2. März 2011

Meet me in Conakry

Tag 49
Montag, 21.02.2011

Nach zwei fast schlaflosen Naechten vor und waehrend des kleinen Motorradausflugs zu den Wasserfaellen im Fouta Djalon war heute einmal ordentlich ausschlafen mehr als nur noetig. Auch heute bestand das Fruehstueck nur aus Kaffee, da die Baecker in Labe auf Grund der steigenden Mehlpreise weiterhin streiken. Wer seine Marmalade und seine Butter nicht gerade vom Daumen lutschen will, fuer den faellt Fruehstueck derzeit leider aus. Aber auch ohne morgendliche Staerkung war kein Weg um den grossen Waeschehaufen zu machen und da heute ausnahmsweise mal fliessend Wasser aus der Leitung kam (sonst musste man sich dieses meist aus dem hauseigenem Brunnen im Garten schoepfen), wurde zum grossen Waschtag geblassen. Drei Stunden und einige blutige Finger spaeter hing dann der eigene Balkon mit fast dem ganzen Rucksackinhalt voll. Immerhin Mittagsessenzeit goennte man sich noch ein paar Fleischspiesse, bevor es mit dem Moto in die Stadt ging. Die Auberge Campagne ist zwar top, liegt allerdings nicht gerade in laufweite zum eigentlichen Stadtzentrum. Bei einem Umkostenpreis von gerade einmal 5.000 GF (zur Erinnerung: 1 Euro entspricht knapp 10.000 GF) fuer eine Moto-Fahrt innerhalb der Stadt ist das aber zu verschmerzen.

Hauptaufgabe hier war neben einem Bankbesuch zwecks Aufstockung der lequiden Mittel allen voran das organisieren von Couchsurfing-Moeglichkeiten in den naechsten Stationen Conakry und Freetown. Desweiteren sollte die derzeitige Situation in Liberia ausfindig gemacht werden. Dieses jahrzehnte von Buergerkriegen stark gebeutelte Land soll nun zwar wieder bereisbar sein, ein Tourismus hier existiert aber absolut garnicht. Dementsprechend schwer ist es da, was rauszufinden. Das Auswaertige Amt raet wie immer, besser mit dem Arsch zu Hause zu bleiben, haelt es aber leider nicht fuer notwendig, die "aktuelle Situation im Lande" zu aktualisieren, sind die auf der Seite der Botschaft erhaeltlichen Informationen diesbezueglich vom Juni letzten Jahres. Sehr aktuell also, gerade in Afrika. Auch in Nachrichten und auf anderen Internetseiten liesst man wenig bis gar nichts ueber die Sicherheitssituation im Land, weshalb nun Kontakt mit Leuten aufgenommen werden sollte, die es wissen muessen: Expats! Expats ist die abgekuerzte Bezeichnung fuer Menschen, die fuer einen temporaeren Zeitraum in einem anderen Land leben und einer Arbeit nachgehen, ohne die Absicht zu haben, in diesem Land heimisch zu werden. Im Falle Afrikas also meist Civil- und Peaceworkers, die fuer humanitaere Gruende dort weilen und versuchen, den Aufbau des zerstoerten Landes zu unterstuetzen und mitzuorganisieren. Auch hier war Couchsurfing sehr hilfreich, fand man ueber dieses Portal Andreas, ein Oesterrreicher der im Landesinneren ein Schulprojekt leitet und Maria, eine Aachenerin, die als Peaceworkerin in der Hauptstadt Monrovia stationiert ist. In den naechsten Tagen sollte man von beiden ausfuehrliche und fast identische Antworten bekommen, die besagten, dass es fuer jemanden, der schon in Laendern wie Guinea gereist war, keine grossen Ueberraschungen geben wuerde. Mit der allgemeinen Umsicht die auch in anderen afrikanischen Laendern und Staedten von Noeten ist, wuerde man ohne weiteres gefahrlos reisen koennen, schlechte Erfahrungen hatte keiner von beiden in all der Zeit in der sie bereits in Liberia sind, gemacht. Die Hauptsorge konnte auch geloest werden, bot Maria uns an, uns am Taxiplatz an dem wir ankommen wuerden, abzuholen und uns bei sich zu beherbergen. Unser groesstes Problem lag naemlich in der Erwartung, bei der sehr schwirigen Piste von Sierra Leone aus erst in Dunkelheit in Monrovia anzukommen, einer Zeit in der man besser nicht an den falschen Ecken dieser Stadt sein sollte als Weisser. Doch das sollten nicht die einzigen positiven Nachrichten des Tages bleiben. Beim Abendessen klingelte auch schon das Telefon und Simon, ein in Conakry lebender Franzose, lud uns auf unsere CS-Anfrage hin herzlich bei sich zu Hause ein. Tja, manchmal laeuft es eben...

Tag 50
Dienstag, 22.02.2011

Spontan hatten wir uns entschlossen, noch einen weiteren Tag in unserem schoenen aber guenstigen Hotel in Labe zu bleiben und noch einmal anstaendig zu relaxen, bevor es auf die naechste Etappe gehen sollte. Heute sollte es dann sogar Fruehstueck geben, der Brotstreik scheint beigelegt, ob Verdi seine Finger im Spiel hatte, ist aber nicht zu sagen. Mit dem Moto ging es wieder in die Stadt und da sich kein zweites auftreiben liess auf die schnelle, fuhr man, wie schon einige male vorher, eben zu dritt auf einem. Gerade bei Ibrahim war das weiter kein Problem, so ist dessen Onkel irgend ein Oberpolizeimockel, was jeder in der Stadt weis und er daher ein paar besondere Freiheiten geniesst. Im allgemeinen besagt irgendein neues Gesetz aber wohl, dass pro Moto nur noch ein Fahrgast transportiert werden duerfe. Kaum unterwegs wurden wir heute dann tatsaechlich von der Polizei gestoppt und der Fahrer, die arme Wurst, wurde vom Moto gezerrt. Ende der Fahrt und Mopped beschlagnahmt. Waehrend unser Fahrer also vom Officer lautstark zusammengeschissen wurde, wurde dieser immer kleiner und sackte in sich hinein. Ja, er tat mir richtig leid in dieser Situation und so entschloss ich mich, zumindest mal zu sehen, was ich in der Situation vielleicht ausrichten koennte. Uns wurde von der Polizei weiter nichts vorgeworfen, muesse schliesslich der Motofahrer die Gesetze kennen und nicht wir. Ja, zu uns war man richtig freundlich und zuvorkommend und man bot uns an, zwei andere Motos anzuhalten, damit wir unsere Reise fortsetzen konnten. In dieser Gelegenheit bedankte ich mich artig fuer die Behandlung, bat aber darum, schauen zu duerfen, inwiefern ich meinem Fahrer helfen koenne. Schliesslich haette er uns ja nur zu zweit mitgenommen, da kein anderes Moto zu finden war, er war also einfach nur nett zu uns und nun wolle man helfen. Ein bisschen blabla hier, ein bisschen blabla da, hatte man sich irgendwann auf eine Strafe von nur noch 60.000 GF fuer den Fahrer geeinigt, die natuerlich der Fahrer zu bezahlen habe und nicht wir. Dieser hatte allerings nur 15.000 GF dabei, mit dem Angebot, sein gebotenes Geld mit einer Spende zu verdoppeln, war die Sache dann aber geritzt und das Moto wurde unter weiterer Ermahnungen in Richtung des Fahrers wieder freigegeben. Fuer umgerechnet 1,50 Euro hatte ich also ein beschlagnahmtes Motorrad inklusive dem Fahrer freigekauft. Geht in Ordnung und der Fahrer war offensichtlich mehr als gluecklich mit dieser Fuegung und bedankte sich noch mehrmals schuechtern bei mir und Annika.

Ansonsten passierte nicht viel erzaehlenswertes an diesem Tag. Das Termomether kletterte wieder auf die 40 Grad Marke, so dass man die Stadtbesichtigung nach Marktrundgang und Besuch der grossen Moschee schnell wieder fuer beendet erklaerte. Fuer Internetzugang sei in Labe der Laden "Cofobreak" empfohlen, den zum einen jeder Motofahrer kennt, zum anderen eine respektable Verbindung (natuerlich nicht mit Europaeischen Verhaeltnissen vergleichbar, aber weit besser als die in Gambia) fuer 6.000 GF die Stunde bietet. Ach ja, geschoppt haben wir ja auch noch. Im Fachgeschaeft fuer Flipflops und Reis (der Laden fuehrte tatsaechlich nur diese zwei Produkte, die so ja eigentlich rein garnichts miteinander zu tun haben) kaufte man sich fuer den einmaligen Preis von 12.500 GF ein paar der beliebten Gummilatschen. Das letzte Mahl in Labe wurde dann noch einmal im Tata eingenommen, man goennt sich ja sonst nichts. Zwei Mahlzeiten inklusive Getraenke fuer zwoelf Euro ist jetzt aber auch nicht exorbitant teuer. Um 22.30h hiess es dann Nachtruhe, stand morgen ja fruehzeitiges Erscheinen auf dem Programm

Tag 51
Mittwoch, 23.02.2011

Als um sechs der Wecker klingelte, musste man feststellen, dass es noch stockdunkel war. Da weder Strom noch Kerzen vorhanden waren, gab es also wenig Alternativen wie erst mal weiterschlafen, was auch weiter nicht schwer fiel. Um sieben ging es dann aber los, muss man naemlich frueh aufbrechen, wenn man hierzugegend reisen moechte. Am Abfahrtsplatz der Sammeltaxis war schnell ein Wagen ausgemacht, der tatsaechlich "nur" neun Passagiere transportierte. Wahnsinn, wie schnell sich der Mensch an Dinge gewoehnt und damit schon mit Zustaenden schwer zu frieden ist, die unter normalen Umstaenden als schwer ungemuetlich bis unzumutbar bezeichnet worden waeren. Nebst der menschlichen Passagiere im Wagen, hatte man auch noch einen tierischen Fahrgast in Form eines auf das Dachgepaeck geschnuerte Huehnchen, welches in Labe noch lebte, bei der Pause auf halber Strecke immerhin noch zuckte, in Conakry angekommen dann aber den Todeskampf ueberstanden hatte. Immerhin war es bei uns nur ein Huhn, waehrend auf dem Taxi vor uns doch allen ernstes ein lebender, ausgewachsener Schaafsbock aufs Dach geschnuert und unter stendigem gebloecke abtransportiert wurde. Ich wuerde ja zugern mal die Gesichter sehen, wenn man mit einem lebenden Schaaf in Hannover in den ICE steigen wuerde. Andere Laender, andere Sitten.

Die Strasse von Labe bis Conakry ist gut ausgebaut und ueberwiegend geteert, so dass die 420 km inklusive einer Essens- und einer Beetpause nach knapp neun Stunden abgespuhlt waren. Um 17.30h also in der Hauptstadt, sollte Simon um 18h Feierabend machen, also verabredete man sich bei seiner Arbeitsstelle. Das Taxi fuer 20.000GF benoetigte dann aber ueber eine geschlagene Stunde durch den fast ausnahmslos stehenden Verkehr, zu Fuss waere man wohl schneller gewesen. Simons Arbeitsstelle konnte auf Anhieb begeistern, arbeitet er doch in der oertlichen Brauerei "Sobragui", die unter anderem die Biersorten Flag, Castell und Guiluxe herstellen. Zu spaet und vor allem auch ein bisschen zu fertig fuer eine Brauereibesichtigung ging es aber in Simons Dienstwagen in seine Residenz. Sich urploetzlich auf einem geraeumigen Ledersitz in einem klimatisierten Nissan Patrol neueren Baujahrs wiederzufinden war fast schon ein Kulturschock. Unsere temporaere Heimat wusste nicht weniger zu ueberzeugen, verfuegt die 3-Zimmerwohnung in der staendig bewachten und mit eigenem Aussenpool ausgestatteten Wohnanlage ueber zwei Balkone und Klimaanlagen in jedem Raum. Da auch in der Hauptstadt die Stromversorgung nur sporadisch funktioniert, wird der gesamte Komplex mit grossen Dieselagregatoren gespeisst, hat also ueber 24 Stunden fliessend Strom und Wasser und damit auch westliche Luxusgegenstaende wie einen Kuehlschrank und eine Waschmaschiene. In Anbetracht der eigentlichen Lebensbedinungen hierzulande fast schon dekadenter Luxus, zwischendurch aber durchaus mal angenehm.

