelle von ihm aus, dass ich keine Ahnung haette, wuerde man so ja gar nicht das Ettiket sehen koennen. Das toppte natuerlich alles. Wenn ihr also mal in Gambia seit und nen Bullen im Inlett einer engen Damenwinterjacke herumlaufen seht - richtet ihm mal schoene Gruesse aus.

Wie viele Saetze habe ich im bisherigen Bericht eigentlich schon mit "Wer jetzt denkt..." und "Eigentlich muesste man meinen..." begonnen? Naja hilft ja nix: Eigentlich muesste man meinen, jetzt sei alles geritzt und die Kollegen Kara, Maxe und Annika liegen sich alsbald am Faehrhafen in den Armen... Tja, Welcome to Afrika. Hatte man sich bei der Anzahl der Autos dann doch ein wenig verrechnet und es passte letzten Endes doch fuenf Autos weniger auf die Faehre als man dachte. Als drittletzter in der Reihe natuerlich doof. Wenigstens war man jetzt im gut gesicherten und ruhigem inneren Hafengelaende. So wurde das Schicksaal zusammen mit einer Autobesatzung Hollaendern und ein paar Flaeschchen JulBrew-Bier ertragen, bevor der Fahrersitz fuer eine weitere, in diesem Fall unfreiwillige Nacht im Auto umgelegt wurde.

Tag 22
Dienstag, 25.01.2011

Punkt 6.30h wurde man durch Klopfen an der Fensterscheibe geweckt. Wie jetzt? Afrika und Puenktlichkeit? Wie ist das denn vereinbar? Und tatsaechlich. Wie versprochen stand man mit Chef eingepfercht zwischen allem was via Faehre bewegt werden kann - und das ist so einiges. Menschen, Tiere, Waren, Auto... Da ist kein Quadratzentimeter ungenutzt. Nach einstuendiger Ueberfahrt war man dann auch endlich am Nordende der mit 60.000 Einwohnern fast putzig erscheinenden Hauptstadt Banjuls, die via Umgehungsloecherpiste aber umfahren wurde. Per asphaltierter Strasse ging es dann via Serrekunda, Gambias groesster Stadt nach Birkama, dem Wohnort meines aus Hamburger Tagen bekannten gambischen Bruders Kara. Wir hatten extra nicht vorher angerufen, erschien es uns bei Ankunft in Banjul doch noch ein bisschen frueh. Wer weis schon wie lange der Durchschnittsgambe schlaeft. In Birkama angekommen dann mal fernmuendlich den Kollegen ueber unser Eintreffen informiert, wusste dieser zu berichten, dass er samt Empfangskomitee am Banjuler Faehrhafen steht. Tja, wie mans macht ists falsch. Die halbe Stunde bis auch unsere Gastgeber wieder im Heimatort waren, wurde im Motorraum verbracht, machte unser Chef kurz vor dem Ziel doch das erste mal ernsthafte Probleme und wollte sich nicht mehr in die richtigen Gaenge schalten lassen. Immerhin konnte festgestellt werden, dass es Gott sei Dank nicht am Automatikgetriebe selbst liegt, sondern lediglich eine Zulaufleitung des Getriebeoels gerissen war. So ging es die letzten Meter also im ersten Gang.

Weltklasse Aktion ueberigens waehrend der Wartezeit. Da man gerade neben der oertlichen Polizeistation stand, wurde dort nach moeglicher Abhilfe fuer die volle Blase gesucht. Die Polizeibeamten durchaus hilfsbereit, aber erstmal ratlos, wo der Weisse denn sein Geschaeft verrichten koennte. Loesung war dann die Knasttoilette. So wurde das wie in schlechten Filmen direkt in der Rueckwand eingelassene Gitter, an dem die Eingesperrten dastanden und traurig dreinguckten, aufgesperrt um mir kurz Zugang zum Gemeinschaftsoertchen zu gewaehren. Schnell das Noetigste erledigt, den Knastbruedern Hallo gesagt und wieder raus an die Sonne. Zaehlt sowas eigentlich auch schon als Knastlaenderpunkt?

Wer auf den ordentlichen Knastlaenderpunkt aus ist, hat es in Gambia allerdings nicht all zu schwer, gibt es hier allerhand Gesetze zu beachten, die nicht nur bestens durch die an jeder Ecke vertretenden Polizisten kontrolliert werden, sondern die man so auch erst einmal alle kennen muss. So war man keine 20km unterwegs an diesem Tag, als man am Polizeicheckpoint raus gewunken wurde. Hier haette man dann gerne 1.500 D. gesehen, weil man ja gerade eine rauche. Oehm ja, darf man das in seinem eigenen Auto wohl nicht? Ja, doch, man darf, aber nicht am Polizeicheckpoint. Die Strafe und die hoehe dieser ist, wie spaeter nachgeblaettert, tatsaechlich vom Gesetz her so vorgesehen, konnte aber nach ein bisschen Gelabber umgangen werden. Glueck hierbei war wohl die Tatsache, dass die Schwester vom Beamten in Hamburg wohnt und so schnell ein gemeinsamer Nenner im Gespraech gefunden war. Nebst solcher Eigenheiten ist das Rauchen auf oeffentlicher Strasse verboten und es herrscht strengste Gurtpflicht, eine Promillegrenze fuer das fahren eines Kraftfahrzeugs gibt es allerdings ebensowenig, wie es noetig ist, nachts ueber eine Beleuchtung am Fahrzeug zu verfuegen. Was ein Land...

Nach 8181 gefahrenen Kilometern und vor allem wegen der letzten Nacht am Faehrhafen war nicht mehr allzu grosses Interesse an groesseren Unternehmungen. So wurde es sich vielmehr im Garten von Kara und seiner Familie, die zahlen- und zuordnungsmaessig nicht wirklich zu durchschauen ist, bewohnten Residenz gemuetlich gemacht. Zwischen den von Mama Nema kredenzten koestlichen Speisen wurde vor allem Schlaf nachgeholt und endlich mal ordentlich relaxt. War nach dem letzten Tagen auch allerhoechste Eisenbahn. Unser temporaeres Heim ist die Butze von Karas Bruder, die mit auf dem Gelaende steht. dieser verweilt der Arbeit wegen diesen Winter in der kalten Schweiz, beste Gruesse und Dank unbekannter Weise also nach dorthin. Hier durften wir auch das erste mal seit langem wieder ein Televisionsgeraet unser eigen nennen, so dass der Abend bei nem kuehlen Bierchen und einer Reportage ueber BVB-Fans auf "Dubai-Sport" ausklang.

Tag 23
Mittwoch, 26.01.2011

Ich nehm es mal vorweg: Die naechsten Tage wuerden wenig berichtenswertes zu bieten haben, steht der Autoverkauf doch erst einmal im Mittelpunkt. In einem Land, in dem schon die einfachsten Besorgungen in stundenlange Odyseen ausaten, braucht so etwas eine Menge Zeit und vor allem Geduld, wie wir in den naechsten Tagen schmerzlich erfahren sollten. Bevor dahingehend ueberhaupt irgendetwas angegangen werden konnte, musste der Wagen erst einmal wieder zum laufen gebracht werden. Hierfuer wurde der Mechaniker um die Ecke bemueht, der hier einen staubigen Sandplatz und fuenf umherliegende Werkzeuge liebevoll "Werkstatt" nennt. Wer hier was reparieren lassen moechte, dem sei ans Herz gelegt, einen Wagenheber mit zu bringen, da der Kollege nicht ueber einen eigenen verfuegt (ganz zu schweigen von solcherlei Bloedsinn wie "Hebebuehne"). Wie schon erwartet, lag das Problem tatsaechlich an der Zulaufleitung fuer das Getriebeoel. Diese hatte ich in Deutschland schon fuer 20 Euro provisorisch mit einem Schlauch ueberbruecken lassen. Provisorisch, da eine neue Metallleitung mit kompliziertem Einbau ein Vermoegen gekostet haette. Hier in Birkama bastelten teils bis zu 7 Leute gleichzeitig an den Innereien vom Chef und flugs war auch eine neue Metallleitung angeschweist. Kostenpunkt (jetzt bitte festhalten): nicht ganz sieben Euro!

Der halbe Tag damit also schon wieder vorbei und da nicht mehr genuegend Zeit war fuer die noch benoetigten Behoerdengaenge in Banjul ging es statt dessen raus in Richtung Bakau, was in der naehe des Touristisch erschlossenen Kuestenstreifens "Senegambia" liegt. Hier wurden noch einmal 350 Dalasi investiert, um den Chef vom tonnenweise in jeder Ecke angesammelten Wuestensand befreien zu lassen. Ist ja durchaus nicht so verkaufsfoerdernd, wenn die Lackfarbe nicht mehr zu erkennen ist.

Noch ein kleines Beispiel fuer oben genannte These, was Zeit und Geduld in Afrika angeht gefaellig? Dann versucht doch mal in Birkama, immerhin der zweitgroessten Stadt des Landes, eure emails zu checken. Dazu braucht es natuerlich erst einmal Strom und den gibt es hier nur phasenweise. Als dann endlich wieder Saft da war, ging im Inet-Cafe 1 das Inet nicht (was aber keinen dazu veranlasste, das Ding dann halt einfach zu schliessen, da es ja so keinen Zweck erfuellt...), Nummer 2 hatte geschlossen, bei Nummer drei war man dann insoweit erfolgreich, als das sich nach jeweils 5-7 Minuten Wartezeit eine Webseite nach der anderen aufbaute. So bekommt man auch seine Tage rum.

Letzter Tagesordnungspunkt war dann noch ein kurzer Abstecher bei weiteren Familienangehoerigen Karas, die alle mal die weissen Gaeste bestaunen wollten. Nett sind sie ja alle, wenngleich ich mir bei der Masse an Kindern kaum mehr vorstellen kann, wie da jemand weis, welches Balg zu welchem Elternteil gehoert.