In Conakry gibt es genauso wenig Tourismus wie irgendwo anders in diesem Land, ein paar Weisse mehr laufen dann aber doch umher. Groesstenteils Franzosen, es gibt aber wohl auch ein Grueppchen Spanier und Russen und Chinesen sind ja sowieso ueberall. Und ueberall da, wo sich fernab der Heimat ein Haufen Eorpaeer tummelt, findet man auch ein paar Annehmlichkeiten fuer diese. Wer also waehrend einer Afrikareise mal ein bisschen Urlaub von Afrika machen moechte, der geht ins Restaurant in Coleah, gefuehrt von einem Franzosen, setzt sich an Tische mit Tischdecken und Kerzen in einem gruennen Innenhof und geniesst Salat mit gebackenem Schaafskaese, Pizza Funghi und Rumpsteak. Mal abgesehen von den Angestellten habe ich genau zwei andere Maxis gezaehlt, was natuerlich auch an den Preisen liegt, die schon ein bissche hoeher angesiedelt sind als in den ueblichen Reiskuechen am Strassenrand, aber mit zum Beispiel 3,90 Euro fuer ein Streak mit Kartoffeln noch absolut in Ordnung gehen. Ein bisschen Little Europee im fernen Afrika also und manchmal tut so ein bisschen Heimat ja auch mal gut, allen voran was das Essen angeht. So lernten wir in lauschiger Runde unseren Gastgeber kennen und dieser seine Gaeste, deutsch-franzoesische Voelkerverstaendigung per excellance, natuerlich auch bevorteilt durch Simons guten Deutschkenntnissen die er aus seiner Zeit in Leipzig mitgebracht hatte. Nun arbeitet er als IT-Manager bei der unter franzoesischer Leitung stehenden Brauerei und das mit gerade einmal 26 Jahren. Ein geiler Job, allen voran weil es nebst Wohnung, Dienstwagen und Gehalt auch noch zwei Kisten Bier pro Monat gibt. Das ist doch mal eine Entlohnung. Ein Job sei derzeit aber leider nicht frei, wie man mir auf Nachfrage mitteilte...

Tag 52
Donnerstag 24.02.2011

7.30h hiess es raus aus den Federn, sollte am ersten vollen Tag in der Hauptstadt auch gleich die Organisatorischen Dinge ins Rollen gebracht werden. Simon brachte uns noch bis zur Bicigu-Filliale, die auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle liegt und uns mit der noetigen Kohle fuer das kommende beliefern sollte. Von hieraus war die im Stadtteil Bellevue gelegene Botschaft Sierra Leones in gut 20 Minuten Fussmarsch erreicht. Leider will man auch hier, genauso wie in Banjul, knackige 100 US-Dollar fuer ein Single-Entry-Visum sehen und wahrscheinlich da der Gegenwert in Guinea Franc einem etwa 10cm dicken Geldbuendel entspraeche, werden auch nur US-Dollar akzeptiert, oder aber 90 Euro. Da gefilel der Umrechnungskurs aber garnicht, also vor der Tuer den dort rumstehenden Geldwechsler beauftrragt und fuer 1.530.000 GF (in 10.000er und 5.000er Scheinen!!!) in 180 USD gewechselt, mehr hatte man an GF gar nicht zu bieten. In meinem Geldbeutel fliegen aber seit dem Palaestina-LP (dort ist der USD das offizielle Zahlungsmittel) noch zwei zehn Dollar Noten rum. Manchmal braucht man eben auch glueck. Also die Paesse inklusive 200 USD dagelassen. Visum dauert normalerweise drei Tage, da aber vorher ein Amerikaner da war, der gegen einen kleinen Aufpreis eine "Expressvariante" bestellte, wuerde man unsere zwei Paesse auch gleich mitmachen und wir koennten sie dann morgen, noch vor dem Wochenende wieder in Empfang nehmen.

Also wieder zurueckgedackelt bis zum Fiddel-Castro-Highway (ein Relikt aus der kommunistischen Vergangenheit Guineas) und hier die Bahnschienen entlang in Richtung Stade 28 Septembre, dem Nationalstadion des Landes. Die 45 Minuten Fussmarsch verlangten einem alles ab. Zwar ist es in Conakry im Gegensatz zu Labe temperaturtechnisch etwas "kuehler" (Tageshoechsttemperaturen von 32 - 35 Grad), dafuer die Luftfeuchtigkeit um einiges Hoeher, bewegt sich naemlich bei 60 bis 75 %. Dementsprechend schwuehl und heiss fuehlt es sich an und man zerlaeuft schon ohne sich ueberhaupt nur zu bewegen. Hinzu kommt, das Conakry auf einer einzigen Muellkippe scheint erbautworden zu sein. Es gibt Strassenzuege und Ecken, an denen der Boden nicht mehr zu erkennen ist, da er komplett mit vor sich hinverwesenden Muell kniehoch bedeckt ist. Bei den vorherrschenden Temperaturen ist der Gestank zu erahnen. Um den durch solche Vermuellung enstehenden Seuchen irgendwie zumindest ein bisschen Herr zu werden, zuenden die Leute hier den ganzen Mist einfach staendig an. Ein beissenden und in den Lungen schmerzender Gestank von Rauch und giftigen Daempfen kommt also noch dazu und vermischen sich mit den dunklen Abgaswolken der ganzen zerdellten, schrottreifen Autos, die sich in den Strassen stapeln und von frueh morgens bis in die Nacht einen einzigen Megastau durch die ganze Stadt verursachen. Ich haette ja nicht gedacht, dass ich mal eine Stadt finden werde koennen, von der ich es behaupten koennte, aber hier ist es voll und ganz moeglich: Im Vergleich hierzu sind Staedte wie Guatemala City, Baku oder Kairo fast schon Luftkurorte. Ein halber Tag rumlaufen, allen voran in der Gegend hier, reicht vollkommend aus, um selbst an den Beinen unter der Hose vier Nuancen dunkler zu werden. Wenn man sich zu Hause duscht, laeuft die schwarze Russbruehe nur so vom Koerper.

Am Stadion angekommen, bedeutete uns eine Kreidetafel, dass sich hier am morgigen Freitag der Hauptstadtclub Horoya AC die Ehre gibt und ab 16.30h im Kraeftemessen gegen die aus dem fernen Siguiri stammenden Ashanti Gold Boys (was ein Name fuer einen Fussballverein) gegen den Ball treten wird. Na also, geht doch. Fertig genug, verdreckt von Smog und Russ und verklebt vom nicht enden wollenden Schweissfluss war dann genug spazieren gegangen fuer heute und ein Fortbewegungsmittel zurueck nach Coleah wurde gesucht. Das ganze gestalltet sich hier aber nicht so einfach, ist der oeffentliche Personennahverkehr hier doch relativ tricky. Um in einem der Sammeltaxis oder Minibusse mitgenommen zu werden, muss man sich an den Strassenrand stellen und durchgehend mit dem Finger in die Himmelsrichtung winken, in der ungefaehr das Ziel der Reise liegt. Faehrt ein Taxi oder Bus in ungefaehr diese Richtung und hat noch Platz, wird er kurz langsamer und bedeutet dem Winkenden mit einer Handbewegung, dass er nun den Namen des Zieloertes laut rufen moege. Kommt der Fahrer dort vorbei (vorausgesetzt er kennt das zugerufene Ziel ueberhaupt bzw er erkennt das zugerufene Ziel aus dem Genuschel, was mein nicht vorhandenes Franzoesisch hervorbringt), bleibt er stehen. Wenn nicht gibt er wieder Gas. Und genau das taten alle! Mist! Letzte Option ist auf ein zufaelligerweise gerade komplett leeres Taxi warten und "Taxi placement" schreien, was dem Fahrer bedeutet, man wuerde fuer einen dementsprechenden Preis das ganze Taxi mieten. So laesst sich dann natuerlich auch das Ziel selbst bestimmen. Fuer den knapp halbstuendigen Ritt durch den obligatorischen Conakrystau zahlte man in diesem Falle dann 25.000 GF.

Gerade unsere erste Stadtodysee ueberstanden, traf man auch Simon wieder zu Hause, der seine Mittagspause mit einem kleinen Snack mit uns verbringen wollte. Fuer dessen Zubereitung ist dann Aischa zustaendig. Aischa ist eine Guinee und von Simon als Haushaelterin angagiert, die jeden Tag fuer ein paar Stunden dafuer sorgt, dass zu Hause alles sauber und ordentlich ist, die Waesche gewaschen wird, essen gekocht und noetige Einkaeufe erledigt sind. Fuer solcherlei Luxus zahlt man hierzulande ein Gehalt von 80 Euro, was laut Simon aber schon ein sehr faires und nett gemeintes Gehalt sei. Fuer Simon und nun auch fuer uns ein toller Luxus zu erschwinglichem Preis und fuer Aischa ein sicherer Arbeitsplatz um ihre Familie zu ernaehren. Haette ich studiert, wuerde ich dazu jetzt wohl sagen, dass es sich um eine Win-Win-Situation handele. Hab ich aber nicht, also war ich so treudoof wie ich nunmal bin als schlichter Realschulabsolvent gluecklich mit meinem Huehnchen mit Pommes und gut is.

Die groesste Nachmittagshitze wurde dann zu Hause verbracht, zumal sich bei mir - Achtung, jetzt kommts! - eine Erkaeltung anbahnte. Bitte fragt mich nicht, wie man es bei solchen Klimatischen Verhaeltnissen fertig bringt, aber mir lief die Nase wie im tiefsten Hamburger Nieselregenwinter. Mehr als ein kurzer Einkaufsbummel in dem nahegelegenen Supermarkt war auch Abends nicht mehr drin und da der Koerper wohl meinte "Wenn schon, denn schon", verbrachte ich den restlichen Abend mit meiner Schnupfnase im Quadratmetertechnisch kleinstem Raum der Wohnung. Ihr wisst schon, der Raum mit der meisten Keramik im Haus.

Tag 53
Freitag, 25.02.2011

Der Tagesbeginn heute fast identisch zu dem am Vortag, sollten heute morgen ja die Paesse bei der Botschaft Sierra Leones abgeholt werden. Nach dem ueblichen Fussmarsch hielt man schwer zufrieden seinen Pass inklusive Dreimonatsvisum in der Hand und da es gerade mal kurz nach neun Uhr war, ging es mit nem Taxi fuer 20.000 GF auch gleich zum nachsten Kreuzchen auf unserer Stadtkarte. Die Botschaft der Republik Mali stellte sich dann als ein wahrer Glueckstreffer da. So gibt es in den Vertretungen Malis auf der Hauptroute der Overlander, also Dakar und in Banjul nur 10-Tages-Visen die in Bamako umstaendlich verlaengert werden muessen. Hier in Conakry kommt freilich so gut wie nie ein Touri vorbei und dementsprechend freudig war man angesichts der Abwechslung im tristen Diplomatenalltag. Aeusserst freundlich wurde geduldig beim Ausfuellen des Formulars in franzoesischer Sprache geholfen und zwei Passbilder und nur je 180.000 GF spaeter gab es auch schon den Stempel in den Pass, der das Visum darstellt. Zu unserer Freude wurden gleich drei Monate und beliebig viele Einreisen bewilligt. Nicht nur finanziell gleich eine ganz andere Nummer als Sierra Leone.

Da auch das verblueffend schnell erledigt war und die Uhr erst elf zeigte, latschte man noch fix rueber zu den Kollegen aus Ghana. Warum wir schon hier in Conakry, noch etliche Laender entfernt von Ghana nach einem Visum fragen, wird sich der geographisch bewanderte Leser vielleicht fragen. Das ganze obliegt einer im letzten Jahr neu aufgetretener Problematik. Im ghanaischen Tourismusministerium gab es einen Machtwechsel und da ein neuer Mann natuerlich auch irgendetwas neu machen muss, aenderte er ein paar Visa-Regulierungen. So zum Beispiel auch die Tatsache, dass Visen nur noch bei der jeweiligen ghanaischen Vertretung ausgestellt werden, in dem man auch seinen Wohnsitz hat. In unserem Falle also Berlin. Das wir gerade aber dezente 10.000km davon entfernt sind und ja schlecht fuer einen Sticker im Pass mal nach Berlin fliegen koennen, ist eigentlich logisch. Nichts desto trotz lass man im Vorfeld immer wieder von endtaeuschten Touristen, die auf der Reise durch Afrika in Mali, Burkina Faso und Togo nach einem Visum fuer Ghana begehrten, aber stets auf die Botschaft im Heimatland verwiesen wurden. Wer aber in Afrika erfolgreich reisen moechte, der muss irgendwann auch so denken wie ein Afrikaner. In diesem Falle also die Ueberlegung, es fernab der Nachbarlaender Ghanas und fernab der eigentlichen Touristenroute an den Botschaften hier unten zu versuchen. In Afrika kann es durchaus gut moeglich sein, dass man zum Beispiel hier in Conakry gar nichts von der neuen Regelung weiss oder wissen will. Probieren geht ueber studieren und so sprach man also hier mal vor. Leider mit maessigen Erfolg, haette die Dame nebst der Ueblichen unterlagen ganz gerne eine "Carte de Sejour" gesehen, also dem guineeischen Pedant zum Deutschen Personalausweis. Das wir als Touristen ohne Wohnsitz in Guinea aber kaum eine solche bekommen konnte, glaubte Madam entweder nicht oder sie wollte es nicht war haben. Man solle jedenfalls zum "Ministerie des affaires entragenes", da wuerde man so etwas schon bekommen und dann koenne man wieder vorbei kommen. Nun gut, man behielt die Info mal im Hinterkopf, vielversprechend klang es nicht gerade. Da aber eh schon Mittag durchwar, waere auf einen Freitag nicht mehr zu organisieren, sodass es erst einmal wieder nach Hause ging um dort den ueblichen Stillstand waehrend des Freitaggebets abzuwarten. Dank bester Verpfelgung von Mama Aischa natuerlich nicht die schlimmste aller Aufgaben. Verdauungsspaziergang waere wohl das falsche Wort, Gewaltmarsch trifft es eher, hatte man die Entfernung zum Stadion doch ordentlich unterschaetzt. Pitschnass geschwitzt gab es fuer 20.000 GF dann aber ein schattiges Plaetzchen unter dem Tribuenendach und dem Laenderpunkt Guinea stand nichts mehr im Wege:

Freitag, 25. Februar 2011 - 16.30h
Horoya AC - AS Ashanti Golden Boys   1:1 (1:0)
1. Liga Guinea, 3. Spieltag - 1.800 Zs.
Stade du 28 septembre, Conakry (GUI), LP 69


Die Tage fuer das Stade 28 du septembre in Conakry sind gezaehlt, zumindest als Nationalstadion. In Hoffnung auf die Austragungsrechte fuer die CAN 2015 oder 2017 bauen ein paar fleissige Chinesen gerade eine riesige Schuessel vor die Tore der Stadt. Letztes Monat entschied sich der Afrikanische Fussballverband allerdings leider fuer Marokko und Suedafrika als Austragungslaender. Trotz allem wird das Bauvorhaben wohl weiter verfolgt und sich eben fuer 2019 und 2021 beworben. Noch wird aber im alten Stadion gegen den Ball gekickt und ich koennte mir vorstellen, dass das Stade zumindest fuer den Ligafussball erhalten bleiben wird. Fuer die hiesigen Verhaeltnisse ist das Leichtahtletikoval, dessen offizielle Kapazitaet mal mit 25.000, mal mit 35.000 angegeben wird, schon ueberdimensioniert genug. Trotz der ueber eine Millionen Einwohner in der Stadt und einem Eintrittspreis von gerade mal 20 cent, fanden sich heute noch nicht mal ganz 2000 Zuschauer ein. Einen sehr denkwuerdigen Rekord in der Anzahl der im Stadion befindlichen Menschen wurde allerdings erst vor nicht ganz anderthalb Jahren aufgestellt. Am 28. September 2009, dem 51. Unabhaengigkeitstages Guineas, demonstrierten hier ueber 50.000 Menschen gegen die seit einem Putsch nach dem Tod des bisherigen Praesidenten Conte herrschende Millitaermacht. Weswegen gegen das regierende Millitaer demonstriert wurde, zeigte das Millitaer am selben Ort in grausiger Marnier. Die Demonstranten wurden teils ins Stadion eingeschlossen und das Feuer auf diese eroeffnet. Das oertliche Krankenhaus sollte spaeter 157 eingelieferte Leichen zaehlen, wie viele mehr noch an diesem Tag im Stadion ihr Leben liessen, duerfte wohl nie bekannt werden. Amnesty International zaehlt bisher ueber 100 bekanntgewordene Vergewaltigungsfaelle von Soldaten an demonstrierenden Frauen, die Berichte dieser zu den Vorfaellen sind an Grausamkeit kaum zu ueberbieten. Auf der Internetseite von Amnesty Inernational kann man Berichte von vergewaltigten Lesen, denen teils brutale Verstuemmelungen zugefuert wurden, einer jungen, wohl noch minderjaehrigen Frau wurden waehrend der brutalen Taten die Bruesste mit einem grossen Jagdmesser abgeschnitten. Wer genaueres erfahren moechte und mehr Details vertraegt, findet auf der AI-Seite die entsprechenden Augenzeugen- und Opferberichte. Das keine 16 Monate spaeter auf dem blutgetraenkten Boden wieder Rasen waechst, unter der FIFA-Fahne "My game is fair play" Fussball zelibriert wird ist fast schon unvorstellbar. Leute sitzen friedlich Zusammen und verfolgen den Geschehnissen auf dem Rasen, junge Maedchen und Frauen laufen umher und verkaufen von den grossen Schalen und Eimern, die sie graziel auf ihren Koepfen balancieren, kalte Getraenke, Erdnuesse und gekochte Eier. Das in Einklang zu bringen mit den Graeultaten des damaligen Septembernachmittags scheint nahezu unmoeglich. Aber vielleicht ist es genau der richtige Weg, das was die Leute hier brauchen. Vergessen koennen und wieder ein normales Leben fuehren, ohne Angst, ohne Furcht, ohne Krieg und Millitaerunterdrueckung. Das alles ist erst seit den endgueltigen Abschluss aller Wahlgaenge Ende 2010 wieder moeglich, das Land ist eben erst dabei, sich von all den Jahren des Schreckens zu erholen und auch wen es im ersten Moment irritierend scheint, vielleicht ist genau das der richtige Weg.


Also gehen auch wir diesen Weg und schreiben ueber die dagegen als belanglose Banalitaeten erscheinenden Geschehnisse eines ganz normalen Fussballspiels. Die Qualitaet des gezeigten Sports natuerlich unterirdisch, das Spiel trotz eines 1:1 eher langweilig und auch sonst ist im Stadion nicht viel los, die Leute verfolgen Schweigend das Spiel. Doch als das 1:0 faellt, gibt es urploetzlich kein Halten mehr. Die Leute Springen und Schreien aussersich vor Freude, als haetten sie gerade den Weltpokal geholt, nur um zwei Minuten spaeter wieder voellig ruhig dazusitzen. Hab ich so auch noch nicht gesehen. Aehnlich die Szenen beim 1:1, auch hier wieder alle am springen und alle scheinen sich zu freuen. Man scheint hier scheinbar nicht gross auf den Sieg irgendeines Teams wert zu legen, vielmehr scheint das Ziel eines Guineanischen Fussballzuschauers einzig allein zu sein, nach Moeglichkeit ein Tor zu sehen, egal von wem. Auch das hatten wir so noch nicht gesehen. So war natuerlich nicht auszumachen, ob denn ein Gaesteanhang im Stadion war, wenngleich ich mir sicher bin, dass kein Mensch aus dem nahe der Maligrenze gelegenen Siguiri die Kohle fuer so eine Reise haette, nur um ein Fussballspiel zu sehen. Hoechstens vielleicht ein paar in der Hauptstadt wohnende Aussiedler, was aber aus genannten Grund nicht auszumachen war. Das Stadion selbst ist ein geschlossenes Rund, komplett ausgestattet mit nummerierten Plaetzen auf Betonsitzbaenken. Zu diesem Ligaspiel war lediglich die ueberdachte Haupttribuene geoeffnet, der Rest des Stadion ist unueberdacht und blieb heute leer. Die zwei Anzeigentafel hinter den jeweiligen Kurven blieben aus und das Flutlicht musste aus bleiben, da es zwar vier Flutlichtmasten gibt, diese aber ueber keine Scheinwerfer (mehr?) verfuegen. Auch die paar Scheinwerfer auf dem Stadiondach sind allesamt mit leeren Fassungen. Da scheint jemand Geld gebraucht zu haben... Simon kam waehrend der zweiten Halbzeit auch noch vorbei, nachdem er Feierabend gemacht hatte. Das der Ground nicht zaehlt duerfte ihm aber wurst gewesen sein. Das Foto vom Stadioninnenraum war auch kein Problem und wurde ohne grosses Tamtam von der Polizei genehmigt. Alsbald sollte ich aber bald um dieses und all meine anderen Fotos auf der Speicherkarte bangen und das kam so:
Mit Simon ging es nach dem Spiel noch auf kleine Stadtrundfahrt, hier und da wurde ein Foto aus dem Auto heraus gemachte, die katholische Kirche im Stadtzentrum wurde in der Abenddaemmerung eingefangen und dann beging man einen folgeschweren Fehler. Ohne es zu wissen, lichtete man den Praesidentenpalast ab. Der war als solcher nicht zu erkennen, einfach nur ein eindrucksvolles Gebaeude hinter einer grossen unzaeunten Parkanlage. Urploetzlicht stuermte eine ganze Horde bewaffneter Soldaten aus dem nichts auf unser Auto zu, schrien Anweisungen die ich nicht verstand, trommelten auf unser Auto. Einer riss meine Beifahrertuere auf, schubste mich zur Seite und zwaengte sich nebenmich um alsgleich mit roher Gewalt den Zuendschlussel aus dem Schloss zu reisen. Von null auf hundert war man hellwach, das Adrinalin schoss in die Adern und bevor einer der Soldaten versuchte, mir die Kamera zu entreisen, hatte ich sie fest ums Handgelenk gebunden. Das Problem war jedenfalls klar, man hatte ein Foto gemacht, was man aus irgendwelchen Gruenden nicht haette machen duerfen. Das aeusserst Agressive auftreten des Millitaers machte es aber schwirig, eine Loesung zu finden. Ich stemmte mich gegen meinen unfreiwilligen Sitznachbarn um ausserhalb seiner Reichweite die Kamera anzuschalten und das letzte Bild vor seinen Augen zu loeschen, waehrend ich mich staendig versuchte zu entschuldigen und auch Simon unentwegt im ruhigen Ton erklaerte, dass es einem Leid tue und man eher versehentlich den Palast fotografiert haette. Die Wogen glaetteten sich zu mindest ein klein wenig und wir wurden angewiesen, alle auszusteigen. Mit Engelszungen redeten wir auf die Soldaten, allen voran auf den Cheffe ein, doch alles half nichts. Alle Bilder auf der Kamera sollten geloescht werden, dass damit alle Erinnerungsfotos der letzten zwei Monate weg waeren, interessierte unser Gegenueber schlichtweg nicht. Wenn wir dem nicht nachkommen wuerden, bliebe Wagen und Fotoapperat, obwohl sie letzteres ja gar noch nicht hatten, beschlagtnahmt. Ausserdem waere es sowieso nur unserer weiblichen Begleitung zu verdanken, dass wir nicht Augenblicklich in den Knast wandern wuerden. Vor dem geistigen Auge liefen die berichteten Bilder von Kollege Linke ab, der in Afrika eine ganz aehnliche Situation hatte und letzten Endes tatsaechlich fuer ein paar Tage einsitzen musste. Alles half nichts, wir mussten aus der Situation irgendwie rauskommen, bevor wir tatsaechlich hinter Gitter wandern und nach bald zwei Stunden Diskutieren merkte man, dass der Geduldsfaden der Millitaers irgendwann eine Ende haben wuerde. Die Tatsache, dass es mittlerweile stockdunkel war und ausser uns und den gut ein Duzend Soldaten sonst kein Mensch hier unterwegs war, verstaerkte das unbehagliche Gefuehl noch. Letzten Endes zog ich wieder die Kamera hervor, machte sie an und drueckte den Formatierungsknopf. Im selben Moment schaffte es der mittlerweile hinzugekommene Oberboss, mir den Apperat zu entreisen und reichte ihn an einen anderen Soldaten weiter, der die Kamera in seine Tasche gleiten liess. Ja, man muesse ja erst mal pruefen, ob alle Bilder wirklich geloescht sind und ausserdem gaebe es ja noch eine Geldstrafe zu begleichen. Jetzt war es mein Geduldsfaden der riss. Nach ueber zwei Stunden devotes Betteln, sich entschuldigen und Hundeblick schaltete ich nun in einen ganz anderen Modus. Sichtlich ueberrascht waren die Herrschaften dann von meinem Lautstarken auftritt und dem grossen Tamtam. Jetzt ging es relativ schnell, Simon ging mit dem kleinen Boss in die eine Richtung, ich mit dem Oberboss in die andere Richtung, jeder von ihnen bekam 100.000 GF zugesteckt und nun waren die Rollen vollends komplett getauscht. Waehrend ich also aeusserst sauer den grossen Zampano makierte, waren die Soldaten die, die kleinlaut, ruhig und freundlich auf mich einredeten. Man wuerde nur mit mir zusammen noch einmal schauen wollen, ob auf der Kamera auch wirklich keine Bilder mehr sind und dann konnte man gehen. Also Kamera an, auf Wiedergabemodus und auf allen Knoepfen rumgedrueckt. Der Bildschrim blieb schwarz, den auf deutsch geschriebenen Text auf dem Display uebersetzte ich auf englisch: "No pictures on memory card". Nur, dass ich dabei einen kleinen Uebersetzungsfehler machte. In Deutsch erschien in grossen Lettern naemlich "Bitte Speicherkarte einsetzen". Diese befand sich naemlich laengst in meiner rechten Socke und drueckte mir gegen die Fusssohle. Die Soldaten waren jedenfalls zufrieden und entliessen uns mit einem "Goodbye" zurueck in die Freiheit, die Schluessel gab es auch wieder zurueck. Ein gemurmmeltes "Arschloecher!" spaeter sassen wir wieder im Wagen um an der naechsten Kneipen halt zu machen und ein kaltes Bier zu bestellen. Das war ja gerade noch einmal gut gegangen und in Anbetracht der 1000Euro-Knast-Nummer des Hannoveraners war man mit 20 Euro ja verdammt gut weggekommen. Und die Bilder, die hatten wir auch noch gerettet. Was bleibt ist, dass mir afrikanische Gebaeudefotos absofort gestohlen bleiben koennen.