Tag 24
Donnerstag, 27.01.2011

Wenn dir ein Afrikaner sagt, dass um acht Uhr Abfahrt ist, dann reicht es vollkommend, wenn du dir um neun den Wecker stellst... Um 9.30h ging es dann los in Richtung Banjul. Zum einen ist es einzig in der Hauptstadt und im Touristenstreifen "Senegambia" moeglich, via Geldautomat und VISA-Card an Finanzmittel zu kommen. Zum anderen lief heute auch schon das auf drei Tage beschraenkte Passavante, also die Aufenthaltsgenehmigung fuer unser Auto aus. In der dritten Behoerde war man dann auch endlich richtig und fuer 150 Dalasi bekam man eine Verlaengerung bis zum 8.2.. Wenn man schon gerade im Verwaltungsdistrikt ist, dann kann man ja gleich an paar weitere Organisatorische Dinge regeln. So wurde noch die Botschaft Guineas angesteuert, die sich dann aber nicht mehr wie bis vor kurzem noch in Banjul selbst fand, sondern jetzt in einem nicht naeher gekennzeichnet Buero in einem noch weniger gekennzeichneten Plattenbau in Serekunda ihre Stempel verteilt. Auf Grund des angedachten Besuchs von Sierra Leone und eventuell Liberia, gepaart mit der Grenzschliessungen zur Elfenbeinkueste, wuerde eine zweifache Durchquerung Guineas noetig sein. Das dreimonatige Multi-Entry-Visum schlaegt dann auch mit dezenten 3.500 Dalasi, also fast 100 Euro, pro Person zu Buche. Wer nur einmal einreisen moechte, der kommt mit 2.000 Dalasi davon, hat dafuer aber auch nur einen Monat Zeit fuer seine Reise. Ein Haufen Asche also, dafuer war es aber die wohl einfachste Visumbeschaffung meines Lebens. Nahezu familiaer ging es in dem 10 Quadratmeter grossem Buero zu. Der Botschafter und sein Gehilfe duerfte dann wohl auch den kompletten Corp Diplomatique Guineas in Gambia darstellen. Unter Anleitung des Konsuls persoenlich wurde das Formular mehr als halbherzig (z.B.: Adresse in Guinea = Hotel) ausgefuellt und zehn Minuten spaeter hatte man einen Sticker mehr im Passport kleben. Das war ja einfach! Fuer die 200 gezahlten Euro bekam man dann sogar noch eine kleine Touristenbroschuerre in die Hand gedrueckt. Weltklasse dabei, dass man auf die wahrheitsgemaesse Verneinung der Frage, ob man franzoesisch verstehen wuerde, diese komplett auf franzoesisch verfasst ist. Gibt wohl keine in einer anderen Sprache, nur ist mir der Sinn der Frage dann nicht ganz klar geworden.

Der restliche Tag wurde damit zugebracht, die oertlichen Autoschieber ueber ein zu verkauf stehendes Vehikel zu informieren. Bei einem Startpreis von 120.000 Dalasi und einem Endpreis von 100.000 Dalasi zeigte man sich durchweg interessiert, die Geldscheine zueckte aber noch keiner. Vielmehr wurden fleissig Nummern ausgetauscht und Rueckrufe versprochen. Zurueck in Birkama dann glatt den ersten Interessenten getroffen, der das Ding auch tatsaechlich kaufen wollte. Leider lag seine Preisvorstellung von 60.000 Dalasi selbst unter dem Preis, den ich in Deutschland einst selber fuer die Kiste bezahlt hatte. Abwarten hiess also die Devise, wenngleich der heutige Tag in Sachen Autoverkauf und Interessenten durchaus positiv stimmte. Leider ein truegerisches Bild, wie sich in den naechsten Tagen noch abzeichnen sollte. So weit in der Materie der afrikanischen Kultur war man an diesem Tag allerdings noch nicht, so dass der Abend gemuetlich und frohen Mutes bei ein paar Bierchen ausklang.

Tag 25

Freitag, 28.01.2011

Um 9.30 Uhr hatte man soweit ausgeschlafen, um den Tag ganz gemuetlich bei Kaffee zu beginnen und sich erst einmal den Reisebuechern zu widmen. Die detalierte Grundplanung der Reise endete ja mehr oder minder mit Gambia, wo zwecks Autoverkauf ein laengerer Stopp eingeplant war. In Afrika ist es sinnlos, weite Zeit voraus zu planen, aendern sich hier doch die Verhaeltnisse in allen Bereichen teils mit Tageswechsel. Der Plan, wie es von hieraus weitergehen sollte, sobald alles erledigt ist, sollte also so langsam Formen annehmen. Das ganze in Verbindung mit Fussballspielen zu bringen ist hierzugegend aber nahezu unmoeglich, findet man so gut wie keine Informationen, zu welchen Zeiten in welchen Laendern Fussball gespielt wird, von Ansetzungen mal ganz abgesehen. Da muss man sich als Kicker-Matchkalender verwoehnter Neuzeithopper doch erst einmal daran gewoehnen. Um vielleicht doch ein paar neue Informationen zu finden, sollte nun eigentlich ein weiterer Versuch in Sachen Internetcafe gestartet werden. Soweit kam es aber gleich garnicht, wurde man alsgleich auch schon wieder von der Afrika eingeholt und in die Schranken verwiesen. Im muslimisch gepraegten Gambia stand naemlich das traditionelle Freitagsgebet an und damit auch ja keiner schwaenzt und derweil was anderes macht, wird einfach mal fuer eine gute Stunde die Durchfahrtsstrasse der Stadt gesperrt und der Verkehr damit zum erliegen gebracht. Immerhin hatte man zwei Tage zuvor schon am Stadion von Birkama zur aktuellen Lage aus fussballerischer Sicht erkundigt und leider wenig erfreuliches mitgeteilt bekommen, so pausiert die Fussballliga des Landes wohl noch bis mindestens Mitte Februar. Warum auch immer man in einem Land eine Winterpause braucht, in dem es mit 30 Grad Tagestemperatur in den Wintermonaten ja eigentlich noch am angenehmsten ist, wusste auch keiner. Immerhin wusste man aber von einem Testspiel, also besser als nichts.

Freitag, 28. Januar 2011 - 17.00h
Birkama United - Farato FC   1:0 (0:0)
Freundschaftsspiel   150 Zs.
Boxbar Stadium, Birkama (GAM), LP 67


Schon madig, nen Laenderpunkt mit nem Testspiel zu machen. Trotz allem war es ein 90 Minuetiges, ordentliches Fussballspiel in einem Erstligaground. Und fuer ein Spiel in Liga oder Pokal ist ja schliesslich noch genuegend Zeit hier in Gambia. Also widmen wir uns der Rahmenbedinungen. Birkama United spielt eigentlich in Liga eins, der Sportclub aus Farato eine Division darunter. Das Boxbarstadion ist das erste und bisher einzige Stadion mit Kunstrasen in Gambia und verfuegt ueber zwei sehr einfach gehaltene, kleine Betontribuenen auf einer der Laengsseite, dessen loechriges Wellblechdach die Zuschauer vor Regen, hier zu Gegend aber allen voran vor der Sonne schuetzt. Die anderen drei Seiten des Grounds sind nicht weiter ausgebaut. Damit auch keiner auf den Kunstrasenteppich latscht, der nichts darauf verloren hat, ist das komplette Spielfeld mit Maschendraht eingezaeunt. Wo es nur ab und an Strom gibt, da gibt eine Flutlichtanlage natuerlich keinen Sinn. So sind Abendspiele hier nicht moeglich. Das Spiel verfolgten dann 150 groesstenteils gelangweilte Jugendliche zumindest in den kurzen Phasen, in denen sie nicht damit beschaeftigt waren, den weissen Spielbesuchern einhergehend zu mustern. Das Spiel war qualitativ auf einem Niveau wie man es auch erwartet, wenn man in einem Land wie Gambia Fussball schaut. Der Klassenunterschied war nicht wirklich zu merken und so markierte ein Glueckstreffer den Sieg des Hausherren.

Zu Hause wartete auch schon das naechste Mahl auf den Hungrigen heimkehrer. Gleich zwei mal am Tag wird hier gekocht. Wer haette gedacht, dass man gerade in Afrika Gefahr laeuft, doch noch rund und dick zu werden. Um sich fuer die erbrachte Leistung aus der Kueche erkenntlich zu zeigen, hatte man heute auch mal siebzig Euro investiert, um gleich einen ganzen Stock an Grundnarungsmittel fuer die Family und ihren Gaesten zur Verfuegung zu stellen. Mit dem zwanzig Kilo Sack Reis hatte man es dann wohl doch ein wenig uebertrieben, so dass die Saettigungsbeilage fuer die kommenden Tage eher weniger Abwechslungsreich ausfiel. Da sonst nicht mehr viel passierte an diesem Freitag und man auch keinen grossen Elan fuer Party fand, schliesse ich die Tagesberichterstattung mal mit einer kleinen Randinfo ueber Gambia: So wurden der Verkehrssicherheit zu liebe einige neue Gesetze verabschiedet, wie zum Beispiel die Anschnallpflicht. Fuer eine Promillegrenze hat es bisher aber noch nicht gereicht. Warum sollte man auch nicht mehr Autofahren, wenn man voll wie ein Eimer ist. Kann doch nichts passieren, wo doch jetzt alle angeschnallt sind. Afrikanische Logik allez.

Tag 26
Samastag, 29.01.2011

Rund um Gambia herum liegt Senegal und in diesem Senegal wird an diesem Wochenende fleissig gegen den Ball getreten. Doof nur, dass man noch immer im Besitz eines Autos war, was eine Wiedereinreise in den Senegal erst einmal zu nichte machte. Der Chef macht seinen Namen alle Ehre und so galt es, aus der Gefangenschaft im Fussballfreien Gambia das beste zu machen. Mit dem Alternativprogramm "Den ganzen Tag am Strand rumgammeln" gelang das auch praechtig und war ne ganz prima Methode, einen 2:0-Glubbsieg gegen den HSV zu verbringen. Ausserdem war ja auch wirklich mal allerhoechste eisenbahn, ein bisschen plantschen zu gehen. Bei Tagestemperaturen ueber 30 Grad und dem nur 20 Autominuten entfernten und fast touristenfreien, da ein ganzes Stueck vom Senegambia-Strip entfernten Strand westlich von Birkama hatte man das bisher ja straeflich vernachlaessigt. Statt erhoftem Anruf von einem der vielen "Interessenten" gab es allerdings nur Meeresrauschen und irgendwann einen Kara, der total unerwartet mit nem Kumpel um die Ecke bog, um uns den zu Hause verpassten Mittagstisch direkt an den Strand zu liefern. Wer zum Kuckuck braucht schon All-inklusiv-Hotels...