Zurueck zu Hause wurde der Schock erst einmal mit belgischen Starkbierspezialitaeten heruntergespuehlt, die Simon von seiner letzten Reise dorthin bis hierher mitgeschleppt hat. Hatte ich auch nicht gedacht, in Guinea mal belgisches Starkbier zu trinken. Und waehrend es die Partymeute langsam nach draussen zog, zog ich mich langsam zurueck. Auch wenn es heut schon besser war, so super hatte sich meine koerperliche Situation seit gestern Abend noch nicht gebessert. So ging Annika alleine mit Simon und Freunden auf grosse Clubhoppingtour durch Conakry. Als diese gegen fuenf Uhr morgens wieder aufschlugen, hatten sie vier Clubs durchgetestet und die Partyqualitaeten der guineeischen Hauptstadt fuer gut befunden, waehrend ich schon laengst im Reich der Traeume unterwegs war.

Tag 54
Samstag, 26.02.2011

So konnte meiner einer bis elf Uhr schlafen durchaus als ausschlafen bezeichnen, waehrend Annika ja sowieso irgendwie immer fit ist, egal wie lange die Nacht war, dafuer aber Simon noch ordentlich in den Seilen hing. Vom eigentlichen Plan, mit ein paar anderen Kollegen von Simon um neun Uhr loszufahren, um den Conakry vorgelagerten Trauminseln einen Besuch abzustatten, war man eh schon abgerueckt. Trotz dessen, dass man sich gemaechlich Zeit beim Fruehstueck liess und so schon nachmittag war, bis man loskam, wollte man trotzdem mal die Moeglichkeiten fuer einen Kurzbesuch der Illes de Loos genannten Inselgruppe abchecken. Am Boulbinet, dem Abfahrtsplatz der Piroquen gab es ausser uns zu so spaeter Stunde natuerlich keine anderen Interessenten mehr, weswegen man sich fuer 25 Euro eine ganze Piroque haette mieten muessen. Also entschieden, erst morgen zu fahren, strollte man noch ein wenig auf dem nahegelegenen Fischmarkt umher. Doch zurueck am Wagen erkannte Simon nen bekannten, ebenfalls Franzose, der doch tatsaechlich auch so lange getroedelt hatte. Wohl aufgrund der zwei Grazien, die er im Schlepptau hatte, wollte er trotz spaeter Stunde nicht auf einen Ausflug verzichten, sodass wir uns kurzerhand mit vier Euro pro Person an einer Piroque beteiligten und mitfuhren. Was man uns allerdings erst auf der einstuendigen Fahrt zu der kleineren Insel Ile de Roome erzaehlte, war, dass es erst morgen wieder zurueckgehen wuerden. Kollege Schnuerrschuh hatte sich fuer den Amuesementtrip mit den zwei Maedels, die wohl zusammen gerade mal so alt waren, wie er alleine, ein Zimmer in dem kleinen, aber ordentlich ueberteuerten Hotel auf der Insel gemietet. Fuer den kleineren Geldbeutel gibt es allerdings auch noch Mussa, ein kleiner, tuechtiger Insulaner, der fuer kleines Geld alles daran setzt, seine Kundschaft gluecklich zu machen. Da sind wir dann wieder an dem Punkt, wie positiv eine nicht vorhandene touristische Infrastruktur doch sein kann. Denn klar ist, wer hier herkommt, zumeist Weisse, wenn auch weis Gott nicht viele von ihnen, der ist nicht etwa Touri sondern einer der Expats die in Conakry arbeiten und leben und hier auf der Insel ein klein wenig Erholung von der Muellkippe auf der anderen Meeresseite suchen. Da ist Mussa also auf 100% Stammkundschaft angewiesen. Dementsprechend sicher ist es auch auf der Insel, kaeme ein bekanntwerdender Diebstahl jah einem Desaster fuer die Einnahmen der Insel gleich, wuerden die zahlungskraeftigen Expats einfach auf eine der anderen Inseln ausweichen. Kurzum: Mussa legte sich so richtig ins Zeugs. Einen Hecht, knapp einen Meter lang, wurde da alsbald praesentiert und, eben gefangen, als unser Abendessen vorgestellt. Schlafen waere kein Problem, einfach hier in diesem kleinen Strohverschlag, Matratze, Decke, Mosquitonetz... Hohl ich alles gleich mit dem Boot vom Inseldorf um die Ecke. Da stand dann auch schon eine grosse Kuehlbox mit kaltem Bier und ein paar Softgetraenken neben uns und schnell waren auch vier grosse Pakete Brennholz organisiert, fuer das abendliche Lagerfeuer am Strand. Dieser im uebrigen traumhaft weiss und der bisher wohl sauberste Fleck Erde den wir in den letzten Wochen zu Gesicht bekommen hatten. Das Wasser, hier zwischen den Inseln, schoen ruhig, turkisblau und auf Badewannentemperatur. Also alles wie man sich den Traumurlaub so vorstellt. Und wie man es sich so ganz und garnicht vorstellen vermag in Anbetracht der verseuchten Muellhalte nur eine Bootsstunde von hier entfernt. Das restliche Tagesprogramm war klar. Plantschen, relaxen, Bierchen trinken, essen, Lagerfeuer machen und die Abgeschiedenheit auf dieser herrlichen Insel geniesen. Der Alkohol zeigte seine Wirkung, deutsche und franzoesische Lieder wurden abwechslungsweise am Lagerfeuer zum besten gegeben und bis man schliesslich auf die Matratzen fiel, waren die fruehen Morgenstunden laengst angebrochen. Fazit: Eine durchaus nette Methode, einen 26. Februar zu verbringen...
Tag 55
Sonntag, 27.02.2011

Gut, es ist nicht alles Gold was glaenzt. Die Nacht war letzen Endes ab dann ein Horror, als man ueber und ueber mit Mueckenstichen, der ganze Koerper am jucken, aus dem Tiefschlaf gerissen wurde. Ja, Mussa hatte an fast alles gedacht, nur die Moskitonetze hatte er vergessen. Nun gut, hier so nah am Meer wuerde es schon nicht so schlimm werden mit den Quaehlgeistern und Moskitoabwehrmittel hatte man ja auch noch dabei. Doch weit gefehlt. Kaum lies die Wirkung der Tinktur nach, mit der man sich eingeschmiert hatte, frassen uns die Viecher fast auf. Notgedrungen musste also etwas unternommen werden. Die Matratze an den Strand in der Naehe des Spuehlsaums verfrachtet, wo zumindest eine leichte Prise durchgehend wehte. Der grosse Vorteil an Muecken ist naemlich, dass sie bei einem durchgehenden Windzug nicht landen koennen. So ist ein Ventilator durchaus eine gute Mueckenabwehr - mal so als kleinen Haushaltstip fuer zu Hause! Als weiteren Punkt natuerlich noch die Naehe zum Meer, waehrend diese Parasieten zwar auf stehende Gewaesser stehen (haha, Wortspiel), koenne sie mit Wellen und Salzwasser eher nichts anfangen. Hat am Ende dann auch geholfen und man konnte noch ein paar Stuendchen schlafen. Negativer Nebeneffekt war natuerlich, dass man mitten auf dem Praesentierteller lag und so beim erwachen gegen neun Uhr als erstes in die gaffenden Gesichter ein paar Kinder blickte.

Etwas angeschlagen zwar von der wenig erholsamen Nacht und dem Bierkonsum des Vorabends, summa summorum war es aber auch heute noch einmal ein traumhafter Tag mit aehnlichem Programm wie gestern, mal von Lagerfeuer und Bier abgesehen. Gegen 16 Uhr war man soweit auch wieder fit und ausgeruht genung und mit de Piroque ging es zurueck in die harte Wirklichkeit. Kaum die Hauptstadt in Sichtweite schwammen uns auch schon die ersten Plastikbeutel und Schuhsohlen entgegen, welcome back in Conakry. Zurueck im trauten Heim zauberte Annika aus den weltklasse Avocados, die es hier im Ueberfluss gibt (noch nie so leckere Avocados gegessen und auch die Mangos hier suchen geschmacklich ihres gleichen!) einen leckeren Dip und der Tag war perfekt. Der Preis des Inselausflugs war die Abgeschiedenheit, sprich kein Handy, kein Internet, keine Verbindung zur Aussenwelt und vor allem keine Verbindung nach Gelsenkirchen. Zurueck in Conakry konnte dann endlich die Nachricht vom geholten Punkt auf Schalke eintrudeln, der am spaeteren Abend noch bei einem kleinen Bierchen an einer Strandbar an der Croniche Nord, der noerdlichen Kuestenstrasse, gefeiert wurde. Highlight auf dem Heimweg war dann noch ein Strommast, der, waehrend sich an einem kleinen Kiosk noch jeder ein Schawarma holte, unter der Belastung der ungleichmaessigen Stromspannung ueber unseren Koepfen explodierte und einen praechtigen Funkenregen von sich gab, bevor die Stadt ein weiteres mal im Dunkeln lag.

Bevor naechste Woche dann in Richtung Sierra Leone aufgebrochen werden kann, gibt es mit der liberianischen Botschaft hier in Conakry einen letzten Haupterledigungspunkt abzuarbeiten. Wenn denn alles wie geplant Verlaeuft, wird dann naechste Woche Laenderpunkt Nummer 70 in Angriff genommen. Doch mit Planung ist es natuerlich mal wieder nicht so weit her. So war bisher noch nicht einmal festzustellen, ob die Liga in Sierra Leone derzeit laeuft, geschweige denn ob und wann demnaechst Spiele stattfinden. Aber Ansetzungtechnisch muesste man ja langsam auch mal etwas Glueck haben nach all dem Pech diesbezueglich. Wir werden sehen und notfalls warten wir halt - so wie man es in Afrika eben macht!

1. März 2011

Buschtaxi-Romantik gibt es nicht

Tag 42
Montag, 14.02.2011

Der erste Tag der Woche stand ganz im Zeichen der letzten Vorbereitung fuer kommende Mamut-Etappe. Reisebuecher und Karten wurden studiert, die aktuellen Situationen entlang der Strecke im Internet ueberprueft, noch einmal Waesche gewaschen, Sachen gepackt.

Letzten Endes hatte man sich ja gegen einen Abstecher nach Guinea-Bissau und fuer die direkte Einreise von Senegal nach Guinea entschieden. Das hatte verschiedene Gruende. Waehrend der Vorplanungen lag das Augenmerk auf das am neunten Februar stattgefundene Laenderspiel Guinea-Bissaus gegen Die Auswahl Gambias. Relativ kurzfristig wurde das Spiel jedoch nach Portugal verlegt, auf Grund der weiterhin fragilen Lage im Lande. Derart kurzfristig, dass es auf Grund der zu organisierenden Einreisevisen fuer die Gambianische Nationalmannschaft beinahe gar nicht zu dem Spiel gekommen waere. Letzten Endes reiste Gambia mit insgesamt 12 Spielern an, auf der Auswechselbank sass einsam und alleine nur der Ersatztorwart. So war der sichere Laenderpunkt also dahin, man haette sich auf den Zufall verlassen muessen, dass die Liga derzeit spielt. Eine Bestaetigung, dass dem so waere, war trotz groesster Anstrengungen leider nicht moeglich. Weder ueber die Telefonnummern des Landesverbands, die bei der FIFA vorliegen, konnte jemand erreicht werden, noch konnte man Kontakt zu einer der zwei erscheinenden Zeitungen im Lande aufnehmen. Nebst der Bemuehungen aus Gambia heraus von uns selbst, legten sich auf Initiative von Kollege Schammi auch einige organisatorisch begabte Koepfe in der Heimat ins Zeug, konnten aber genauso wenig erzielen. Wenn aber schon ein Laenderspiel ins Ausland verlegt wird, ist es nicht so unwahrscheinlich, dass auch die Liga derzeit pausiert. Grund der misslichen Lage des Landes ist der Umgang mit nicht gewollten Praesidenten und derer Gefolge. So wird frei losgemordet und geputscht. 2009 wurde der Generalstabschef und der Staatspraesident ermordet, 2010 der neue Generalstabschef und ein paar seiner Kollegen vom Millitaer aufgegriffen und einfach mal eingebuchtet. Wer nun in wie fern wie viel zu sagen hat und wie es weiter gehen soll, weiss keiner so genau, die politische Situation ist und bleibt seit Monaten ungewiss. Ein erneuter Ausbruch von Anarchie und Gewalt ist nicht auszuschliessen. Hinzu kommt, dass zur Anreise auf dem Landweg das Hauptverwaltungsgebiet der Casamance druchquert werden muesste. Die Casamance ist der suedlich von Gambia gelegene Teil Senegals, die Bevoelkerung sieht sich allerdings groesstenteils nicht als Senegalesen, war die Casamance zu Kollonialzeiten portugisisch und vom franzoesischen Senegal eigenstaendig. Nach Ende der Kollonialisierung wurde die Casamance jedoch vom Senegal anektiert. Der Grund duerfte freilich in den hier zu findenden Bodenschaetzen und dem florierenden Fischfang an dortiger Kueste liegen. Seit eh und je versuchen Rebellengruppen eine Unabhaengigkeit von Senegal zu erreichen, die Senegalesische Staatsmacht hat teils nur wenig bis garkeinen Einfluss auf die Sicherheitslage dort, vielerorts Regieren die Rebellen. Um sich zu finanzieren, wird des haeufigeren Wegelagerei betrieben und Durchreisende Touristen wie auch Einheimische werden an errichteten Strassensperren um ihr Hab und Gut erleichtert. Auch wenn die letzten gemeldeten Vorfaeller dieser Natur schon einige Zeit zurueckliegen und auch in Bissau selbst die Lage derzeit halbwegs ruhig zu sein scheint, entschieden wir uns gegen die Reise nach Bissau, das Risiko schien einfach schon so gross genug zu sein und bei einem relativ Wahrscheinlichen scheitern im Versuch des Laenderpunktes in keinem Verhaeltniss zu stehen. So zwar leider ein kleiner, weisser Fleck auf der westafrikanischen Landkarte, doch zwanghaft sollte man in Afrika sowieso nichts angehen. Irgendwann wird sichs schon ergeben.

Statt dessen sollte es also direkt nach Guinea gehen. Auch fuer diese Strecke muss zwar die Casamance zu einem Teil durchquert werden, wenn man nicht gerade ein fuenftes mal die Strecke Banjul - Kaolak fahren und dann den Umweg ueber Tambacounda im oestlichen Senegal nehmen moechte. Das oestliche Gebiet der Casamance geht allerdings schon fliessend in die akzeptierten Gebiete des Senegals ueber und aller Recherche nach wies nichts auf Rebellenaktivitaeten in diesem Randgebiet hin. Die beste Informationsquelle bleiben sowieso die Buschitaxifahrer selbst, fahren diese ja schliesslich staendig durch diese Gegend und wissen ziemlich genau ueber die aktuelle Lage bescheid. Auch ein Buschtaxifahrer laesst sich naemlich nur ungern ausnehmen.

Um nicht einmal laengs durch die Casamance fahren zu muessen, wurde sich fuer folgende Route entschieden: Von Birkama aus soll es immer dem Gambia River folgend bis ins oestliche Ende Gambias nach Basse Santa Su gehen, was in etwa einer Tagesetappe entspricht. Von hier muessten die Moeglichkeiten geklaert werden, ob es direkte Transportmoeglichkeiten nach Guinea geben wuerde oder ob in Velingara, Senegal ein weiterer Stop erfolgen muesste. Gleich welche der beiden Moeglichkeiten, wuerde man es an einem Tag nicht bis nach Labe in Guinea, dem ersten Zwischenziel mit halbwegs vorhandener Infrastruktur schaffen, eine Uebernachtung entlang der Strecke wuerde notwendig sein. Wie diese allerdings aussehen wuerde, war fraglich, da die zwei Tages Reise quer durch den Afrikanischen Busch gehen wuerde, fernab von jeglicher Infrastruktur. Keine Strassen, kein Strom, kein fliesend Wasser, nichts. Nur eine in den Busch geschlagene Schneisse, in denen laut gefundener Berichte die Bewaeltigung von 100km schon mal einen halben Tag dauern kann. In Anbetracht dieser Erwartungen erschien die bisherige Strecke von Hamburg nach Gambia wie ein Kindergeburtstag. Jetzt sollte es also endlich los gehen, quer durch den Afrikanischen Busch, keine Annehmlichkeiten, keine Alternativen, keine Ausreden. Vorhang auf fuer das Buschaxi:

Tag 43
Dienstag, 15.02.2011

Um sieben hiess es raus aus den Federn, um acht stand man am Busbahnhof in Birkama, um neun Uhr ging es auch schon los. Die weiterste Strecke die man fand, war ein Gelli Gelli bis nach Birkama Ba, dreiviertel der Strecke bis Basse, auf halber Strecke zwischen Georgetown und unserem Tagesziel. Fuer 250 Dal. (1Euro = 37 Dal.) p.P. inkl. Gepaeck ging es auf den ersten, siebenstuendigen Streckenabschnitt. Alsbald verabschiedeten sich die geteerten Strassen, die Piste bis Birkama Ba war allerdings relativ gut geschoben. Nebst der ueblichen Enge im Gefaehrt war vor allem die gelbe Sau am Himmel der Tagesfeind. Von Birkama Ba fahren nur Vormittags Gelli Gellis nach Basse Santa Su, nachmittags muss man ueber Bansa reisen, wo ein Transportwechsel von noeten ist (Birkama Ba - Bansa: 45 Dal., Bansa - Basse: 50 Dal, alles p.P. inkl Gepaeck). Um 20.30 war man nach 12,5 Reisestunden endlich in Basse Santa Su angekommen, Feierabend war leider noch lange nicht. So musste zuerst noch eine Uebernachtungsmoeglichkeit gefunden werden und da jeder osteuropaeische Zellentrackt wohl schicker ist als das Guest House am Busbahnhof ging es mit dem Taxi auf die Suche. Erstaunlicherweise war viel ausgebucht heute nacht, sodass man erst relativ weit ausserhalb des Zentrums eine Herberge fand (DZ fuer 10.000 CFA, da kaum mehr Dalasi vorhanden. 1 Euro = 650 CFA). Das Taxi hatte man fuer 300 D. zur Flatrate fuer den angebrochenen Abend gemietet, waren ja noch ein paar weitere Dinge zu erledigen in mittlerweile stockdunkler, da stromloser Stadt. Da der gambische Grenzposten hier im Nirgendwo wohl nicht immer besetzt ist, ging es schon in Basse zum Immigrationsbuero zwecks dem notwendigen Ausreisestempel. Hier wurde jedoch versichert, dass morgen einer an der Grenze steht, der das erledigen wuerde. Na dann, ab zum Busbahnhof und mal rausfinden, was es denn so fuer Moeglichkeiten gab. Der Taxifahrer erwies sich als aeusserst hilfreich, fand er alsbald ein Guineanisches Taxi, das noch auf zwei Passagiere wartete. Wenn wir also zusagen wuerden, koennte es morgen frueh auch gleich schon losgehen. Prima soweit, gab es jetzt nur ein ganz anderes Problem. Wenn wir unsere Plaetze fuer morgen sicher haben wollen wuerden, muesste man schon jetzt bezahlen. Der europaeische Menschenverstand straeubt sich allerdings gewaltig, auf einem stockdusteren, vollgemuellten und stinkenden Parkplatz irgendeinem Zwielichtigen Afrikaner Geld in die Hand zu druecken, ohne eine direkte Gegenleistung zu bekommen, aber eine andere Moeglichkeit schien es nicht zu geben. Mir laeuchtet ja auch ein, dass der Taximockel den erstbesten mitnimmt, der die Kohle da hat. Ist bei uns und dem Autoverkauf ja auch nicht gross anders, wuerden wir schliesslich auch nicht einen Kunden mit Geld in der Hand vergschicken, nur weil uns irgendeiner versprochen hat, am naechsten Tag mit Kohle vorbei zu kommen. Der Taxifahrer indess redete auch mit Engelszungen auf uns ein, sollte es meist zwei bis drei Tage dauern, bis genug Passagiere fuer ein Auto gefunden sei und wir aktuell also in einer Art gluecklichem Moment geraten waeren. Letztlich entschieden wir uns fuer das Risiko und zahlten die geforderte Summe vorab. Bei gerade einmal 15.000 CFA pro Person fuer die komplette zwei Tages Strecke bis Labe, also gerade mal 45 Euro fuer uns beide, aber ein noch relativ vertretbares Risiko. Der Fahrer vom Guinea-Auto kam dann gleich noch mit um sich den Weg zu unserem Hotel zeigen zu lassen, wo er uns morgen der Einfachheit halber aufsammeln wollen wuerde, laege unser Domizil doch sowieso auf der Strecke.

Last but not least sollte noch der andauernde Hunger gestillt werden, so dass es mit dem Taximockel noch fix auf eine Portion kaltes Haehnchenteil mit kalten Spagetti mit Mayoneeseklecks (125 Dal.) ging. Kulinarisch nicht die wucht, aber zum Scheissen reichts... Kurz vor Mitternacht war dann endlich alles organisatorische genauso erledigt, wie wir selbst, so dass es alsgleich in die Horrizontale ging.