Karras Neffe Paboy, der uns zum Strand begleitet hatte, gab noch aufschlussreichen Unterricht in Sachen Ueberlebenstraining am Afrikanischen Strand. Jetzt wissen wir auch, wie man am erfolgreichsten Krebse faengt und wie man rausfindet, welche man noch futtern kann und welche besser nicht mehr. Zu Hause lockte der TV mit der Uebertragung von gleich zwei Finals (Australian Open der Damen und Asia-Cup mit Japan vs Australien), was der Dorfdisse vorgezogen wurde. Der hoffentlich einzige Wochenbericht, dessen Samstag auf Grund Ermangelungs an Spielen so kurz ausfaellt.

Tag 27
Sonntag, 30.01.2011

Neun Uhr hiess es heute aufstehen, hatte man doch Sonntagliche Termine. Nein, nicht gambianische Bezirksoberliga, vielmehr ruft die Familie, wenn auch nicht die eigene. Karas x-ter Bruder wurde zum x-ten mal Vater und das soll gefeiert werden. Wie es die hiesige Tradition gebietet, gibt es etwa eine Woche nach Geburt ein grosses Fest mit Familie, Verwande, Bekannte und sonst noch allen, die man so auftreiben kann. Kulleju wird gefeirt, der Zeitpunkt, wenn das Neugeborene ihren respektive seinen Namen bekommt. Und wir waren zur allgemeinen Unterhaltung als Hauptattraktion gebucht... Vorhang auf:

Ultras Taufe war mit zwei Megaphonfrauen vertreten und supportete mit Melodien den neuen Namen, die uns aus Fussballstadien bisher voellig unbekannt waren. Waehrend des Supports zog der Mob auch quer durch die Menge und sammelte fleissig Geld, wohl fuer die Choreo beim naechsten Kulleju-Derby. Bier und Bratwurst als Verpflegung sucht man hier zwar vergebens, dafuer bekommt man als Intro einen mit Sauermilch angeruehrten Reisbrei serviert. In der Verlaengerung wurden noch zwei Ziegen geschlachtet, was ich direkt vom Plumsklo in der Mitte des Innenhofes aus beobachten durfte. Nach neunzig Minuten war fuer uns aber Aufbruch angesagt, langt ja schliesslich auch fuer den Ground und die Zeit wurde knapp, schliesslich stand heute ja ein Doppler an.

der Mangrovenground ist etwas kompliziert zu finden, gibt es zum einen sinnvoller Weise gleich zwei Ortschaften mit dem Namen "Lamin" in Gambia und zum anderen muss man, ist das Richtige Lamin gefunden, an einer unbeschilderten Sandstrasse rechts in eine andere unbeschilderte Sandstrasse abbiegen. Quer durch schwerstes Terrant erreichte man durch beste Bauleistungen aus dem Bremer Mercedeswerk aber doch noch die "Lamin Lodge", von wo aus man auf einer Piroque, einem etwas groesser geratenem Kanu, auf einem Seitenarm des Gambiarivers durch die Mangroven paddeln lassen kann. Der ganze Spass fuer uns zwei plus gleich drei Kapitaenen, die allerhand Interessantes zu erzaehlen wussten, dauerte eine gute Stunde und schlug mit 400 Dalasi zu Buche. In den Kurven wurden ein paar Affen (laut Annika handelt es sich hierbei um Meerkatzen, kenn mich in der Szene nicht so aus - man ergaenzt sich aber prima!) praesentiert, die Gaeste auf der Sandbank waren mit einem Falken und ein paar Krebsen vertreten. Merkt man eigentlich, dass ich auf fussballentzug bin? Ach, wo wir gerade bei Fussball sind: Nach Bakau wurde auch noch ein Abstecher gemacht, steht dort doch mit dem Independence Stadium das Nationalstadion des Landes.

Zurueck in Brikama musste sich unsereins heute mal selbst um Nahrung bemuehen, verweilte die Familie Kara ja noch bei der Zeremonie. Im ersten Restaurant war der Koch nicht da, dafuer wurde man auf dem Markt fuendig, wo fleissige Muetterchen ihre frisch gekochten Waren zu moderaten Preisen veraeussern. Zwei Mittagessen inklusive zwei Beutelchen Wasser fuer weniger als ein Euro, wenn man die hohen Grundnahrungsmittelpreise hier betrachtet, fragt man sich, wo da wohl der Gewinn bleibt. Oder wurde das Verzehrte eigenhaendig gefangen bzw. von der Strasse gekratzt? Was auch immer, lecker war es und Gedanken, was man da gerade ist und unter welchen hygenischen Rahmenbedinungen es hergestellt wurde, sollte man sich sowieso keine Gedanken machen.

Schlechte Nachrichten derweil in der weiteren Planung, sollte das fuer den 9.2. angepeilte Laenderpunkt-Schmankerl Guinea-Bissau ins Wasser fallen. Warum auch immer, hatte man das Testspiel gegen die Nationalauswahl Gambias nach Portugal verlegt. Die seit dem Millitaerputsch Mitte 2010 sehr fragile politische Lage des Landes koennte da durchaus eine Rolle gespielt haben, weswegen auch der Ligafussball dort sehr fraglich erscheint. So World Wide ist das Web dann auch wieder nicht, als dass man hier irgendwelche Anhaltspunkte diesbezueglich finden wuerde. Die Anrufe bei den zwei gefundenen Telefonnummern (GHI und FIFA) fuehrten trotz mehrfacher Versuche leider auch nicht zum gewuenschten Erfolg und betrachtet man die Anreiseschwierigkeiten durch die Casamance erscheint ein "blinder Versuch" auch wenig Attraktiv. Umplanen hies also die Devise, wenngleich das grosse Fragezeichen Autoverkauf und Ausreisebedinungen mit und ohne diesem leider wenig Spielraum liess. Das Laenderspiel Senegal vs Guinea in Dakar wurde trotzdem mal notiert. Der Abstecher in den Senegal klingt relativ sinnvoll, waere am darauffolgenden Wochenende mit dem Championsleaguespiel von Ports Authority dann auch der Laenderpunkt Gambia ordentlich erledigt. In wie fern man bis dahin jedoch den Chef zu einem sinnigen Preis verschachern konnte bzw. in wie weit eine Ausreise auch mit dem Verbleib des Autos in Gambia moeglich ist, bleibt herauszufinden. The African Way of life heisst die Losung und dieser besteht aus drei Dingen: Geduld, Geduld und Geduld. Wer nur annaehernd europaeisch effizientes Denken an den Tag legt, der verliert hier in kuerzester Zeit die Nerven. Bestes Beispiel, dass auch heute wieder nichts drin war mit Berichte schreiben, war zwischen Stromausfall und Stromausfall leider keine Internetverbindung moeglich. Bleibt zu hoffen, dass ich es allgemein irgendwie hinbekomme, noch halbwegs am Ball zu bleiben...

1. Februar 2011

7415 km fuer einen Laenderpunkt

Auf Grund der katastrophalen Internetverbindung hier ist es derzeit leider nicht moeglich, irgendwelche Bilder hochzuladen. Aus selbigen Grund habe ich gerade absolut keine Nerven mehr, den Text noch einmal durchzulesen, sodass mehr verbliebene Fehler als gewohnt zu finden sein werden. Ich hoffe, dass der Bericht trotz dessen noch halbwegs fluessig zu lesen ist. Ob und wann Bilder nachgereicht werden koennen, bleibt abzuwarten.
Wem es zu viel Text zu lesen ist, dem sei das Unterhaltungsmedium Fernsehen ans Herz gelegt. Allen anderen viel Spass beim Lesen von Woche 3.

Tag 14
Montag, 17.01.2011

Auch die Nacht am Campingplatz in Imsouane war durchaus wieder ein paar Grad zu kalt fuer angenehmes Schlummern, so dass sich nach endgueltigem erwachen um 8.30 Uhr erst einmal auf dem Autodach bequem gemacht und in der aufgehenden Sonne Waerme getankt wurde. Vom Camping aus hat man wirklich einen wunderbaren Blick auf die Bucht und in unserem Fall auf einem VW-T3-Buss direkt vor uns. Dessen besitzer, ein gemuetlicher Typ mitte 40, ueberwintert jedes Jahr in Marokko und kannte so ziemlich jede Strassenkreuzung auf der uns bevorstehenden Route. Also bestens mit Informationen versorgt ging es wieder auf die Strecke. Als ersten Stopp hatte man sich im voraus Taghazoute ausgesucht, was als wahrliches Wellenparadies in der Surferszene bekannt ist. Da die Jungs hier aber eher damit beschaeftigt waren, ihre braun gebrannten Bodys durch die Gegend zu tragen, als auf den Wellen zu reiten, ging es auch alsbald wieder weiter. Schon ein wenig komisch, wie die ganzen langhaarigen Surfertypen in enger Badeshort und nacktem Oberkoerper durch die Strassen eines Doerfchens latschen, in die einheimischen Muttis ganz nach den hiesigen gepflogenheiten komplett verschleiert durch die Gegend laufen. Diese Art Antianpassung und Ruecksichtslosigkeit von Touristen aus westlichen Laendern sollte sich der ein oder andere vielleicht einmal vor Augen halten, bevor ehr ein Buch darueber schreibt, wie unangepasst und wenig eingegliedert es doch ist, wenn eine dieser Muttis in Schland in der U-Bahn sitzt. Aber dafuer muesste man seinen Arsch ja mal vom Stuhl, respektive Thron, erheben und statt First Class Lufthansa auf die Mallediven im Urlaub authentische Erfahrungen anderwo sammeln. Da ist es dann wohl doch angenehmer, sich dem hochgestochenem Deutsch der Gebildeten und Gelehrten zu Bedienen und ueber fuenfhundert Seiten Statistiken zu erklaeren, die eigentlich keiner braucht, wenn er mit offenen Augen durchs Leben geht. Da der gute Tilo aber wohl eh nie meinen Bericht lesen wird, lassen wir das und kehren zurueck auf die Strasse.