Tag 44

Mittwoch, 16.02.2011

Um halb acht aus dem Bett gequaehlt, noch eine letzte Dusche vor der grossen Marathonfahrt, sass man wie abgemacht um 8.30h vor der Hoteltuer an der Strasse. Als um zehn noch immer kein Auto zu sehen war, fing man an ueber die uebelste Abzockermethode zu sennieren, auf die man reingefallen war. Hatte der Taxifahrer zusammen mit der Bahnhofsgang gemeinsamen Reibach gemacht? Hatten die Jungs doch noch mal zwei zahlungskraeftige Kunden gefunden und sind in Freude ueber den doppelten Verdienst ohne uns abgezogen, als man noch im Bettchen lag? Um elf Uhr war dann die europaeische Geduld am Ende und Annika blieb samt Gepaeck am Hotel, waehrend ich Mangels Transportmoeglichkeiten in die Stadt zum Busbahnhof trampte. Dort angekommen war klar, dass mir der einfachste und naheliegenste Grund gar nicht eingefallen war. Der uralte Peugeot war nicht anzubekommen. Als ich am Abfahrtsort ankam, hingen gerade drei geschaeftige Maxis ueber dem Motorraum. So suchte ich mir einen schattigen Platz und wartete zwischen stinkenden Minibusen, im dreck spielenden Kinder und alten Autoreifen auf das es irgendwann losgehen koenne. Um 12.30h sprang der Wagen dann tatsaechlich an, auch wenn nur mit vereinten Kraeften und Anschieben nachgeholfen werden musste. Alsgleich musste man feststellen, dass die Horde sinnlos umhersitzender Menschen gar nicht so sinnlos umhergesassen, sondern vielmehr alle mitwollten. Zu meinem Entsetzen zaehlte ich nicht weniger als 14 Menschen. Wie sollten die nur alle in einen Peugeot 505 passen. Die alten 505er sind so ziemlich ueberall als Transportmittel in Westafrika zu finden. Im ehemaligen Ladenraum des Kombis ist eine zweite Sitzbank eingebaut und bietet so sieben Sitzplaetze plus Fahrer. Daher werden sie auch in allen frankophonen Laendern "Sept-place" genannt. In allen bis auf in Guinea. Dort heissen sie nicht so und das mit guten Grund, wie man jetzt feststellen musste. Tatsaechlich wurde solange gequetscht, bis vier Personen auf der Mittleren und fuenf Personen auf der hinteren Sitzbank groesstenteils aufeinandersitzend verstaut waren. Der Beifahrersitz beherbergte zwei Menschen, waehrend der Leerraum zwischen Fahrer und Beifahrer mit einer Person aufgefuellt wurde, die das zweifelhafte Vergnuegen hatte, den Schaltknueppel zwischen den Beinen zu haben. Person Nummer 13 war der Fahrer, der letzte Passagier quetschte sich in den zwanzig Zentimeter breiten Spalt zwischen hinterer Sitzbank und Kofferraumdeckel. Am Hotel angekommen stellte Annika die fuenfte Person in der zweiten Reihe da und nahm MAngels Alternativen auf meinem Schoss platz. Unser Gepaeck wurde auf den eh schon beachtlichen Turm an Ramsch mit aufs Dach gestellt, sodass die Transportlast auf dem Autodach schon ein hoeheres Mass ausmachte, als der Wagen selbst. Als man wenig spaeter anhielt, weil drei weitere Personen am Strassenrand standen und um Mitfahrt begehrten, traute man seinen Augen nicht. Tatsaechlich wurde eine weitere Person zu der bereits im Kofferraum sitzenden armen Gestalt gequetscht, so dass diese sich gegenseitig die Knie haetten lecken koennen, ohne sich bewegen zu muessen. Nun war aber wirklich kein Kubikzentimeter Luft mehr im Auto, sodass die anderen zwei schlichtweg auf dem Gepaeckturm auf dem Auto verfrachtet wurden, um sich dort ans Sicherungsnetz zu krallen. Wir bewegten also tatsaechlich 18 Menschen, circa 30 Taschen, Koffenr und Saecke, eine grosse Regentonne und eine Doppelbettmatraze mit nur einem einzigen Peugeot 505. Mit sowas kann man in Deutschland zu Wetten dass gehen.
Diese Derbe Ueberbelastung fuer den Wagen war natuerlich nur mit verstaerktem Fahrwerk und ordentlicher Hoeherlegung moeglich. Trotz dieser Umbaumassnahmen war man gespannt, wie der Wagen die Strecke durch den Busch meistern wuerde. So weist zum Beispiel der Lonely Planet darauf hin, dass Selbstfahrer sich nur an die Strecke wagen sollten, wenn sie denn ueber einen ueberaus belastungsfaehigen und guten Gelaendewagen verfuegen. Und wir eierten da mit einem normalen PKW durch die Gegend, dessen Windschutzscheibe schon von derart vielen Rissen durchzogen war, dass der Fahrer waehrend der ganzen Fahrt mit dem Kopf aus dem Fenster hing, um den Strassenverlauf erkennen zu koennen. Ich bin ja schon in einigen hoffnungslos ueberfuellten Kraftfahrzeugen in misserablsten Zustaenden gefahren, aber dies hier ueberstieg alles bisher gesehene. Die Aussicht darauf, in dieser krotesken Koerperhaltung irgendwie zwei Tage lang bis nach Labe zu fahren, noch nicht mal zu wissen ob und wann in welcher Form wo geschlafen wird, liess die Frage aufkeimen, wie weit man koerperlich eigentlich gehen konnte. Der Maxi ansich, da bin ich mir jetzt auf jeden Fall sicher, scheint ueber keinerlei Schmerzgefuehl mehr zu besitzen.

Weit weniger Problematisch als die Koerperhaltung der naechsten zwei Tage war da dann die Ausreise aus Gambia. In einem kleinen Huettchen sass ein alter Mann und nach ein bisschen Smaltalk gabs den Ausreisestempel in den Pass. Wo das Auto ist usw., alles voellig egal. Die Einreise in den Senegal gestaltete sich dann sogar als noch einfacher, gab es schlichtweg keine. Dann halt kein Einreisestempel, der Passport freut sich und aendern kann man es ja eh nicht. In dem Transitstueck durch die Casamance alles in friedlichster Ordnung, kein Millitaer, keine Rebellen, keine unfreundlichen Menschen, nichts. Hier wurde dann auch mal ein halbes Stuendchen Pause gemacht, die Gleidmassen wieder soweit wie moeglich eingerenkt und sich mit ein bisschen Reis mit Sauce gestaerkt. Die Ausreise aus dem Senegal findet schon ein ganzen Stueckchen vor der eigentlichen Landesgrenze statt und war auch ohne Einreisestempel kein Thema. Gerade mit den Grenzformalitaeten fertig, labert mich der Fahrer an und fragt, ob ich ihm 10.000 CFA leihen koennte, da er sich mit dem Geld verrechnet haette, dass er fuer den gleich folgenden Nationalpark entrichten muesste und seine Devisen gut verpackt in einem der Koffer ganz unten waehren. Auf so ne scheisse gibt es von mir eigentlich nicht viel mehr als ein muedes Laecheln, aus irgend einem unerfindlichen Grund gab ich ihm aber das Geld, um mich zehn Minuten spaeter selbst zu fragen, was ich da eigentlich gemacht hatte. Ich nehme es mal vorweg: Am Tagesetappenziel gab es das Geld auf den Pfennig genau zurueck, ohne das es einer Aufforderung benoetigt haette und es wurde sich noch einmal ueberschwaenglich fuer die Hilfe aus Deutschland bedankt. Aber zurueck zum Grenzposten, hier entwickelte sich aus der Gelduebergabe ein Dominoeffekt sondersgleichen. Irgendein Grenzgehilfe stuerzte sich urploetzlich auf den Fahrer und ein wuester Streit brach vom Zaun. Waehrend des ganzen musste ich beim Obermockel bestaetigen, dass ich ihm kein Geld fuer die Erledigung meiner Papiere oder sonstiges gegeben haette, sondern ich ihm nur freiwillig und ganz von mir aus Geld geliehen hatte. Trotz dessen beruhigten sich die Gemueter nicht, ganz im Gegenteil und irgendwann wurde aus einer lauten Streiterei eine ordentliche Schlaegerei. Nachdem jeder ein paar Backpfeifen abbekommen hatte, hatten sich dann endlich wieder alle ein wenig beruhigt und nach ein paar weiteren Minuten der Diskussion wurde der Disput beigelegt und sich mit Shaking hands verabschiedet. Ich weis ja nicht, an wie vielen Grenzuebergaengen auf dieser Welt man dem Grenzbeamten eine in die Fresse zimmern kann, ohne mit ernsthaften Konsequenten und fuenf Minuten spaeter von dannen ziehen zu koennen. Ich empfehle es aber keinem, es bei der naechsten russischen Tellermuetze auszuprobieren, die euch auf euren Touren ueber den Weg laeuft...
Durchaus beeindruckt von derer Verhandlungsmethoden durchfuhren wir wenig spaeter einen Teil des "Parc Regional du Badiar", anstelle von Schimpanzen, Anthilopen und Nilpferden gab es hier aber nur Zeige, langhoernige Rinder und vor allem Waldbraende zu bestaunen. Diese Feuer waren stetiger begleiter auf der gesamten Strecke und lodern im Busch vor sich hin, ohne das es irgendjemanden gross interessieren wuerde. Teils wird auch mal ein ganzer Baum von den Flammen vereinnahmt und eine atemraubende Hitzewelle geht durchs Auto, verbunden mit dem beisenden Geruch des Rauchs. Waehrend wir unsere Nasen an der Scheibe plattdrueckten (statt auf Grund Platzmangels sonst nur die Backen), juckte die Szenerie sonst keinen. Scheint also alles ganz normal zu sein sowas. 

Der Grenzuebergang zu Guinea war dann mit Einbruch der Daemmerung erreicht und erstmals wurde man auch nach dem Eintrag fuer die vorgeschrieben Gelbfieberimpfung im Impfpass gefragt. Das ein oder andere mal wurden noch unsere Daten aus dem Pass von einem Beamten mit Taschenlampe im Mund in ein dickes Buch geschrieben und schon hies es herzlich Willkommen in Guinea. In stockdunkler Nacht ging es weiter ueber die wirklich fuerchterliche Piste. Jeder Feldweg in Deutschland ist besserer Beschaffenheit! Um 22 Uhr war dann Koundara erreicht, die erste "Stadt" im noerdlichen Guinea. Hier sollte nun also ueber Nacht geblieben werden, weil "der Fahrer muede" waere. Da man bei solanger Zeit auf engstem Raum aber nahezu familiaere Verbindungen zueinander aufbaut, waren fast alle im Auto befindlichen Leute damit beschaeftigt, ein Nachtlager fuer uns auszumachen. Im Gegensatz zu allen anderen Passagieren hatten wir naemlich keine Familienangehoerigen in Koundara, die einen aufnehmen wuerden. Das ich dem Kollegen Kohle geliehen hatte, erwies sich nun als wertvolles plus, nahm dieser sich uns schliesslich an um uns nach einem kleinen und dringend notwendigen Abendsnack zu einer etwas ausserhalb gelegenen Bierschwemme zu bringen, die auch ein paar abgeranzte Zimmer im Hintergebaeude vermietet. Hier gab es fuers Licht eine Kerze, zum Waschen einen Eimer Wasser und zum Schlafen eine mit Stoff ueberzogene Spanplatte, die liebevoll Bett genannt wurde. Fertig! Fuer derartigen Luxus waren dann aber auch nur 35.000 GF faellig, was bei einem Wechselkurs von 1 Euro = 9850 Guinea Franc (GF) gerade mal etwa 3,50 Euro ausmachte. Mit 1,75 Euro pro Person damit nahe dran am Titel "Meine guenstigste Uebernachtung" (Der Spitzenreiter aus Guatemala konnte aber nicht ganz geschlagen werden). Koerperlich voellig am Ende nach diesem Horrorritt, lag man um 23.30h auch schon im B(r)ett um trotz unertraeglicher Hitze, lauter Musik, von einem fast noch lauterem Generator neben der Bar erzeugt, alsbald einzuschlafen. Der Erschoepfungszustand schien also weit fortgeschritten zu sein.
Tag 45
Donnerstag, 17.02.2011