Diese fuehrte uns weiter nach Agadir, auf dessen Umgebungsstrasse "Ait Melloul" liegt, seines Zeichens bekannt als DAS Ersatzteillager Suedmarokkos. Unser treuer "Chef" hatte ein kleines Problem in Form eines Risses in der Verteilerkapsel fuer das Kuehlwasser. Scheint ne Schwachstelle zu sein, hatte man das Ding ja erst in Deutschland austauschen lassen. Fuer 230 Dirham (zur Erinnerung 1 Euro = 10.8 Dirham) bekam man ein Neuteil inklusive Einbau und weiter gings. 120 km fuehrt die Nationalstrasse, die spaeter zur Transsaharatrasse wird, ein Stueck weit im Landesinneren bis Tiznit. Fuer uns ging es hier ab auf eine kleine Seitenstrasse zurueck an die Kueste nach Aglu Plage, um dem dortigen Kuestenstrassenabschnitt 70km in den Sueden bis Sidi Ifni zu folgen. 17.30h war dieses gemuetliche Kuestenstaedtchen und damit unser heutiges Etappenziel noch vor Anbruch der Daemmerung erreicht. Gleich zwei Campingplaetze stehen hier zur Auswahl, waehrend der am Stadteingang ganz klar den Zuschlag erhielt. Schoener Stellplatz unweit vom Strand, saubere Duschen und WCs und auch noch Verhandlungsmoeglichkeit, so dass man bei 40 Dirham fuer die Nacht durchaus zufrieden war. In die Stadt selber sind es dann auch nur zehn Minuten und der Fussmarsch lohnt sich. Sidi Ifni ist nicht nur absolut relaxt und Touris wie wir werden absolut in Ruhe gelassen (nicht einen HMF(=Hello my friend)-Typen getroffen), sondern auch noch super preiswert. Auf dem Platz vorm Fischmarkt gab es so frisch zwei gefangene Doraden fuer 25 Dirham fuer Annika, waehrend ich bei der grossen Fisch- und Meeresfruechteplatte fuer 35 Dirham nicht nein sagen koennte. Wem der gute alte Knigge aber ans Herz gewachsen ist, fuer den ist die Gegend hier wohl eher nichts, liegt das Essbesteck nicht etwa neben dem Teller sonder haengt vielmehr in Zehnfacher ausfuehrung an den eigenen Haenden. Noch mal fix ins Internet (nahezu einheitliche Preise in Marokko: 6 Dirham die Stunde), zwei schicke Sonnenbrillen fuer 60 Dirham abgestaubt, war mangels Alternativen gegen 23 Uhr auch schon Bettruhe angesagt.

Tag 15
Dienstag, 18.01.2011

Nach den ganzen Tagen auf Strecke und Campingplaetzen sollte heute mal ein Tag ohne Kilometervernichtung vergehen. Da Sidi Ifni ein relaxtes Plaetzchen zum Verweilen scheint und wir auch ein paar Organisatorische Dinge, allen voran ausgiebig Internet zwecks weiterer Planung und Berichterstattung, zu verrichten hatten, sollte der Campingplatz hier eine zweite Nacht beehrt werden. Und da es an solcherleit Tage ja nicht allzuviel zu berichten gibt, fassen wir uns kurz.

Die Naechte hier sind weiterhin recht kuehl, tagsueber klettert das Termometer dann aber auch schon mal auf 28 Grad. Der Strand ist recht nett, auf Grund der hohen Wellen aber wohl eher zum Surfen als zum Baden geeignet. Das Autodach ist ein perfekter Ort zum picknicken, auch wenn man dabei argwoehnisch von den franzoesischen Touris aus ihren Luxus-Wohnmobilen beaeugt wird. Ein viertel Haehnchen in Currymarinade mit Pommes und Salat kostet 20 Dirham. Ein Bier dagegen kann man in Sidi Ifni nicht kaufen. So, dass duerfte alles wissenswerte gewesen sein. Und nein, wir sind keine Kulturbanausen, vielmehr gibt es in diesem Staedchen, mal abgesehen vom Fischmarkt vielleicht, schlichtweg keine Sehenswuerdigkeit. Gute Nacht!

Tag 16
Mittwoch, 19.01.2011

Um 8.30h war dann Abfahrt, nicht ohne vorher noch einmal die Wasservorraete auf 35 Liter aufzustocken, sollte es heute doch endlich so richitg in die Lebensfeindlichen Gebiete der groessten Trockewueste der Welt gehen. Dafuer muss man ab hier erst einmal wieder 60km Landeinwaerts nach Guelmim. Die Kuestenstrasse am traumhaften Strand von Plage Blance entlang, soll derzeit wohl gebaut werden, bisher ist das allerdings nur unmarkierte Piste am Strand entlang. Nichts fuer unseren Mercy also. Von Guelmim aus geht es dann ab auf die beruehmtberuechtigte Transsaharastasse, die Seit ein paar Jahren bis auf die Ausnahme des 5km breiten Niemanslandes zwischen Marokko und Mauretanien, komplett geteert ist. In Guelmim trifft sich also alles, was einmal im Leben auf dieser Strasse durch die Wueste will. Bester Wirth fuer den Hello-my-friend-Virus (kurz: HMF-Virus). Auf der Suche nach dem oertlichen Supermarkt zum Zwecke der Aufstocken der Lebensmittel im Falle eines worst case irgendwo in der Wueste, durfte man also vorbei an allerhand Selbsternannter Freunde und das "How are you?", "From where you are?" und "I am Turistguid, I help you, my friend" klingelte nur so in den Ohren. Waehrend Annika sich im Wagen einschloss, um diesen durch die ihre blosse Anwesenheit gegen Langfinger und Lungerer zu verteidigen, erledigte ich im Schnelldurchgang alle Besorgungen und nichts wie raus aus dem Chaos. Nicht ohne noch auf den Sonderpreis ("special price only for you my friend") fuer ein Kilo gruenen Tee angelabert zu werden. Ja sehe ich denn so aus, als koennte ich nen Kilo Tee gebrauchen?

Kaum die Stadt hintersich gelassen, folgt mit 220 km langer, absoluter Leere das krasse Gegenstueck zum HMF-Mekka Guelmim. Wer jetzt Bilder von Sandduenen im Kopf hat, dem sei gesagt, dass der Anteil der Sandwueste in der Sahara bei lediglich 20 Prozent liegt (was immerhin noch die Groesse von 5 mal Deutschland ist). Der Rest ist groesstenteils Steppe und Stein- & Geroellwueste. So auch das genannte Stueck, bis sich aus dem unendlich erscheinenden Horizont zwei grosse, weisse Kamele aus Stein erheben. Diese gut fuenf Meter hohen Skulpturen stellen das Statttor von Tantan da, der Stadt mit dem wohl bekanntesten Stoppschild der Welt. Man muss nicht lange suchen im Internet und nicht viele Berichte ueber Reisen durch die Sahara lesen. Das genannte Stopschild steht mitten in einem Kreisverkehr (also nicht bei dessen Einfahrt, sondern im Kreis selbst) und dient wohl einzig der dahinter wartenden Polizei zur Aufbesserung des Gehalts. Also brav den Wagen zum Stehen gebracht, einmal nett zu den Beamten ruebergewunken und weiter konnte es gehen ohne ueber eine Minimierung der eigenen Devisen beklagen zu muessen.

Kaum aus der Stadt raus, geht es dahinter wieder so weiter wie vorher. Auf den folgenden 260 km Nichts werden aus Streucher Grasbueschel und irgendwann werden diese von immer groesser werdenden Wanderduehnen verschluckt. Diese Wanderduehnen sind der groesste Feind der Transsaharastrecke, werden diese vom Wind stetig wieder abgetragen und formieren sich wo anders neu und da Naturgewalten selten auf Strassenfuehrungen achten, wird die Strasse dann schon einmal von einer solchen verschluckt. Mit Bulldozern, die hier dann fungieren wie bei uns zu Hause der Schneeraeumer bei Schneewehen, wird unermuedlich am Erhalt der Fahrbarkeit gearbeitet. Doch das Glueck war auf unserer Seite. Ein Sandsturm, wie er in dieser Jahreszeit durchaus ueblich ist, blieb uns ersparrt. So blieb uns auch der atemberaubende Ausblick auf die mitten im Wuestensand liegende Meereszunge "Foum Agoutir" hinter der Wuestensiedlung Sidi Akhfennir nicht vermehrt. Im seichten Gewaesser darf man dort dann freilebende Flamingos bestaunen, die im uebrigen genauso wie ihre Artgenossen im Hagenbecks Tierpark auf einem Bein durch die Gegend stehen und mit Nichtstun glaenzen.

Wer uebrigens denkt, in der Wuese sei er vollkommend alleine und einsam, der irrt. Immer wieder faehrt man an Wohnwagensiedlungen vorbei, deren Nummernschilder zu 90% eine Herkunft aus Frankreich verraten. Der Franzmann ansich faehrt halt nur da hin in den Urlaub, wo er seinen Kaudrawelsch sprechen kann. Jedem das seine...

50 km noerdlich von Tarfaya, der letzten Stadt vor der innoffiziellen Grenze zum Gebiet der Westsahara, erreicht die Transsahara wieder die Kueste und einsame Straende laden zum verweilen ein. Teils wirklich grossartige Bilder die man dort sehen kann. Fuer den wahren Eindruck muss man einfach einmal vor Ort gewesen sein. Keine Beschreibung und kein Foto kann diese unendliche Weite und das unwirklich erscheinende Zusammenspiel von Wasser und Wueste vermitteln. Das Tagesziel Tarfaya war dann um 16 Uhr erreicht und nach kurzer Orientierung erhielt das Hotel "Casamar" nahe der Einfahrt zum Hafengelaende den Zuschlag. Nach vier Naechten im Auto durfte es heute mal wieder eine weiche Matraze sein und bei 110 Dirham fuer ein sauberes Doppelzimmer mit Warmwasserdusche und Sitzklo auf dem Gang kann man ja nicht meckern. Wie wir spaeter rausfanden, gibt es hier wohl schon Uebernachtungsmoelgichkeiten ab 60 Dirham, 5 Euro die Nacht pro Person sind aber wohl auch zu verkraften.