Kurz vor sieben Uhr quaehlte man sich wieder in die Vertikale, kurz nach sieben klopfte es auch schon an die Tuere. Tatsaechlich war unser Kumpel wieder da und holte uns wie versprochen ab, um uns zurueck zum Auto zu bringen und alles weitere fuer uns zu Regeln. Da der gestern genutzte Peugeot in seinem kuemmerlichem Zustand wohl nicht in der Lage sei, die ab hier nun wohl noch schlimmer werdende Strecke zu bewaeltigen, musste hier das Fahrzeug gewechselt werden. Man dachte also, ab jetzt wuerde es dann doch im Gelaendewagen weitergehen, doch auch das neue Gefaehrt war selber Bauart wie der Wagen gestern, nur eben in nicht ganz so erbaermlichen Zustand. Heute waren dann auch nur elf Passagiere mit an Bord, viel bequemer wurde es dadurch aber nicht. Auf der endlos erscheinenden Fahrt durch den Jungel gab es nur zwei Highlights. Zum einen musste ein kleiner Fluss durchquert werden und da keine Bruecke exestiert, geht es auf ein grosses Floss, dass etwa zwei PKWs beherbergen koennte, wenn denn tatsaechlich mal zwei PKWs auf einmal ankommen wuerden. Die Verkehrsintensitaet beschraenkt sich aber wohl eher auf weniger als fuenf Fahrzeuge pro Tag. Das "Floss" haengt an einer ueber den Wasserlauf befestigten Kette und mit Menschenkraft wird das Wassergefaehrt ueber eine Kurbel ans andere Ufer gebracht. Highlight zwei war eher unerfreulicher Natur, da sich Annika beim Einsteigen an der B-Saeule des Wagens festhalten muss, um irgendwie auf mich drauf zu klettern. Als es nach einer Gebetspause weiter gehen sollte, hatte der Kollege an der Beifaherertuer leider nicht bemerkt, dass dieser Vorgang noch nicht beendet war und knallte die Tuere zu, obwohl Annikas zarte Fingerchen noch im Weg waren. Die sofort blau angeschwollenen Finger wurden alsgleich von den restlichen Damen im Auto mit irgendeiner Mentholcreme behandelt, die zumindest gegen die Schwellung erstaunlich gut wirkten. Die Schmerzen freilich blieben.
In den elf Stunden Fahrt, die man fuer die 265km bis Labe benoetigte, schlaengelte man sich immer Hoeher auf das "Fouta Djalon" genannte Hochplateau, weis teilweise schoene Aussichten auf eine grandiose Natur bot. Zu merken war auch der Uebergang von Trocken- in Feuchtsavanne. Die dichte der Bewachsung wurde immer groesser, die Luft drueckender, die Luftfeuchtigkeit stieg. Ausser die schon gestern beschrieben Szenerie aus Ochsen, Ziegen und Waldbraenden gab es sonst aber nicht viel zu sehen. Es blieb also Zeit nachzudenken. Und waehrend man da zusammengepfercht auF seinen paar Quadratszentimeter Sitz, Annika zwischen den Beinen, sass, daemmerte uns so langsam, dass wir tatsaechlich weg vom grossen Touristrom waren. In allen zuvor bereisten Gegenden galt man als Weisser naemlich schlichtweg als dahergelaufene Melkkuh, der man rein zum Eigennutz so viel Geld aus der Tasche ziehen muesse, wie in kuerzester Zeit moeglich. Mit Ausnahme der Aufenthalt bei unserem Freund Kara versteht sich. Hier im Gegensatz war man allen Anschein nach einfach nur gluecklich ueber den selten Besuch und man bemuehte sich redlich, in aller Form fuersorglich zu sein und weiter zu helfen. Man wollte einfach einen guten Eindruck bei den Gaesten hinterlassen, ganz ohne Hintergrund und ohne gleich Geld und Geschenke zu fordern, sobald auch nur der Weg gewiesen wurde. Eine neue Welt war also erreicht und damit ein Resueme des, ich nenne es mal "Mainstream-Afrika" entlang der Kueste Senegals und Gambias, war faellig.
Am besten laesst sich die Problematik zwischen Touristen und Maxis in dieser Gegend mit zwei Beobachtungen zusammenfassen: In Gambia hoerte man die Leute immer und ueberall klagen, der Tourismus haette stark nachgelassen und die ueber einige Jahre interessante Einnahmequelle versiege in der Fuelle der Hotels und Restaurants hier. Als man nach den Gruenden fragte, bekam man folgende Geschichte zu Ohren: Viele Touristen haette man auf Grund der englischen Amtssprache und der frueheren Kollonialgeschichte vor allem aus Grossbritanien gehabt. Doch leider drehte es sich hierbei ueberwiegend um Sextourismus, allen voran viele Homosexuelle Maenner waeren gekommen um sich fuer kleines Geld ein paar knackige Maxiaersche zu goennen. Aus der Armut heraus sahen es wohl nicht wenige junge Maenner als ihre Chance, auch wenn selbst ueberhaupt kein Interesse an Homosexualitaet herrschte. Noch dazu schienen ettliche der Sextouristen weis Gott nicht zimperlich mit den Jungs umzugehen und an ihnen ein paar Perversionen auszuleben, die so zu Hause mit normalen Partnern in der Regel nicht moeglich waren. Das Resultat waren viele traumatisierte junge Gambianer, die teils nicht nur psychisch unter der Verdienstmoeglichkeit litten. Mein Gespraechspartner brachte das auf einen Satz ganz gut rueber. Er sagte mir: "Die haben die Jungs kaputt gemacht!". Das sah auch der durch einen Putsch im Jahre 1994 ins Amt gekommene Praesident Yahya Jammeh, damals gerade mal 29 Jahre alt, so. Um den Problem Herr zu werden, stellte er homosexuelle Handlungen in seinem Land unter teils drakonische Strafen. Schwup, war natuerlich die Schwulenlobby halb Westeuropas auf den Beinen und bezeichnete die neue Gesetzgebung in Gambia als Verfolgung von Homosexuellen, als Unterdrueckung dieser und als Verletzung des menschenrechtlichen Gleichheitsparagraphen. Von den Hintergruenden wie es zu diesem Gesetz ueberhaupt kam, wollte man freilich nichts wissen. Auch der Botschafter des britischen Koenigreichs stand auf der Seite der Beschwerdefuehrer und kritisierte den Gambianischen Praesidenten und dessen Vorgehen scharf, auch ein Gespraech zwischen Botschafter und Praesident kam zu keinem Ergebniss, der Brite blieb auf seinem Standpunkt und wollte keinerlei Fehlverhalten seitens britischer Touristen einraeumen. Um seine Entschlossenheit zu untermauern, verwies Jammeh den Botschafter innerhalb von 48 Stunden des Landes. Wenn nicht schon vorher, befand man sich jetzt in einem diplomatischen Strudel, konnten sich die Briten sowas ja nicht einfach gefallen lassen. So wurden die meisten diplomatischen Beziehungen mit Gambia eingefroren oder zumindest stark verringert, die britische Botschaft zog ettliche Diplomaten ab und welcher Gambiane jetzt auch ein Visum oder irgendeine Konsularische Hilfe brauchte, der hatte sich fortan bei der Vertretung im fernen Accra in Ghana zu melden. Die Briten wurden ein aufs andere mal vor einem Besuch in Gambia gewarnt, wofuer irgendwelche Sicherheitsrisiken erfunden wurden. Klar, es waere politisch ja nicht korrekt gewesenm etwas wie "Liebe Schwuchteln, bitte bloss nicht mehr nach Gambia, da darf man jetzt keine Bimboaersche mehr ficken!" zu schreiben, wenngleich das der Realitaet wohl weit naeher gekommen waere als fingierte Ueberfaelle boesser schwarzer Maenner.
Eine ganz andere Sache duerfte aber dem Tourismus mindestens genauso abtruennig sein, wenngleich diese Sache dir natuerlich kein Gambianer so erzaehlen wuerde. Und zwar die Mentalitaet der Gambianer (zu ersetzen mit jeder Nation mit Touristischen Interesse in Westafrika, allen voran natuerlich auch Senegal)selbst. Er glaubt nicht nur, nein, er ist fest davon ueberzeugt, das im goldenen Westen das Geld auf Baeumen waechst. Wer Weiss ist, der kommt genau daher und der braucht bloss am Baeumchen schuetteln und schon hat er Geld im reichen Fluss. Da wird es ja wohl nicht weh tun, etwas an die Leute dort abzugeben, wo diese Baumart leider nicht gedeiht. Erstaunlich hierbei ist, dass er sich genauso sicher ist, dass dafuer nicht das geringste getan werden muesste, ja, noch nicht einmal freundlich oder sowas muesse man zum Weissen sein. Wenn du als Weisser durch die Strassen von Banjul, Birkama, Bakau und wie sie alle heissen lauefst, vergehen keine 20 Minuten, in denen nicht irgendeinen auf dich zukommt, dich anstubst, anschreit, nach dir schnippst oder pfeift. Und dann wird er nicht um Geld bitten, nein, nein, warum so kompliziert. Er wird es schlichtweg einfordern. Er wird sagen "Give me money!", "Give me your watch!", "Give me your mobilephone!". Give me dies, give me das. Kein bitten, kein genannten Grund, warum, keine angebotene Gegenleistung. Das ganze ist allerdings ohne koerperliche Aggresivitaet oder Androhungen verbunden, wenn man oft genug, klar und laut "No" gesagt hat bzw man ihm einfach lange genug ignoriert, zieht er genau so wieder Leine, wie er gekommen ist. So boese es jetzt klingen mag, aber dieses Verhalten kann ich mir nur mit absolut mangelnder Inteligenz, ja absoluter Bloedheit erklaeren. Ich bin mir sicher, dass der Maxi bei 300 mal "Give me money!" genau 300 mal nichts bekommen wird und trotzdem scheint er sein Tun und Handeln keine Sekunde lang zu ueberdenken und er wird beim naechsten vorbeilaufenden Weissen wieder pfeiffen und schnalzen und zum 301. mal "Give me money!" fordern. Wenn man eine Banane ausserhalb der Reichweite eines Affen bindet, dann wird dieser irgendwann aufgeben zu versuchen, diese zu erreichen. Entschuldigt mir den Vergleich, aber es ist einfach so. Das einzige was der Gambianer, Senegalese oder was auch immer damit erreicht, ist, dass es dem Weissen mit der Zeit tierisch auf die Eier geht und er es zudem noch als Unverschaemtheit ansehen wird, wie er behandelt wird. Er wird zu Hause im Freundeskreis und auf Arbeit von seinem Urlaub dort erzaehlen und die Zuhoerer werden sich bei der Wahl zum naechsten Urlaubsort eher fuer die Malediven und Gran Canaria entscheiden. Der Tourismus bleibt aus und der Maxi sitzt daheim und schimpft, dass der Tourismus und somit der Geldfluss im Land vor die Hunde geht.
Zwei Geschichten, zwei Standpunkte, zwei Perspektiven und trotzdem das selbe Resultat. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen beiden. Mittlerweile war es 19.30h, draussen so gut wie dunkel und wir so eben in Labe angekommen. Die Glieder schmerzten, der Arsch war taub und das Hirn leicht vernebelt, aber endlich hatten wir den drei Tage Marathon durch den Afrikanischen Jungel ueberstanden. Und auch hier am dreckigen Plarkplatz an dem all die zerbeulten Peugeots und Renaults aus allen Ecken Guineas ankommen, bestaetigte sich der Eindruck ueber die Menschen in Guinea genauso, wie auch an die weiteren Tagen. Keiner der Geld fordert, keiner der am Rucksack zieht, keiner der "Weisser, Weisser!" schreit, ja noch nicht mal die HMFs waren da, wo ich doch dachte, die gibt es mittlerweile ueberall auf der Erde. Der Junge, der uns zum Platz brachte, an dem man ein Moto zum Hotel bekommen koennte, machte das auch ohne ueber die grosse Freundschaft zwischen sich und den Deutschen zu senieren, fuer die er doch alles machen wuerde, um alsgleich am Ziel angekommen, Geld fuer den eben erwiesnenen Dienst zu fordern. Der Mopedfahrer verlangte auch von Beginn an mit 50 cent einen fairen Preis fuer die Fahrt und wechselte ohne Anstallten zu machen am Zielort meinen Geldschein. Kein, ich hab kein Wechselgeld dabei, kein es kostet jetzt aber so und so viel weil ja noch der Rucksack dabei war, kein nichts. Einfach ehrlich, einfach nett. Ach, wie herrlich das nach all den Wochen sein kann!
Im auserkorenem Hotel Tata dann leider Fehlanzeige, tatsaechlich alle Bundalows ausgebucht. Von wegen kein Tourismus... Vom Securitytypen am Eingang wurde man im Strahl seiner Taschenlampe aber zu einer Alternative gebracht, die mit einem riesigen, top sauberen Doppelzimmer mit grossem Doppelbett inklusive Moskitonetz fuer nur neun Euro die Nacht begeistern konnte. Bevor es aber die mehr als verdienten kuehlen Biere und ein leckeres Grillhaehnchen gab, musste die Duschprozession insgesamt vier mal wiederholt werden, bis man es geschafft hatte, saemtlichen rotbraunen Staub und Dreck vom Koerper und aus den Haaren zu bekommen. Endlich da! Und die naechsten Tage werden wir eines ganz bestimmt nicht machen: Mit einem Peugeot 505 fahren! Das versprachen wir uns beim Abendessen gegenseitig.