Im oertlichen Internetcafe war die Leitung zwar nicht stabil genung fuer den Livestream von Radio F, via Kicker-Ticker konnte dennoch der 2:0-Erfolg des Ruhmreichen in Offenbach verfolgt werden. Wieder zurueck am Hotel traf man auf Habib, seines Zeichens einziger Reporter in der Wuestenstadt und Sohn des Polizeichefs - wie praktisch! Dieser wollte dann ausnahmsweise mal nichts verkaufen, sondern zeigte aus reiner Gastfreundlichkeit den Gehemtipp fuer ein spaetes Abendessen. zwei Portionen a zwei Doraden, Salat, zwei Cola und weil es so lecker war noch eine Portion Sardinen zum Nachtisch fuer 58 Dirham. Da darf dann wohl mal von einem echten Schnapper gesprochen werden. Der Einladung zum Tee in der Bar nebenan wurden solange Folge geleiset, bis man auf Grund von Herzrassens (echt n hartes Gebraeu was die Jungs hier aufsetzen, da haelt kein Espresso mit!) abbrach. Trotz allem fiel es nicht sonderlich schwer, sich bereits um 22 Uhr in der Horrizontal wiederzufinden.

Tag 17
Donnerstag, 20.01.2011

Frueh genug war man so wieder auf den Beinen und einer Abfahrt um acht Uhr stand nichts im Wege. Nunja, mal abgesehen vom Nachtwaechter, der fuer das Parken vorm Hotel urploetzlich zehn Dirham vorderte. Zum einen hasse ich es, wenn Geldvorderungen erst im nachhinein gestellt werden, ohne vorher darueber zu informieren, zum anderen ist frueh morgens auch der strategisch unguenstigste Moment, mir auf die Nerven zu gehen. Wieder auf der Transsahara erreichte man alsbald das Terretorium der Westsahara, fruehere Spanische Kolonie und mittlerweile unter der Besetzung der Marokkaner. Die Bewegung der Polisario, die fuer ein unabhaengiges und von den Saharauis selbst regiertes Land einstehen, sind mittlerweile ueber die Grenzen hinaus nach Mali gedraengt worden, wo ein ueber zweitausend Kilometer langer, vermienter Wall, geschuetzt von Millitaeranlagen in jeweiliger Sichtweite zueinander, diese von der Rueckkehr nach Westsahara abhaelt. Ein perfekter Naehrboden fuer Extremisten wie Al Qaida, die hier in Form der Al Qaida im Maghreb auesserst aktiv ist. In der Westsahara selbst haben diese aber kaum Spielraum, ist das Gebiet wie oben beschrieben ja nahezu abgeschirmt und Polizeicheckpoints an jeder Milchkanne obligatorisch. Wer hier in Westsahara das Sagen hat, zeigte Marokko der Welt kurz vor Weihnachten letzten Jahres, als ein Zeltlager von 20.000 Aktivisten vor den Toren der innofiziellen Hauptstadt Laayoune vom marokkanischen Millitaer dem Erdboden gleich gemacht wurde. Einen Monat spaeter ist wieder das ganz normale Leben eingekehrt in Laayoune und die restliche Westsahara lebst sowieso friedlich vor sich hin, gibt ja schliesslich kaum nennenswerte weitere Staedte in der Oedniss der Wueste. Die zahllosen Polizeicheckpoints moegen auf dem ersten Blick ja nervig erscheinen, waren aber ausnahmslos freundlich und unkompliziert und dienen letzten Endes ja auch der Reisesicherheit. Nichts desto trotz schreibt das Auswaertigen Amt in seiner Reisewarnung ueber die Westsahara so, als waere das gebiet ein von zahlreichen Warlords anarchistisches Gebiet ohne jedliche Ueberlebenschance. Ist da jemanden eventuell die diplomatische Hilfe aus dem fernen Rabat zu aufwendig?

Wir begegneten ein offensichtlich friedliches Land mit freundlichen Menschen wie Polizisten, wenn gleich die Tatsache, dass jeder Dritte in Laayoune in Millitaeruniform herumlaeuft, sicherlich irritierend erscheint. Die Besichtigung des Stadions von Jeunesse Sportiv d'El Massira, dem einzigen Verein aus Westsahara und damit dem suedlichst gelegenen Stadions der Marokkanischen Liga, stand nichts im Wege. 150km weiter suedlich quer durch die Wueste erreichten wir Bojdour und damit der wohl geilsten Polizeikontrolle meines Lebens. Auf meinen bisherigen Reisen bin ich unzaehlige Male kontrolliert worden, mit einem plus aus der Sache rausgegangen war ich bisher noch nicht. Dem Oberpolizeimeister am Kontrollhaeuschen scheint wohl langweilig zu sein, so dass er fuer ordentlich Entertaiment sorgt, waehrend sein Gehilfe alle Daten in ein dickes Buch eintraegt, das ja sowieso nie wieder jemand lesen wird. Nebst vier Glaeschen Tee gab es fuer Annika einen Ring, wenn auch Marke Kaugummiautomat, und fuer mich nen Apfel fuer die gute Weiterreise. Wie geil ist das denn bitteschoen?

Die weiteren 300 Wuestenkilometer bis Dakhla, der letzten Stadt vor der Grenze nach Mauretanien, sind gesaeumt von weiteren Polizeicheckpoints, meist reichte ein Blick in den Passport, zwei mal wurden auch die Fahrzeugpapiere kontroliert, einmal war ein laengerer Stop fuer ein weiteres dickes Buch noetig. Um 16.30 Uhr war dann das Etappenziel erreicht. Dakhla liegt auf einer Landzunge und somit umgeben von den unendlichen Weiten des Meeres auf der einen Seite und den nicht kleiner erscheinenden Weiten der Wueste. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese einsam gelegene Siedlung aus ein paar Beduinenzelte besteht. Ist man erst einmal in der Stadt, vergisst man schnell, dass man eigentlich mitten in der Wueste ist. Die Springbrunnen an den Kreisverkehren sind natuerlich ein dekadenter Ausdruck der Stadt, wie hier der Wueste getrotzt wird. Bis 2008 war Dakhla noch der grosse Anlaufpunkt aller Afrikareisender, war bis dahin die Weiterfahrt bis Nouadhibou in Mauretanien nur in einem Millitaerkonvoi moeglich, der hier zusammengestellt wurde. Diese Notwendigkeit ist mit der verbesserten Sicherheitslage im Grenzgebiet allerdings nicht laenger vorhanden, sodass man theoretisch weder Dakhla noch Nouadhibou anfahren muss. Die Alternative Uebernachtungsmoeglichkeit irgendwo in der Pampa erschien uns dann aber doch nicht als so sicher, so dass hier nach einer Uebernachtungsmoeglichkeit gesucht wurde. Das "Stadtzentrum" ist gesaeumt von guenstigen Unterkuenften, die noch aus den Zeiten vor 2008 herruehren, mittlerweile aber weniger bis kaum mehr genutzt werden und dementsprechend heruntergekommen sind. Der Lonely Planet Tipp "Auberge Sahara" ist der allerletzte Rotz. Letzten Endes schlugen wir unsere Zelte im ein paar Kilometer vor den Stadttoren gelegenen Campingplatz auf, der hier von einem schwer Bekifften Typen in unnachahmlichen Hippie-Style gefuehrt wird. Da der Magen knurrte, ging es dann doch noch einmal zurueck in die "City", wo das 10-Dirham-Sandwich aufgrund verwendeter Innereien als Fuellung nicht ueberzeugen konnte. Eine Strasse wieter wurde man fuer sechs Dirham pro Spiess Kamelfleisch aber gluecklich. Schmeckt echt nicht schlecht, das Tier!

Im Internetcafe wurden noch fix ein paar CS-Anfragen fuer Nouakchott verschickt und zurueck ging es auf unser neues Kleinod, wo die Ursache von ein paar total vollgesoffenen Franzmaennern gesucht und gefunden wurde. Der Kollege Campingplatzbesitzer hatte einen beachtlichen Vorrat Bier fuer den Schwarzmarkt gebunkert. Morgen sollte es ja nach Mauretanien gehen, wo Alkohol in jeglicher Form komplett verboten ist, sei es Verkauf, Besitz oder Konsum. Grund genug, fuer ein letztes Bierchen 40 Dirham zu opfern und dafuer eine 0.5l-Dose Graefenwalder Starkbier zu bekommen, die nebst 22 Grad Temperatur auch 7,9 Umdrehungen zu bieten hatte. Da langt dann auch eine Dose...

Tag 18
Freitag, 21.01.2011

Laut nicht bestaetigter Informationen, sollte der marokkansiche Grenzposten zwischen 12 und 15 Uhr geschlossen sein, also war frueher Aufbruch angesagt. 6.30 Uhr klingelte also der Wecker und als es eine Stunde spaeter los gehen sollte, war weit und breit noch kein Angestellter des Campingplatzes zu sehen. Gezahlt hatte man bisher weder die 70 vereinbarten Dirham fuer die Uebernachtung, noch die 40 Dirham fuer das letzte Dosenbier fuer die naechste Zeit. Ganz ohne Abhauen wollte dann selbst ich Sparrfuchs nicht, waren die Kameraden hier ja ganz nett, da aber keiner zum Verhandeln da war, verhandelte ich mit mir selbst den Preis, steckte drei Zwanziger an die Tuer und ab dafuer. 350km geradeaus durch absolute Monotonie sind es bis zum mitten im Nirgendwo gelegenem Grenzposten. Vorher noch einmal von der Steuerfreiheit in Westsahara profietiert und alle Kapazitaeten vollgetankt. Bei 0,63 Euro fuer den Liter Super ja auch durchaus sinnvoll. Zu empfehlen ist ein Tanken in der Tankstelle 50km vor der Grenze. Zwar gibt es direkt am Grenzposten noch einmal eine Tankstelle, dass Tankstellen aber durchaus mal auf dem trockenen liegen, ist hier zu Gegend aber nicht selten.

Die Grenze war um kurz vor Zwoelf erreicht, wurde aber auch waehrend der Mittagsstunden nicht geschlossen. Die letzten Dirham in Zigaretten und Suesskram getauscht, konnte der Tanz beginnen. Vorhang auf fuer die Ausreise Marokko, Einreise Mauretanien. Die knapp fuenfstuendige Grenzprozedur in kurzer Zusammenfassung: Am ersten Schlagbaum reingewunken, war bei Kontrolle zwei (Ausreisestempel am Fenster holen) auch schon wieder Schluss, da ein roter Zettel fehlte, der bei Kontrolle eins erhaeltlich ist. Also zurueck gedackelt, haetten die Kammeraden hier gerne Geld oder Geschenke gesehen fuer die Aushaendigung des Zettels. Bei naechsten mal vielleicht, Freunde, wenn ich das Ding gleich bekomme und mir den Weg sparre. Mit Zettel dann Stempel an Kontrolle 2, weiter zu Nummer 3 ins Zollbuero zwecks Austragung des Autos aus Computer und Pass. Gruener Zettel von Einreise fuer die, der Weise mit Stempel von denen fuer mich. Stopp Nummer 3 und Nummer 4 guckte, ob man bis dahin alles richtig gemacht hatte, Nummer 5 traegt dann den ganzen Rotz handschriftlich in ein Buch und da der Schreiberling dabei gleichzeitig mit Zigarette rauchen und Tee trinken beschaeftigt ist, darf der noch auf Winter eignestellte Koerper einen bitteren Kampf mit der unerbitterlich vom Himmel brennenden Mittagssonne der Sahara fuehren. Kontrolle Nummer 6 schaut dann auch nochmal, ob alles passt und man wird entlassen in das ca. 5km breite Niemansland und da es niemanden gehoert, fuehlt sich auch niemand dafuer zustaendig. Soll heissen, hier gibt es keine Strassen, keine Markierungen dafuer ueberall Mienen. Leider sieht man von hier aus auch nicht den Grenzposten Mauretaniens, so dass man sich den Weg anhand der Reifenspurren zu suchen. Schliesslich kann man davon ausgehen, dass ueberall dort keine Miene ist, wo schon mal ein Wagen druebergerollt war. Die Theorie war dann mal wieder einfacher als die Praxis, fuehrten Wagenspuren in die verschiedensten Richtungen und gabelten sich staendig. Das war eindeutig eine zu heisse Nummer, also wurde ein wenig rumgestanden, bis ein LKW an einem vorbeidonnerte. Diesem also hinterher, der muss es ja wissen wie der Hase laueft. Wusste er auch und so kam man in der Schlange zum naechsten Grenzposten in einem Stueck an.

Im Niemandsland schon mal Geld gewechselt zu 1 Euro = 360 UM, besserer Kurs als in den Wechselstuben, die nur 330 UM geben. Dafuer muss man sein Geld gut verstecken, da die Einfuehrung von UM nach Mauretanien verboten ist. Alles fertig also fuer den zweiten Akt. Nachdem man ungefaehr siebzehn mal angewiesen wurde. den Wagen um jeweils 10 - 30 cm zu versetzen, wurde endlich einlass gewaehrt und die Einreiseprozedur durfte beginnen. Schon witzig wenn man bedenkt, wie in Deutschen Aemtern alles genaustens beschrieben, mit Pfeilen und Nummern versehen und dann fuer alle analphabethen auch noch alles unterschiedlich farblich markiert ist, waehrend man hier eine beliebeige Anhauefung von Huettchen und Haeuschen vorfindet und man erst erraten oder erfragen muss, was hinter der Tuer liegt und ob man da auch noch hinmuss. Da stellt sich ernsthaft mal die Frage, welche Volksgruppe doefer ist. Kurz vorm Jahreswechsel auf der KFZ-Zulassungsstelle sass neben mir eine Familie Marke drei Kinder, Hund, Baum, Eigenheim und Papa war am schimpfen wie ein Rohrspatz, weil er erst nach einer halen Stunde merkte, dass er mit der Wartenummer fuer den rote Bereich im Warteraum fuer den gelben Bereich sass. Da waren dann natuerlich alle anderen Schuld, was ja auch verstaendlich ist, wer gibt denn schon gerne zu, dass er selbst fuer die richtige Zuordnung von Farben zu bloed ist. Zu mindest in organisatorischen Dingen scheint der Afrikaner hier die Oberhand zu haben, laueft trotz fehlender Ausschilderung alles ganz relaxt ab. Und so wirds gemacht (in Klammern die "Kosten", die in den meisten Faellen von Geldvorderungen auf kleine Geschenke umgewandelt werden konnten.): Tuer 1 ist gleich n Volltreffer, gibt es hier das Formular fuer den Einreisestempel nach Eintragung in ein Buch (2 Kugelschreiber), wieder draussen machte sich auch schon jemand vom Zoll ans Autodurchsuchen (Fuer Beschleunigung des Vorgangs: eine halbe Packung Magnesiumtabletten); Haus 2 Tuer 1 war falsch, da man keinen LKW dabei hatte, auf Tuer 2 verwiesen wo zu Tuer 3 begleitet wurde um das Auto einzutragenl; zurueck zu Tuer zwei zwecks Ausfuellen einer Ehrenerklaerung, dass man nicht vor hat, das Auto zu verkaufen (offizielle Gebuehr mit Quittung: 10 Euro + innofiziell ohne Quittung: 1 Kugelschreiber); Haus 3 Tuer eins = Klo, Tuer 2 = Einreisestempel mit dem Formular von Haus 1 Tuer 1 (umsonst), dann Kontrolle am Schlagbaum bevor Haus 4 Tuer 2 der Ort ist, wo es die KFZ-Versicherung gibt, die zwar mit ziemlicher Sicherheit nie irgendetwas bezahlen wuerde, aber schlichtweg von noeten ist, um das Auto in Mauretanien bewegen zu duerfen (3.000UM fuer 10 Tage). Das wars dann auch schon. Kann sich noch irgendjemand an Asterix erobert Rom erinnern, die Szene, wo die zwei beruehmtesten Gallier der Welt einen Antrag auf ein Antragsformular besorgen muessen - live ist das mindestens genauso geil - hehe...

Da die fuenfstuendige Grenzueberquerung aus etwa viereinhalb Stunden Warten bestand, geht es nahezu familier zu, ja, da lernt man allerhand Leute kennen. So auch Siggi, der einen auf die Hamburger Kennzeichen ansprach und wenig spaeter temporaerer Mitfahrer bei uns sein sollte. Siggi beschaeftigt sich sei nunmehr 20 Jahren mit Reisen quer durch Afrika und hatte daher ein unschaetzbares Wissen zu bieten. Und da dieser derzeit als Anhalter unterwegs mit ein paar Luxemburger ist, diese ihm aber zu schnell durch die Gegend heizen, konnte der Deal "Profitieren von seiner Erfahrung im Austausch zu Mitfahrgelegenheit" klar gemacht werden.

Auf Grund der Aktivitaeten von Al Qaida im Maghreb hier in Mauretanien warnt das Auswaertige Amt derzeit vor "nicht unbedingt notwendigen Reisen" dorthin. Darf man das so verstehen, dass unbedingt notwendige Reisen also sicherer sind? Wie auch immer, auch am AA wird nur mit Wasser gekocht. Nachtfahrten sollte man dann aber wohl doch besser vermeiden, man muss es ja nicht darauf ankommen lassen. Also ging es zwecks Nachtlager nur noch bis auf einer weiteren Halbinsel gelegenen Nouadhibou. Das einzige was es hier zu sehen gibt ist dann wohl der Eisenerzzug, der nach 24 Stuendiger Fahrt einmal pro Tag aus dem Landesinneren kommt, um das abgebaute Erz zum Hafen zu bringen. Dieser Zug wird von gleich drei Loks gezogen und ist mit einer Laenge von bis zu vier Kilometern (!) der laengste Zug der Welt. Manchmal braucht es eben auch ein bisschen Glueck, so wurde eben dieser Zug auf der Strecke nach Nouadhibou ueberholt, um wenig spaeter einen Stopp an den Bahngleisen zu machen. Schon beeindruckend, wenn der ganze Boden am beben ist, wenn dieses Ungetuem an einem vorbeizuckelt. Wer uebrigens mal vorhat, ins Landesinnere von Mali zu reisen, der kann das hier auf einem der Gueterwagoons sozusagen als blinder Passagier und ganz um sonst.

In Nouadhibou gibt es einen kleinen Campingplatz, der gut gesichert mitten in der Stadt Platz fuer ungefaehr fuenf Autos bietet. Fuer 2000 UM pro Person kann hier somit sicher genaechtigt werden. Der restliche Abend wurde mit gemeinsamen Kartenstudium verbracht und allerhand interessante Informationen von Siggi aufgesogen, bevor es gegen halb elf fuer uns zwei ins Auto und fuer unseren Passagier ins Zelt ging, schliesslich sollte es morgen wieder frueh rausgehen.