Tag 46
Freitag, 18.02.2011

Ein oeffentliches Verkehrsmittel wie Bus oder Taxi existiert in der 60.000 Einwohnerstadt Labe genausowenig wie fliessend Strom. Letzteres gibt es nur einmal die Woche fuer ein paar Stunden aus dem etwa 50km entfernten Wasserkraftwerk, in der derzeitigen Trockenzeit teils noch seltener. Hotels und Restaurants verfuegen jedoch ueber Dieselagregate, die in den Abendstunden fuer Licht sorgen. Die Luecke im Transportgeschaeft schliessen die sogenannten Motos, 125er Maschienchen die knatternd durch die staubigen Strassen fahren. Mit dem Moto-Fahrer Ibrahim hatte man einen wahren Glueckstreffer gemacht, war dieser einer von ein paar handgezaehlten Menschen hier, die der englischen Sprache maechtig waren. So wurde Ibrahim und dessen Moto fuer gerade mal 7500 GF gleich fuer den ganzen Tag gemietet, hatten wir ja allerhand zu erledigen. Zu erst ging es in den Sueden der Stadt, wo sich mit "Fouta Trekking Adventure" die einzige touristische Institution ausserhalb Conakrys befindet. Hier wollten wir herausfinden, welche Moeglichkeiten wir hatten, die umliegenden Wasserfaelle und die eindrucksvolle Natur des Fouta Djalon Gebiets zu besichtigen. Fuer 65.000 GF bot man uns einen Fuehrer fuer 2 Tage inklusive Verpflegung und Uebernachtung mit Besuch der Wasserfaelle bei Kinkon an. Leider verfuege man aber nicht ueber ein Transportmittel, so dass sich mit dem eh nur sporadisch fahrenden oeffentlichen Transportmitteln in Form von Sammeltaxis und Minibussen fortbewegt und von den grossen Strassen aus zu den Wasserfaellen gewandert werden muesste. Bei Tageshoechsttemperaturen von 40 Grad im Schatten (dank des Kontinentalen Klimas hier oben fernab vom Meer) nicht gerade ein prickelnder Gedanke. So wurde bei einem Mittagessen Ibrahim befragt, der als Dolmager bei den vorherigen Verhandlungen fungierte und so ueber den gesetzten Preis bescheid wusste. Dieser wuerde einen Kollegen mit einem zweiten Mopped organisieren und bot uns selbige Tour inklusive Transport bis direkt vor Ort fuer 50.000 GF an, fuer einen Aufpreis von weiteren 15.000 GF koenne man auch noch zu den weitere 40km entfernten Wasserfaelle bei Kambadaga fahren. Der Deal war perfekt. Wann es denn losgehen koenne mit der Tour, musste allerdings erst noch abgeklaert werden, wozu das Independece Stadium in Labe angefahren wurde. Der mit einer wuchtigen Tribuene ausgestattete Sandplatz ist die Heimat der guineeischen Erstligisten Espoir de Labe und Fellow Star, seines Zeichens amtierender Meister. Auch wenn eine Spielansetzung im Vorfeld nicht zu organisieren war, hatte man herausgefunden, dass die Liga seit vergangenem Wochenende laufen wuerde. Bei zwei Mannschaften im selben Stadion war die Wahrscheinlichkeit ja mehr als nur gross, dass ein Spiel an diesem Wochenende stattfinden wuerde. Leider bleibt das Unglueck in Sachen Spielansetzungen weiter an unseren Schuhsohlen kleben. Der Securitymockel am Stadion wusste zu berichten, dass beide Mannschaften an diesem Spieltag ein Auswaertsspiel in der Hauptstadt zu bestreiten haetten. So aergerlich es auch war, damit mal wieder eine spielfreie Woche mehr auf der Tour zu haben, so trauere ich dem Ground ohne Rasen auch nicht wirklich allzusehr hinterher. Irgendwie gehoert fuer mich Fussball auf die Wiese und nicht auf den Sand. Da kann ich mir ja sonst gleich Strandfussi angucken...
Angenehm ueberrascht war man, dass es hier tatsaechlich moeglich war, mit der VISA an Kohle zu kommen. Bicigui-Bank ist dafuer die Adresse. Einzig promlematisch ist die einheimische Waehrung, dessen hochstdotierte Geldnote einen Wert von 10.000 GF ausweist, also gerade mal einen Euro. Da durch so einen Geldautomatenschlitz nur eine gewisse Anzahl von Geldscheinen passt, kann so maximal 30 Euro auf einmal abgehoben werden. Mit einem dicken Buendel Geldscheine ging es erst mal wieder ins Hotel, wo die spaetestens seit der Fingereinklemmaktion doch etwas in Mitleidenschaft gezogene Annika sich etwas ausruhen konnte, waehrend ich die zu erledigenden Einkaeufe am Markt unternahm. Fuer Internet musste dann noch das Freitagsgebet abgewaretet werden, ist auch hier in Guinea 90 Prozent muslimisch. Zurueck im Hotel war auch Annika wieder soweit fit, um die abendlichen Feierlichkeiten mit einem leckeren Essen im Restaurant des Hotel Tatas, wohl das beste in der Stadt, einzulaeuten. Feierlichkeiten in Richtung Mitternacht, schliesslich stand Annikas Geburtstag auf dem Kalender. So liess man es sich bei Fleischspiessen, Salat, Pizza, Bier und Wein gut gehen und war bei der Fuelle an Dingen im immerhin besten Restaurant am Platz mit 15 Euro gut bedient. Ibrahim durfte uns dann noch ans Suedende der Stadt bringen, laut Auskunft der "Place to be" an einem Freitag Abend. Hier hatte man sich noch mit dem im Internetcafe kennengelernten und in Berlin lebenden Franzosen Johann verabredet, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, von Casablanca (Raynair-Flughafen!) aus hierher zu trampen. Alle Achtung! In geselliger Dreisamkeit wurde so im Club Saala in den Geburtstag gefeiert und da zu solch Anlaessen Geld mal keine Rolle spielen sollte, wurde sich ordentlich Bier und Gin Tonic gegoennt. Der Eintritt war frei, soweit so gut, als man am Ende des gesamten Abends aber nur 5 Euro fuer die ganzen Getraenke zu zahlen hatte, war man ernsthaft begeistert. Ibrahim hatte man vorher schon nach Hause geschickt, sollte dieser fuer die morgige Tour fit sein und auch wir vollzogen schweren Herzens gegen 1.30h den Rueckzug mit einem Moto, dass uns fuer weitere 80 cent nach Hause fuhr. Dort musste dann noch ordentlich gegen die Metalltuer zum Innenhof gedonnert werden, bis irgendwann auch mal der Nachtwaechter geweckt war, um die Nachtschwaermer herein zu lassen.

Tag 47
Samstag, 19.02.2011

Nach eindeutig viel zu wenig Schlaf ging es mehr als Geraedert um sieben Uhr schon wieder aus dem Bett, um eine Stunde spaeter mit den zwei Motos loszudonnern. Im vierzig Kilometer entfernten Pita gab es einen kleinen Fruehstuecksstop, bevor die restlichen 30km gut ausgebaute Teerstrasse entlang ging. Hier sollte es nun an einem nicht weiter markierten Punkt rechts ab auf einen kleinen Feldweg durch den Busch gehen. Eine Stunde Holpersteinpiste spaeter merkte man kaum die eigenen Fuesse mehr, wurde alsgleich aber von traumhafter Natur belohnt. Zuerst ging es ueber eine mehr als wage Haengebruckenkonstruktion ueber den Fluss, die allerhand akrobatisches Koennen forderte. Dann stand man auch schon an der Fallkante des Kambadaga-Wasserfalls, der sich auf zwei Stufen in 100m Tiefe stuerzt. Oben kann man barfuss durch die Becken des Flusslaufs waden und wer will und mutig ist wohl auch baden. Ein Stueck mit dem Motos zurueck ging es einen 20minuetigen Fussmarsch zu einem gut versteckten Aussichtspunkt, wo das Naturspektakel noch einmal in seiner vollen Pracht betrachtet werden kann. Das genialste an der ganzen Sache ist, dass man hier absolut alleine umhersteuert. Ein solches Naturschauspiel in jedem Land mit nur geringster Touristischer Struktur waere ueber und ueber voll mit Touris, es wuerde Getraenke- und Souvenirstaende geben, einen grossen Betonierten Busparkplatz, Eintrittsgebuehren und detailierte Ausschilderungen zu ordentlich ausgebauten Wanderwegen. Hier kommt alle paar Tage vielleicht mal ein einsamer Touri her und hat das alles ganz alleine fuer sich. Umso genialer, als uns auf dem Hinweg auf der engen Piste zwei Gelaendewegen mit Luxemburger und Deutschem Kennzeichen entgegenkamen. Alsgleich erkannte man die Jungs, die man am Grenzposten von Marokko nach Mauretanien getroffen hatte und die auch Sigi dabei hatten, den wir von dort aus ein paar Tage bis San Louis mitgenommen hatten. Auch sie erkannten uns und ein kleinen Stopp zum Plaudern wurde eingelegt, beide Seiten hellauf begeistert, sich ausgerechnet in dieser abgeschiedenen Region wieder zu treffen. Die Welt ist eben doch bloss ein Dorf...
Zurueck an den Motos gab es vom zweiten Fahrer leider schlechte Nachrichten, hatte er sich leider einen Plattfuss gefahren. Mitten im Nichts ohne Werkzeug und Ersatzteil natuerlich eine langwirige Geschichte, bis irgendwann mit dem noch funktioierenden Mopped Ersatz und danach auch noch das richtige Werkzeug gefunden war. Gut, dass man ordentlich Wasser dabei hatte, verlangtem einen die hoellischen Temperaturen von ueber 40 Grad selbst im Schutz der schattenspendenen Baeume alles ab. So vergingen Stunden um Stunden und bis wir endlich weiter konnten, war die Daemmerung laengst eingebrochen. Nun stellte sich heraus, dass auch das Licht an dem Moto, auf dem ich sass, nicht funktionierte. Ibrahim mit Annika waren vor uns gefahren und hatten unser zurueckfallen gar nicht bemerkt. Irgendwann war es stockdunkel und die Holperpiste genauso wenig mehr zu erkennen wie die ganzen Locher darin. Mit einer funseligen Taschenlampe versuchte ich von hinten so gut es geht auszuhelfen und so bewegten wir uns im Schritttempo durch die Dunkelheit. Kurz vor dem Erreichen der Hauptstrasse kamen uns auch Ibrahim und Annika wieder entgegen, die unser fehlen bemerkt hatten und so nun Licht spenden konnten. Auf der Hauptstrasse galt es nun allen voran dem restlichen Verkehr darauf aufmerksam zu machen, dass wir hier unterwegs waren. Ibrahim fuhr also mit Licht seitlich hinter uns, waehrend ich den Gegenverkehr mit der aufblitzenden Taschenlampe davor warnte, wage ueberholmanoever zu starten. Das funktionierte alles erstaunlich gut, so dass man an einem Stueck in Pita ankam, wo fuer heute das Nachtlager aufgeschlagen werden sollte. Das auserkorene Hotel machte einen grundsoliden Eindruck, wenngleich man sich hier am Lande mit ellemntaren Dingen wie einem Bett und einem Eimer Wasser zum Waschen begnuegen muss. Da Pita in unmittelbarer Naehe des Wasserkraftwerks bei Kinkon liegt, erfreut sich diese Kleinstadt ueber fliessend Strom ueber die kompletten Nachtstunden, was uns jedoch zum Verhaengniss werden sollte. Kaum im Bett schallte von gegenueberliegenden Strassenseite ein ohrenbeteubender Laerm durchs fenster. Die dort befindliche Metallwerkstatt nutzt die Gunst der Stunde und den vorhandenen Strom um ordentlich Meter zu machen beim saegen und schweissen von Metallteilen.

Tag 48
Sonntag, 20.02.2011

Die ganze Nacht ueber bis in die Morgendstunden also Laermattake gegen die nichts half. An Schlaf war auch diese Nacht also nur wieder sehr wenig zu denken und dementsprechend zermuerbt schaute man drein, als Ibrahim puenktlich um neun an die Tuer klopfte und zum Aufbruch rief. Immerhin konnte ich die Fahrer noch zu einem Stopp beim naechstgelegenen Kaffeeausschank zwingen, bevor es auf die naechste Huckelpiste ging. Ein Stunde ueber Stock und Stein hatte man dann den Staudamm bei Kinkon erreicht. Eine halbe Stunde Fussmarsch erreicht man von hier den Wasserfall Chutes de Kinkon. Auch hier wurde es an der Fallkante rumgeplanscht, waehrend die Kollegen ueber Umwege die Motos holten. Dann ging es weiter bergab und das Naturschauspiel wurde von unten begutachtet. Abschluss der Tour war dann die Besichtigung des von den Chinesen (wen sonst) erbauten Wasserkraftwerks ein kleines Stueck flussabwaerts.
Zufrieden mit dem gesehenen, aber auch ordentlich kaputt von zwei fast schlaflosen Naechten, zwei extrem heissen Tagen und Stunden auf dem Motorrad war man zu nachmittag wieder in Labe, wo die zwei Motofahrer entlohnt wurden und wir uns ein wenig Erholung goennten.
Nach der interessanten aber auch anstrengenden Wochenendtour, soll noch einmal ein Erholungstag in Labe folgen, um danach die letzten 420km bis in die Hauptstadt Conakry anzugehen. Ab Labe existiert auch wieder so etwas wie eine Infrastruktur, sodass auf halbwegs geteerten Trassen die Strecke an einem Tag moeglich sein sollte. In der Hauptstadt wird nebst dem Laenderpunkt (in diesem Fall Gott sei Dank nicht moeglich, dass alle auswaerts spielen, da acht der vierzehn Teams der Liga aus Conakry selbst kommen, bleibt nur zu hoffen, es gibt keine Spielpause oder Schneefall oder sowas...) auch einiges an Behoerdengaengen zu erledigen sein, gilt es fuer die Weiterreise ettliche Visen zu beschaffen. Desweiteren wird hier die Sicherheitslage in Liberia zu klaeren sein und in wiefern eine Einreise dorthin derzeit moeglich ist. Details dazu dann aber naechste Woche, also dran bleiben!