Tag 19
Samstag, 22.01.2011

Wer durch Mauretanien faehrt, der sollte einen uepigen Vorrat an Fiches (spricht man "Fische") dabei haben. Das sind im Internet besorgbare Vordrucke, auf denen man saemtliche relevante Daten aus Pass und Fahrzeugpapiere eintraegt. Diese gibt man dann einfach an den unzaehligen Polizei-Checkpoints entlang der Strecke ab, was ungemein Zeit ersparrt. Um das ganze noch ein wenig zu beschleunigen, ist es nicht verkehrt, ein kleines "Geschenk" dabei zu haben um das Wohlwollen der Beamten zu geniesen. So wurde nach Abfahrt um 6.30h auch gleich mal an der naechsten Baeckerei halt gemacht und zwei Dutzend Baquetts gekauft, die von den Polizisten an den Checkpoints mitten im Nirgendwo gerne entgegen genommen werden. Auch wenn die staendigen Stopps nervig erscheinen, so dienen sie letzten Endes doch der Sicherheit der Reisenden. So kann anhand der Eintragungen an den Checkpoints im Falle eines Falles (sprich z.B. einer Entfuehrung) ziemlich schnell ein Bewegungsprofil erstellt und somit herausgefunden werden, an welchem Punkt sich die Spur verliert. Trotz der gegenwaertigen Gefahren sollte man nicht ausser acht lassen, das saemtliche Entfuerhungen in dieser Gegenden aus Fehlern von ein paar Unverbesserlichen resultierten, die sich zu sehr in Sicherheit waehnten. Als Beispiel der Entfuerhung zweier Franzosen im vergangenen Jahr: Diese waren als "Missionare" fuer die katholische Kirche unterwegs, was in einem streng Muslimischen Land ja schon mal eine Sache fuer sich ist. Wenn man dann seinen Camper auch noch irgendwo im Nirgendwo zwischen den zwei einzigen Staedten Nouadhibou und Nouakchott aufstellt, draussen den Satelittenschuesse aufstellt um sich bei eingeschmugeltem Bier und Wein halb besoffen die Sportschau reinzuziehen, dann braucht man sich meiner Meinung nach nicht gross wundern, wenn was passiert. Soweit man die 465 km zwischen den zwei Staedten allerdings nur als Transit, tagsueber und ohne lange Stopps durchfaehrt, ist man aber absolut sicher. Selbst wenn Al Qaida so gute Augen hat, um die Insassen eines mit 120km/h vorbeidonnernden Gefaehrts als potentiell interessante Entfuehrungsopfer einstufen zu koennen, so schnell koennen auch die sich nicht orgnisieren umd einen zum stoppen zu bringen, noch dazu irgendwo ausserhalb der Sichtweite von Polizisten und Checkpoints die ja allgegenwertig entlang der Strasse aufpassen und versuchen, den fuer das Land durchaus wichtigen Transit-Tourismus zu sichern.

Da der Mercedes hielt, was er verspricht, war nichts von dem Zeitpuffer noetig, den man sich zu zusaetzlichen Sicherheit aufgebaut hatte und zur besten Mittagszeit war man in der 1 Millionen Einwohnerstarken Hauptstadt Mauretaniens angekommen. Am noerdlichen Ende der Stadt fand man mit der Auberge Sahara (irgendwie heisst jeder zweite Schuppen auf der Reise so, faellt mir gerade auf) einen sicheren Stellplatz fuer den Chef und eine dem Zweck erfuellende Schlafgelegenheit im 2-Mann-Beduinenzelt auf dem Dach der Herberge fuer zusammen 3.600 UM. Wer es ein wenig konfortabler haben moechte, kann sich fuer 8.000 UM hier auch ein Doppelzimmer rauslassen. Wenn man ohne eigenem Fahrzeug hier ist und etwas mehr im Zentrum wohnen moechte, fuer den sei noch die Auberge Pinar erwaehnt. Pro Person werden hier im Gruppenschlafzelt 2.000 UM berechnet.

Alles gerichtet also, um die Tagesaufgabe anzugehen, die da den ersten Laenderpunkt auf der Reise versprach. Fuer Ligafussball in einem Land, das auf der FIFA-Weltrangliste Platz 176 einnimmt, interessiert sich freilich so gut wie keiner. Der erste Weg fuehrte ins Stade Olimpique, dem Nationalstadion des Landes. Die Hoffnung, hier wuerde heute gekickt werden, wurde vom Sicherheitsmockel am Stadion aber jaeh zu nichte gemacht, verwies dieser lediglich auf das Championsleaguespiel am 29.1.. Also versuchten wir uns in der Auberge schlau zu machen, mit weniger Erfolg, gab es lediglich eine Wegbeschreibung zu einem Platz, wo Zitat: "Leute Fussball spielen.". Nun ja, nicht die beste Information, aber vielleicht weis man dort mehr. Eine knappe Stunde Fussmarsch durch die unerbittliche Wuestensonne spaeter, schickte man uns dort wieder zurueck zum Stade Olimpique, wo heute entweder um drei, vier oder fuenf Uhr gespielt werden soll. Argh, was ein Land. Diesmal nen knappen Euro fuer den Taxilaenderpunkt investiert, sah mit unserem erneuten Eintreffen am Stadion ploetzlich doch alles nach einem baldigen Fussballspiel aus und siehe da, um 15 Uhr war dann Anpfiff in Mauretaniens neuer Semiprofessionellen Liga:

Samstag, 22. Januar 2011 - 15.00h
FC Police - FC Nouadhibou 0:1 (0:0)
1. Liga Mauretanien - 250 Zs.
Stade Olympique, Nouakchott (XXX), LP 66

Am 24.12.2010 startete man im Mauretanien mit einer neuen Fussballliga, die ab sofort vorsieht, semiprofessionell gefuehrt zu werden. Das bedeutet, dass jede Teilnehmende Mannschaft mindestens neun Spieler mit festen Gehalt verpflichtet. Immerhin neun Mannschaften fanden sich, die diese Auflage erfuellen konnten. Zwei Mannschaften kommen aus Doerfern im Landesinneren, zwei Mannschaften aus der im Norden gelegenen Stadt Nouadhibou und fuenf aus der Hauptstadt selbst. Diese tragen allesamt ihre Spiele im einzigen Fussballstadion der Stadt, im Nationalstadion "Stade Olympique" aus. Nicht nur auf Grund der dadurch hohen Belastung, sondern wohl vor allem auf Grund der Wuestenbedinungen spielt man hier auf Kunstrasen. Mich wuerden ja mal die Platzbedinungen interessieren, bevor die FIFA vor ein paar Jahren den Kunstrasen als offiziell akzeptierten Belag fuer FIFA-Spiele genehmigte. Das von den Chinesen (wer sonst) erbaute Leichtathletikstadion verfuegt ueber eine ueberdachte und eine unueberdachte Tribuene auf den beiden Laengsseiten, die Kurven sind nicht weiter ausgebaut, mal von der wuchtigen Anzeigentafel abgesehen, die zu unserer Ueberraschung heute sogar in Betrieb war. Nach Sitzschalen sucht man hier vergebens, fuer den Allerwertesten sind hier lediglich die mit Nummern markierten Betonstufen vorgesehen. Fuer Abendspiele stehen vier Flutchlichtmasten zur Verfuegung.
Das Spiel selbst war ueberraschend ansehnlich, wenn auch leider die Tore fehlten. Erst in der Nachspielzeit gelang den Gaesten das entscheidende Tor, was mit Szenenapplaus im ganzen Stadion bedacht wurde. Sonst war nicht viel los im Olympiastadion (fuer welche Olympiade auch immer vorgesehen...), 250 Besucher verloren sich auf den Raengen, fuer Stimmung sorgte lediglich ein perfektes Double von Eddy Murphy, wenns nicht gar er selbst war...

Fuer die Weiterreise Stand ja noch das Problem Senegal im Weg, welches in der Einleitung dieser Geschichte ja bereits erklaert wurde. Eine Einreise ist ohne ein Carnet Passage, ein so genanntes Zolldokument ueber das wir aus mehereren Gruenden (Kosten von ueber 300 Euro, Kaution von 1500 Euro und Probleme beim Verkauf des Wagens) nicht verfuegen, nicht mehr moeglich, so der Tenor aller Reisenden in den einschlaegigen Internetforen. Einzige eventuelle Moeglichkeit an der Problematik vorbei zu kommen, ist ein Zollkonvoi, der einen bis zur naechsten Grenze begleitet, als Transit so zu sagen. Die Kosten fuer einen solchen variieren stark, die besten Preise, die man von Reisenden im Internet lass, lagen bei 150 Euro, reichten bei einigen Berichten aber bis zu unglaublichen 580 Euro. Um beim Aufkreuzen an der Mauretanisch-Senegalesichen Grenze die Ausgangschancen zu optimieren, hatten wir uns darauf eingerichtet, eine Weile in Nouakchott zu bleiben und auf eine Wuestenralley oder aehnliches zu warten, die im Verbund meherer Fahrzeuge unterwegs sind. So koennte man sich eventuell einen solchen Zollkonvoi und somit die Kosten fuer diesen Teilen. Ob und in wie weit das denn moeglich ist, stand aber in den Sternen. Immerhin stand das Glueck auf unserer Seite, als wir eine ganze Horde Englaender mit heruntergekommenen Karren in unsere Auberge einbogen sahen, gerade als wir vom Stadion kamen. Wellcome to Nouakchott, liebe "Ralley Plymouth - Banjul" - Teilnehmer. Das klang vielversprechend! Also mal mit einem der Jungs gesprochen, wurde man alsgleich auf einen Steve verwiesen, der unweit von hier in einem Hotel naechtigt und der Chef der ganzen Nummer war. Dort also alsgleich aufgekreuzt hatte dieser auch absolut garnichts einzuwenden, bei der Anfrage, ob man sich fuer diesen Streckenabschnitt mit an den Konvoi anhaengen konnte. Abfahrt morgen 07.30h. Das war unsere chance. Wir werden puenktlich sein!


Tag 20
Sonntag, 23.01.2011

Und wieder hiess es frueh aufstehen. Um 6.30h hohlte uns der Wecker aus dem Bett um wenig spaeter festzustellen, dass man sich haette Zeit lassen koennen. Bis der ganze Convoi zusammengestellt war und auch der letzte Tommy seinen Tankdeckel gefunden und vollgetankt hatte, war es mittlerweile 9.30h. 250km ging es auf guter Teerstrasse weiter durch die Wueste, die hier nun merklich an Intensitaet nachliess und die Vegetation allmaehlich zurueckkehrte. An einer nicht weiter markierten oder ausgeschilderten Kreuzung ging es dann auf die Piste Richtung Diama, die man ohne den Guide, den sich die Tommys vor uns genommen hatten, mit Sicherheit nicht als die unsere Strasse erkannt haetten. Allgemein gibt es zwei Moeglichkeiten von Mauretanien in den Senegal einzureisen. Die Hauptstrasse fuehrt einen bis Rosso, wo der Senegalfluss und damit die Grenze per Faehre ueberquert wird. Dieser Grenzuebergang ist unter den Afrikafahrern gefuerchtet und als einer der wohl schlimmsten Grenzuebergaenge der Welt bekannt. Die Abfertigung nimmt einen vollen Tag und ein mehrfaches an Nerven in Anspruch, als ein Mensch besitzt. Ueberall Gewussel und Geschrei, jeder will irgendetwas, jeder gibt sich als sonstwer aus, grapscht nach deinen Papieren um sie nur mit Geld wieder zurueckzubekommen und so weiter und so fort. Die Horrorgeschichten ueber Rosso, die man im Internet findet, sind ein Abend fuellendes Programm. Die Alternative heisst "der Damm von Diama", und was da nach einem praechtigen Titel fuer einen Roman klingt, ist hier der Staudamm nahe der Flussmuendung des Senegals in den Atlantik. Hier geht es ein ganzes Stueck gesitteter zu, wenngleich das nicht heisst, der Grenzuebergang waere als einfach zu betiteln.

Um zum Damm zu kommen, sind erst einmal 110km Piste zu meistern, die allerdings erst vor einiger Zeit neu geschoben wurde und so bis auf zwei tiefere Sandloechern keinen der Fahrzeuge Probleme bereitete. Das meistern von tiefen, Loechern, die so gross sind, dass ein ganzes Auto hineinpasst, die mit weichem Wuestensand voll sind, erfordert das Abschalten der Normalmenschlichen Verhaltensweise. So verlangt es Geist und Koerper, sich der schwierigen Stelle langsam zu naehern, wer allerdings da langsam reinfaehrt, der hat verloren. Anstelle dessen heisst es Anlauf nehmen, mit vollem Karracho reinbrasseln und unter Inanspruchnahme saemtlicher Stabilitaet der Stossdaempfer und der ganzen Karosserie dort nur kurz und dadurch nicht tief einzusacken und auf der anderen Seite wieder rauszuspringen. Wenn mans erst mal drauf hat und man sein Vertrauen in sein Auto um ein vielfaches gesteigert hat, macht es aber auch einfach nur einen riesen Spass!

Diesen Spass sollte man sich auch goennen, ist an der nun folgenden Grenze wenig lustiges dabei. Schon ein paar Kilometer vor der Grenze heisst es Stop, weil eine Polizeisperre Wegezoll verlangt. Gerechtfertigt wird das mit einem ausgeblichenem Schild mit irgend einer Nationalpark-Aufschrift. Gerechtfertigt wird das von den Bullen als Eintritt und da die Bestechlichen Arschloecher natuerlich nicht ganz so doof sind, haben diese kapiert, dass der Durchschnittsreisende irgendetwas fuer sein Geld haben will. Sich nen Quittungsblock kaufen ohne dass da irgend ein Vordruck von wegen Nationalpark oder Republik Mauretanien draufsteht, reichte bei den Tommys vor mir aus, um denen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und waehrend diese teilweise 30 Euro pro Person zahlten ohne gross nachzufragen ging uns allmaehlich das Licht auf, dass wir es hier nicht gross mit Reisenden mit Erfahrung zu tun haben, sondern viel mehr mit irgendwelchen Deppen, die halt mal so eine gut behuetete Ralley machen um zu Hause von der "Bezwingung Afrikas" fasseln zu koennen. Wenn man das einmal in seinem Leben macht, dann sitzt das Geld natuerlich locker, anders als bei unsereins, der fuer solchen Spass weder das noetige Geld noch die Lust hat, sich verarschen zu lassen. Da das Mister "Ich schreib dir ne Quittung fuer nichts" auch irgendwann kapieren musste, weil wir uns schlichtweg weigerten zu zahlen, ging der alsbald mit seiner Vorderung zu erst auf 10 Euro pro Person, letzten Endes dann sogar auf 5 Euro fuer das ganze Auto. Das rief jetzt natuerlich die Tommys vor uns auf den Plan, die das Spitz gekriegt hatten. Klarer Fall von selber Schuld. Das nun entstandene Durcheinander ging dann auf unsere Kosten, hatten die Bullen ihr Monatsgehalt ja schon mit den bereits abgezogenen Tommys verdoppelt und keinen grossen Bock auf das entstehende Gelabber, also durfte es weiter gehen, ohne dass wir ueberhaupt irgendetwas zahlten.

Eigentlich muesste man meinen, aus der Aktion von eben wuerden unsere Convoikammeraden lernen, doch auch da hatten wir den vorhandenen Grips wieder masslos ueberschaetzt. So gingen die 3000 UM fuer die Ausfuhr beim Zoll ja noch in Ordnung und wurden auch ordentlich quittiert, die 3000 UM, die die Bullen im Buero neben an gerne gehabt haetten, waren dafuer vollkommender Quatsch. Warum ich fuer einen Ausreisestempel zahlen soll wenn sie mich doch so oder so irgendwann ausreisen lassen muessen, weil ja schliesslich mein Visum irgendwann auslaeuft, wurde mit der einfachen Worten "weil heute Sonntag ist" beantwortet. Der Fall war klar, also gesagt, dass man kein Interesse am Zahlen hatte und da man die Papiere erst einmal nicht zurueck bekam, machte ich es mir in deren Buero bequem, war ja Dank Klimaanlage auch ganz angenehm dort. Eigentlich haetten alle Tommys sich nur dazugesellen muessen und irgendwann waere es denn Bullen zu bloed geworden, sich ihre vier Quadratmeter mit zwanzig Touristen teilen zu muessen. Aber nein, jeder zahlte Lammfromm die geforderten Summe von nunmehr 10 Euro, teils komplett ohne Aufforderung, weil es sich schon in der Reihe vor der Tuer rumgespruchen hatte. Was fuer verschissene Vollidioten! Solche Affen machen diese ganze Scheiss Geldvorderei von solchen korupten Bullen ueberhaupt erst moeglich. Jedes mal wenn ein Zehner ueber den Tisch wanderte, grinste mich der Maxi in Uniform mit seinen schiefen Zaehnen an und freute sich ueber die erhaltene Bestaetigung. Da ich ja leider gezwungen war, den Konvoi nicht zu verlieren wegen der darauffolgenden Senegalproblematik, schob ich nach dem letzten Tommy auch wiederwillig einen Tausender ueber den Tisch, was dann auch ausreichte um meine Papiere wieder zu bekommen.

Von der Ausreise aus Mauretanien faehrt man ueber ein paar wacklige Holzbalken, die hier liebevoll Bruecke genannt werden. Fuer diese Atraktion wird selbstverstaendlich Geld verlangt. Am Schlagbaum dahinter zahlten die Tommys dann brav die geforderten 10 Euro "Brueckengebuehr" und ich war kurz davor vollends durchzudrehen anhand dieser unglaublichen Dummheit. Bei mir dauerte es exakt sieben Sekunden, um den Kollegen zu sagen, er bekaeme 1000 UM und er solle sich dafuer die "Quittung" schenken. Mit einem "Hey, you are african!" war die Schranke dann auch schon offen. Im Einreisebuero waren die Tommys derweile schon wieder dabei, die Geldscheine zu zuecken, was Siggi schnell zu unterbinden wusste und mit den Grenzern einen Deal ausmachte, dass lediglich Pro Auto 10 Euro faellig waeren anstatt der anfaenglichen Forderung, pro Auto und dann noch einmal pro Person. Von mir gab es lediglich 1500 UM in kleinen Scheinen und bevor der korrupte Arsch ueberhaupt fertiggezaehlt hatte, hatte ich mir auch schon die Papiere geschnappt. Beim Versicherungsmockel wurde nun noch fuer 30 Euro eine einmonatige Versicherung fuer die westafrikansichen Laender (nennt sich "Carte brune") geholt und dann die Dokumente zwecks Konvoi bei den Tommys abzugeben, man war ja leider auf die Doofkoepfe angewiesen. Anfaengliche Forderung der Beamten: 500 Euro, am ende bezahlter Preis: 500 Euro. Das nenn ich mal Verhandlungsgeschick! Glueckwunsch nach Great Britain. Geteilt durch die zehn Autos war man also mit 50 Euro dabei, was trotz allem natuerlich top war in Anbetracht aller Alternativen und aller Vorderungen von Einzelreisenden, von denen man im Vorfeld gelesen hatte. Da die Maxis dann natuerlich auch noch zu faul sind fuer nen Konvoi, gab es einfach fuer alle ein Passavante, das seit Oktober 2010 abgeschaffte Dokument, dass einen temporaeren Aufenthalt in Senegal mit dem eigenen KFZ bis dahin moeglich machte. Ganze 48 Stunden sollte man also Zeit haben bis zur Ausreise, da es auf dem Dokument aber natuerlich nur einen Datumsstempel vom Tag der Einreise gab und dieser Tag ja um 0 Uhr begonnen hatte, duerfte es ja jedem einlaeuchten, dass damit die Ausreise bis spaetestens dem darauffolgenden Tag 23.59h gemeint ist. Als man wenig spaeter in der Zebra-Bar, einem von Schweizern 30km suedlich von St. Louis gefuehrten Campingplatz, einige Englaender vor uns fuer zwei Naechte reservieren hoerte, fiel ich fast ganz vom Glauben ab. Wuerd ja gern mal wissen, wie viel die bei der Ausreise blechen durften...

Die durch die Umgehung der Rosso-Grenze erparrten Nerven hatte man somit Dank der gnadenlosen Dummheit der temporaeren Reisebegleiter aufgebraucht. Nichts desto trotz war es Dank dieser Gruppe fuer uns ueberhaupt moeglich ueber die Grenze zu kommen ohne ein Vermoegen zu zahlen. Da es nun ja keinen Zollkonvoi gab, konnten wir uns auch abseits des Ralley-Konvois bewegen, was fuer den kommenden Tag auch geplant war. Wir waren uns sicher, alleine besser klarzukommen. Auch Siggi stieg hier aus, wollte dieser nun endlich ein wenig Geschwindigkeit aus seiner Reise nehmen. Auch wir wollte das, doch bleib uns nichts anderes uebrig, als am darauffolgenden Tag gleich wieder ins Auto zu steigen und weiterzubrettern um innerhalb des Tages Senegal in Richtung Gambia zu verlassen. Der Laenderpunkt muss also erst einmal aufgeschoben werden, da vor einer Rueckkehr in den Senegal erst einmal das Auto in Gambia verkauft, verzollt und somit aus dem Pass geloescht werden. Das also unser Hauptprogrammpunkt in Gambia. Wie es dort vorwaerts geht und wie die Reise dann ohne Auto weitergehen soll, davon dann im Bericht zur vierten Woche.